Der tolle Nick
alles zu glatt.«
Beauvallet faltete die Landkarten zusammen und räumte sie fort. Den Ausdruck, der nun auf seinem Gesicht geschrieben stand, hatte Joshua schon ein- oder zweimal gesehen. »Fürchte, was du willst, und komme, was da wolle. Aber ich gelobe dir bei dieser Hand, daß ich Vasconosa erreichen werde und meine Lady von dort weggeführt haben werde, ehe sie zwei Nächte an diesem Ort verbracht hat!«
14
Don Diego, der seine Kusine und seine Eltern zu einem Abendempfang im Hause des Don Luis de Noveli begleitete, konnte sich des Verdachts nicht erwehren, daß seine Kusine nur in der Hoffnung mitgekommen war, den Chevalier dort zu treffen. Seine Mutter war seiner Verdächtigungen bereits mehr als überdrüssig und wollte ihn nicht anhören. »Mein lieber Diego«, sagte sie, bevor sie das Haus verließen, »der Chevalier schockiert Dominica weit mehr als er sie fasziniert. Ich sehe der Ankunft von Tobar mit viel größerem Mißvergnügen entgegen.«
»Bis dahin haben wir sie ja schon längst nach Vasconosa in Sicherheit gebracht«, sagte er. »Und vielleicht ist sie schon gebunden, bevor er etwas unternehmen kann. Ich halte sie sogar für fähig, mit diesem durchtriebenen Franzosen wegzulaufen, nur um uns etwas anzutun! Glaubt mir, Señora, er war gestern bei Chinchons den halben Abend lang an ihrer Seite und machte ihr den Hof.«
»Wie gut du den eifersüchtigen Liebhaber spielen kannst!« bewunderte ihn seine Mutter. »Ich habe dich nie für fähig gehalten, jemanden zu hassen, wie du diesen gewinnenden Fremden haßt! Ich finde das sehr unterhaltsam.«
Es gab keinen Zweifel darüber, daß der junge Mann eine heftige Abneigung gegen Sir Nicholas Beauvallet empfand und sich immer weniger Mühe gab, diese Abneigung zu verbergen. Diego war sich seiner Stellung als Caballero ersten Ranges bewußt und war wütend darüber, daß Sir Nicholas dies nicht zur Kenntnis nahm. Wenn er ihn sah, verzog Sir Nicholas das Gesicht und benahm sich so, als gäbe es nur ganz wenige Menschen, die es verdienten, von ihm mit mehr als einem bloßen Achselzucken abgetan zu werden. Sein unverfrorener Blick, in dem immer ein kleines Lachen lag, hatte einen fragenden Ausdruck, so als wollte er sagen: »Ihr möchtet mit mir kämpfen? Den Gefallen tue ich Euch gern, aber nachlaufen werde ich Euch nicht!« Er bewegte sich im fremden Land genauso leicht und unbefangen, als wäre er zu Hause, und selbst seine Art, den Kopf zu tragen, bewies, wie hochmütig er war. Don Diego brannte darauf, dieses stolze Blut zu vergießen.
Als er den Chevalier bei jenem Empfang sah, fühlte er sich in seinem Verdacht bekräftigt. Da es seine Mutter abgelehnt hatte, seinen Verdächtigungen auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken, beschloß er, Dominica selbst zu bewachen und möglichst den ganzen Abend in ihrer Nähe zu verbringen. Sie ertrug dies, so gut sie es konnte, und hoffte, daß Beauvallet nicht in ihre Nähe kommen möge. Sie fürchtete, er könnte sich aus purer Verwegenheit nähern, als sie seiner auf der anderen Seite des Saales gewärtig wurde und versuchte, ihn durch ihre Blicke zu warnen. Er schnitt ein Gesicht, gehorchte jedoch der Aufforderung ihrer Augen. Vergangene Nacht hatte sie ihn wegen seines Verhaltens im Hause Carvalho gescholten. Sie hatte ihm gesagt, daß ein derartiges Spiel ihr Herz zum Zerspringen brächte, und er hatte ihre Hand geküßt und ihr versichert, er wäre ein Schurke, daß er sie so aufregte. Das war ja alles gut und schön, aber Doña Dominica hatte in der Zwischenzeit auch erkannt, daß ihr Geliebter nicht nur erreichen wollte, was er sich in den Kopf gesetzt hatte, sondern daß es ihm auch ein diabolisches Vergnügen bereitete, die langmütige Vorsehung herauszufordern. Aber allem Anschein nach hatten ihre Worte ihre Wirkung diesmal nicht verfehlt, denn er hielt sich nun von ihr fern. Er war in heiterster Stimmung. Was konnte sie anderes tun als ihn beobachten und die herannahende Katastrophe fürchten?
Sie hatte eine gewisse Vorahnung, vielleicht war sie auch nur auf die unerwünschte Gegenwart ihres Vetters zurückzuführen, von dem sie wußte, daß er Beauvallet ebenfalls beobachtete – wenn auch mit haßerfüllten Augen.
Sie versuchte ihn loszuwerden, aber er ließ sich nicht verdrängen, und sie erkannte, daß er ihren Wunsch spürte, Beauvallet an ihrer Seite zu sehen. Ihre Tante befreite sie schließlich aus dieser unangenehmen Situation, als sie ihr ein geziertes junges Mädchen
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