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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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was Beauvallets Leute von ihm dachten. Sie hielten ihn für einen besonderen Witzbold, und sie mußte über die seltsame Mentalität der Engländer nachdenken. So benahmen sich die Spanier nicht.
    Und Spanien, mit seiner höfischen Etikette, seinem feierlichen Prunk, kam von Tag zu Tag näher. Die tollen Tage zur See waren fast vorbei, das Abenteuer neigte sich seinem Ende zu. Don Manuel in seinen Kissen sprach von Dueñas; Dominica unterdrückte ein Schaudern und blickte sehnsüchtig auf Beauvallet. Einem Mädchen, das in der freien Atmosphäre der Neuen Welt aufgewachsen war, würden die Beschränkungen der Alten Welt nicht willkommen sein. Don Manuel bemerkte streng, daß er seiner Tochter zuviel Freiheit gelassen hatte. Das Mädchen hatte eigene Ideen, war vorwitzig und eigenwillig; davon war er überzeugt. Davon zeugte ja ihr Verhalten an Bord der Santa Maria. Ein Mädchen, das von Piraten gefangengenommen wurde, hätte sich passiv, wie eine Märtyrerin verhalten sollen. Einer Tochter Spaniens ziemte es nicht, zu beißen, zu kratzen und zu schlagen, Messer zu ziehen und ihre Feinde zu beschimpfen. Don Manuel war erschüttert gewesen, doch kannte er sie zu gut, um ihr Benehmen zu beanstanden. Er hoffte, daß seine Schwester eine strenge Dueña finden würde, welche seine Tochter auf den rechten Weg weisen sollte. Er sprach auch von Plänen für eine Heirat. Er wollte sie wohlversorgt wissen und malte ein herrliches Bild ihres zukünftigen Lebens aus. Doña Dominica lauschte ihm mit wachsendem Schrecken und floh aus der Kabine an die frische Luft.
    »Oh!« rief sie aus, »sind die englischen Damen auch so eingesperrt, bewacht und gefangen wie wir armen Spanierinnen?«
    Sie waren in kältere Breiten gekommen, und der Wind pfiff scharf. Beauvallet nahm seinen Mantel von den Schultern und hüllte das Mädchen darin ein. »Nein, ich werde Euch nicht einsperren, meine Liebe, aber ich werde meinen Schatz wohl bewahren.«
    Sie hüllte sich eng in den Mantel und blickte erstaunt zu ihm auf. »Stellt ihr in England denn auch solche gräßliche Dueñas an, um eure Frauen zu bewachen?« fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Wir vertrauen ihnen statt dessen!«
    Ihre Lippen zitterten vor Lachen. »Ach, Ihr überzeugt mich fast, Sir Nicholas!« Sie machte eine abwehrende Geste, als er ihr die Hand entgegenstreckte. »Wie, vor Euren Männern? Ich habe, ›fast‹ gesagt, Señor. Ihr sollt wissen, daß mein Vater meine Heirat plant.«
    »Ein umsichtiger Herr«, antwortete Beauvallet. »Aber glaubt mir, ich plane sie auch.«
    »Wenn Ihr wirklich nach Spanien kommt, Señor, dann findet Ihr mich vielleicht schon glücklich verheiratet.«
    Seine Augen blitzten auf – wie die Klinge eines Schwertes, schien es ihr. »Wirklich?« fragte er in einer Weise, die eine Antwort erforderlich machte.
    Sie blickte zur Seite, runzelte die Stirn, zitterte, lächelte und wurde rot. »Nein«, sagte sie endlich.
    Zu bald nur erschien der Tag, an dem im Süden die spanische Küste sichtbar wurde. Don Manuel kam trotz der Kälte an Deck und folgte mit seinem Blick der ausgestreckten Hand Beauvallets. »Dort ungefähr liegt Santander, Señor. Heute abend werde ich Euch an Land bringen.«
    Der Tag neigte sich rasch seinem Ende zu. Die Dämmerung brach herein, und Dominica sah Maria zu, wie sie ihre Truhen packte. Das Mädchen legte den Schmuck in eine goldbeschlagene Kassette und zählte eifrig alle Stücke nach. Sie würde sich unter diesen Engländern nie wohl fühlen und jeden dunkler Taten verdächtigen.
    Dominica bestand plötzlich darauf, die Juwelen mit eigener Hand einzupacken. Sie trug die Kassette ans Licht, breitete deren Inhalt auf dem Tisch aus und überlegte dann lange, halb zärtlich, halb traurig. Schließlich wählte sie einen goldenen Ring, der für ihre kleine Hand zu groß, zu schwer für die Hand einer Dame war. Sie versteckte ihn in ihrem Taschentuch und versperrte die Kassette rasch, damit Maria das Fehlen dieses einen verräterischen Stückes nicht bemerken würde.
    Im weichen Licht der Abenddämmerung schlüpfte sie rasch an Deck, in ihren Mantel gehüllt, das Gesicht bleich im Schein des schwachen Lichts. Das Schiff zog langsam dahin, und die Wellen plätscherten leise gegen die Eichenbohlen. An Deck ging es hoch her; sie hörte die Stimme des Steuermanns: »Haltet geradeaus!« Sie sah Beauvallet im Licht einer leise schaukelnden Lampe stehen, neben ihm sein Bootsmann. Dieser hielt eine Laterne hoch und starrte in die

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