Der tolle Nick
in Richtung der Puerta del Sol.
Er kam gerade rechtzeitig. Die Wachen waren noch nicht in die »Aufgehende Sonne« gekommen, um das Gepäck seines Herrn zu untersuchen. Er schlüpfte durch einen Hintereingang ins Haus, wartete, bis ihm die Küchenmagd den Rücken zuwandte und er unbemerkt die Stiegen hinaufeilen konnte. Oben machte er sich rasch ans Werk. Wämser, Kniehosen, Stiefel, Hemden flogen nur so aus dem Schrank neben dem Fenster, einen Teil verstaute er in kunterbuntem Durcheinander in einem Packen, den Rest ließ er auf dem Boden liegen. »Ich spiele den ungetreuen Diener!« sprach er sich selbst Mut zu. »Es ist doch gut, wenn man einen klaren Kopf bewahren kann!« Er fand die Juwelenschatulle von Sir Nicholas, brach sie mit seinem Dolch auf. »So ist es recht. Ich werde das Geld nehmen und einige Papiere, die ihm von Nutzen sein könnten, und das Kästchen werde ich als Beweis für den Einbruch hierlassen. Was ist das?« Er entfaltete vorsichtig den Paß, der Sir Nicholas als Chevalier de Guise auswies. »Langsam, langsam, Joshua, das sollten sie hier finden. Ich glaube nicht, daß wir es noch benötigen werden, und wenn ich es hierlasse, könnte es Sir Nicholas möglicherweise helfen.« Er blickte sich um, sah die Mantilla, die er soeben aus dem Schrank genommen hatte, und hob sie auf. »Hier, in dieser Tasche, da ist dein Platz. Bleib nur dort. Ich hoffe, sie werden dich finden!« Er steckte den Paß in eine Innentasche und hing den Rock wieder in den Kasten. »Wir haben ihn gesucht, aber nicht gefunden! Vielleicht kann Euch dies dienen, Herr!«
Seine Arbeit am Schrank war beendet. »Nur Mut, Joshua, alles wird gutgehen! Jetzt gilt es, die Kleider wegzuräumen.« Er packte an Kleidungsstücken zusammen, was er zu tragen imstande war, versteckte die Juwelen in seinen eigenen Taschen und hinterließ die Spuren, die er für notwendig erachtete. Von den Wachen, die nach Beauvallets Papieren suchen sollten, war noch kein Laut zu hören. Er lugte aus dem Fenster, lauschte, aber alles, was er hören konnte, war die Stimme des Schankkellners. Er zog sich wieder zurück, um sein Werk zu beenden. Zwei festverschnürte Bündel standen bereit. Aber Joshua Dimmock war dies nicht genug. Er ging daran, das Zimmer weiter zu verwüsten, und leistete gute Arbeit dabei. Eine kleine Truhe, die er bereits geleert hatte, versperrte er wieder, um sie danach mit Gewalt aufzubrechen. Er warf ein altes Wams hinein, ein Paar Strümpfe und einen Reitstiefel. »So wird das gemacht! Ein braver Diener, der das Zimmer seines Herrn verwüstet! Ihr solltet Gott danken, einen Diener wie mich zu haben!« Er hielt inne und sah sich das Werk der Verwüstung an. »Ein ganz schönes Durcheinander, wahrlich! Was noch? Um Himmels willen! Der Degen!« Er schlug sich auf die Stirn und machte sich sofort daran, den Degen aus den Tiefen des Schrankes hervorzuholen. Und da war sie schon, die Klinge aus Ferrara, zart, biegsam, mit geraden Parierstangen und einem muschelförmigen, mit Gold belegten Schutzbogen. »Mein Biß ist fest!« zitierte Joshua. »Ich bürge für mich!«
Im Wirtshaus unten war es zu dieser späten Stunde bereits still geworden. Joshua hätte unerkannt entkommen können, aber nein, er stolperte in den schlaftrunkenen Schankkellner. Es gelang ihm, überzeugend zu erschrecken, und er stieß einen französischen Fluch aus: »Sangue Dieu! « Der Schankkellner fühlte einen Dukaten in seiner Hand. »Ihr habt mich nicht gesehen!« sagte Joshua. »Oder?« – »Ich sehe Euch sehr genau«, sagte der Schankkellner langsam.
»Nein, nein, hört mich an!« Er ergriff den Burschen am Ohr und flüsterte: »Mein Herr soll im Gefängnis gelandet sein, verstehst du mich? Sie werden ihn sicher bald wieder auf freien Fuß setzen, aber dann werde ich nicht mehr hier sein!« Auf seinem Gesicht stand ein schlauer Ausdruck. »In der Picardie gibt es einen kleinen Bauernhof und ein Mädchen – für einen Mann, der genügend Geld hat!« Er deutet auf die um seine Mitte geschnürten Geldbeutel und schien unter ihrer Last förmlich zusammenzubrechen. »Ich lasse mir diese Gelegenheit nicht entgehen, wahrlich nicht!«
Dem Schankkellner schien dies zu gefallen. »Was soll das heißen? Euer Herr im Gefängnis?«
»Sie behaupten, er wäre El Beauvallet. Eine höchst unwahrscheinliche Geschichte; ich glaube, einer seiner Feinde hat sie erfunden, um ihm zu schaden, denn er ist in ganz Frankreich bekannt. Ich bin auf dem Weg zur Grenze. Ich bin froh, einen
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