Der tolle Nick
Gönner, Don Diaz de Losa, auf und erhielt von ihm ohne Schwierigkeiten ein Empfehlungsschreiben an Don Rodriguez de Carvalho.
Alles läuft wie am Schnürchen, dachte er, als er zur »Aufgehenden Sonne« zurückging. Für einen Tag ist es genug. Geduld, Nick!
Am nächsten Morgen machte er sich nach der Casa de Carvalho auf und fand Don Rodriguez glücklicherweise zu Hause. Wenn er allerdings gehofft hatte, Dominica zu sehen, so wurde er enttäuscht. Es war nichts von ihr zu bemerken, obwohl er jedes der Fenster aufmerksam studierte, während er dem Lakaien durch den Patio folgte.
Er wurde in eine düstere Bibliothek geführt, die auf den Garten hinausblickte, den Joshua entdeckt hatte. Die Wände waren mit Regalen voll ledergebundener Folianten gefüllt; etliche schwere Stühle aus reichgeschnitztem Nußholz, eine katalanische Truhe mit Säulchen an Ecken und Seiten und ein Tischchen unter dem Fenster vervollständigten das Mobiliar.
Nach wenigen Augenblicken betrat Don Rodriguez den Raum; er hielt de Losas Brief geöffnet in der Hand. Er war ein magerer Mann in mittleren Jahren, dessen Augen viel zu nahe beieinanderstanden, als daß man ihm trauen konnte, dachte Beauvallet. Sein Blick war unruhig, wanderte ständig hin und her und blieb kaum einen Augenblick auf einem Gegenstand haften. Sein Mund war dem seines Sohnes ähnlich, doch zeigte er eine gewisse Schwäche und eine Art schmollender Unentschlossenheit. Er empfing den Chevalier mit großer Freundlichkeit und sagte viel Passendes über das traurige Hinscheiden seines geliebten Schwagers. Seine Seufzer kamen aus tiefster Seele, er schüttelte oft den Kopf, schlug die Augen nieder und ließ sich des langen und des breiten über das ungesunde Klima Westindiens aus.
Beauvallet begann unruhig zu werden, als diese langweilige Tirade von nichtssagenden Beteuerungen plötzlich durch ein Geräusch, das von dem Kiespfad draußen hereindrang, unterbrochen wurde. Ein Schatten fiel vor das Fenster, und man hörte das Rascheln eines Frauengewandes.
Sir Nicholas wandte sich rasch um, aber die Dame, die hereinsah, war nicht Dominica. Es war eine dicke Frau von üppigen Formen, die in ein gesticktes Kleid aus purpurfarbenem Mochado gehüllt war. Ihre Frisur war äußerst kompliziert, ihr Reifrock streifte an beiden Seiten des Türrahmens, als sie in den Raum trat, und die Halskrause ragte hoch hinter ihrem Kopf empor. Sie war noch immer hübsch und mußte in ihrer Jugend eine Schönheit gewesen sein. Um ihren Mund spielte ein Lächeln, das auch ihre mandelförmigen Augen erfaßte. Dieses leise Lächeln zeigte ein Art von gefühlvollem Mitleid, als betrachtete diese Dame die Welt mit zynischen Augen und finde sie verrückt. Sie bewegte sich mit unbewußter Gelassenheit und trotz des häßlichen Reifrocks mit einer Art lässiger Grazie.
»Ah, Chevalier! Meine Gattin – Doña Beatrice«, sagte Don Rodriguez. Er wandte sich leicht stotternd an seine Frau, als hätte er großen Respekt vor ihr. »Meine Liebe, gestatte mir, dir einen edlen Fremden vorzustellen, der eben nach Madrid gekommen ist – Monsieur le Chevalier de Guise.«
Ein forschender Blick überflog Sir Nicholas; das Lächeln vertiefte sich. Doña Beatrice streckte ihm lässig die Hand entgegen und schien es zu billigen, wie sich Beauvallet darüberbeugte. Ihre Stimme war so lässig wie ihr Gang. »Ein Franzose«, bemerkte sie. »Franzosen sind mir immer sympathisch. Was tut Ihr hier, Chevalier?«
»Ich gehe meinem Vergnügen nach, Señora.«
Es schien ihr Anstrengung zu bereiten, die Brauen in die Höhe zu ziehen. »Findet Ihr denn Vergnügen in Madrid!« fragte sie. Sie ging zu einem Stuhl, sank hinein und begann, sich Luft zuzufächeln. »Ich empfinde es ungewöhnlich anstrengend.«
»Señora, ich finde es sehr vergnüglich«, antwortete Beauvallet.
»Ihr seid jung«, schwächte sie ihre Bemerkung ab, »und ein Franzose. So viel Energie! So viel Begeisterung!«
»Madrid bietet viel Stoff für Begeisterung, Madame«, sagte Sir Nicholas höflich.
»Ah! Wenn Ihr einmal so alt sein werdet wie ich, Señor, werdet Ihr einsehen, daß es in der Welt nichts gibt, was der Begeisterung wert ist.«
»Ich hoffe, Madame, daß ich mir meine Illusionen erhalten werde.«
»Es ist viel besser, keine zu haben«, murmelte die Dame.
Don Rodriguez, der devot um seine Gemahlin herumschlich, lächelte entschuldigend. Er meinte, ihre Eigenheiten durch sein entschuldigendes Lächeln abschwächen zu müssen.
»Sprechen wir
Weitere Kostenlose Bücher