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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Dunkelheit. Im Süden konnte Dominica Lichter sehen, und wußte, daß man nun endgültig Spanien erreicht hatte.
    Leise trat sie auf Beauvallet zu und berührte schüchtern seinen Arm. Er drehte sich rasch um und ergriff augenblicklich ihre Hand mit der seinen. »Wie, mein Kind?«
    »Ich bin gekommen – ich wollte – ich möchte mit Euch sprechen«, sagte sie zögernd.
    Er zog sie beiseite und blickte fragend auf sie herab: »Sprecht, meine Liebe, ich lausche.«
    Sie zog die Hand unter den Falten des Mantels hervor; darin lag der goldene Ring. »Señor, Ihr habt mir einen Ring von Euch gegeben, und – und da ich glaube, daß Ihr mich nie wiedersehen werdet, möchte ich Euch diesen Ring zur Erinnerung an mich geben.«
    Sein Griff um Hand und Ring wurde fester. Er zog sie vollends aus dem Schein der Lampe, und sie blickte im Schutz der Dunkelheit zu ihm auf. Sie fühlte, wie sich seine Arme um sie legten, und blieb ganz still stehen, die Hände an die Brust gepreßt. Er hielt sie fest, legte seine Wange an ihre Locken und murmelte: »Liebstes!« Narrheit, Narrheit war es, aber wie schön war es doch, einmal im Leben der Narrheit nachzugeben! Sie hob ihr Gesicht, strich mit der Hand über seine gebräunte Wange und erwiderte seine Küsse – scheu und flüchtig. Ihr schwindelte; sie war sicher, daß sie nie vergessen würde, wie sich die Arme des Engländers anfühlten: wie eiserne Ketten, die sie fest an ihr pochendes Herz schmiedeten. Ein Schauer durchlief sie; sie flüsterte: » Querida! Liebster! Vergiß mich nicht ganz!«
    »Vergessen?« meinte er. »O du kleine Ungläubige! Spür doch, wie ich dich halte: Glaubst du wirklich, daß ich dich je fortlassen werde?«
    Errötend und verwirrt fand sie wieder in die Wirklichkeit zurück. »Laßt mich los!« bat sie und zitterte in seinen Armen.
    »Wie soll ich denn glauben können, daß Ihr das Unmögliche vermögt?«
    »Ich habe noch nichts gefunden, was mir unmöglich war«, sagte er. »Wir werden uns eine Zeitlang trennen, denn das habe ich versprochen, aber nicht lange, mein Liebling, nicht lange! Erwarte mich, noch bevor das Jahr zu Ende geht; ich werde sicher kommen.«
    Plötzlich ertönte in der Nähe eine tiefe Stimme: »Wo seid Ihr, Sir? Sie antworten ganz deutlich auf unser Signal.«
    Beauvallet schob Dominica rasch hinter sich; der Bootsmann kam in der Dunkelheit auf ihn zu.
    Was nun folgte, erschien Dominica wie ein Traum. Vom Festland her blitzte immer wieder ein Lichtsignal auf; sie lief unter Deck, sah, wie ihre Habseligkeiten fortgeschafft wurden, und hörte, wie man ein Boot zu Wasser ließ. Don Manuel stand bereit, in einen pelzgefütterten Mantel gehüllt, doch zitterte er trotzdem unablässig. »Er hat es wirklich zuwege gebracht«, sagte er im Tonfall tiefster Zufriedenheit. »Er ist ein tapferer Mann.«
    Master Dangerfield kam bald, um sie zu holen; er reichte Don Manuel den Arm, sprach aufmunternde Worte und bedachte Dominica mit bedauernden Blicken. Sie kamen an Deck und fanden Beauvallet neben einer Strickleiter stehend vor. Unten, auf dem pechschwarzen Wasser, schaukelte ein Boot, in dem schon der Bootsmann und einige Seeleute warteten, die in der Zwischenzeit Truhen und Taschen aufgetürmt hatten.
    Sir Nicholas trat vor. »Don Manuel, seid Ihr kräftig genug, die Leiter allein hinunterzusteigen?«
    »Ich kann es versuchen, Señor«, sagte Don Manuel. »Bartolomeo, geh vor.« Er drehte sich im schwachen Schein der Lampe zu Beauvallet um. »Señor, das ist nun der Abschied. Erlaubt mir, Euch zu sagen –«
    »Nicht jetzt, Señor. Laßt das für später. Ich bringe Euch noch sicher an Land.«
    »Ihr selbst, Señor? Nein, das ist zuviel verlangt.«
    »Seid unbesorgt, Ihr habt mich ja nicht darum gebeten. Es ist mir ein Vergnügen«, sagte Beauvallet und reichte ihm seinen kräftigen Arm, um ihm die Leiter hinunterzuhelfen.
    Don Manuel stieg sehr langsam hinab, wobei ihn Bartolomeo vom Boot aus besorgt beobachtete. Beauvallet wandte sich an Dominica und breitete die Arme aus. »Vertraut Euch mir noch einmal an, meine Liebe«, sagte er.
    Ohne ein Wort zu sagen, trat sie auf ihn zu und ließ sich von ihm hochheben. Mit ihr in den Armen kletterte er rasch hinunter.
    Im Boot angekommen, stellte er Dominica wieder auf die Beine, stützte sie aber noch mit einer Hand. Sie ließ sich neben Maria nieder, die sich ins Heck gekauert hatte, und schmiegte sich an sie. Beauvallet ließ die Leiter los und ging an den beiden Frauen vorbei zum Steuer, worauf er

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