Der Tomorrow-Code - Thriller
ebenfalls nicht da. So schmerzlich es auch sein mochte, sie mussten bei der Versteigerung anwesend sein.
Es war ein strahlender Sonnentag, deshalb hielt der Auktionator die Versteigerung im kleinen Garten hinter dem Haus unter tiefblauem Himmel ab. Tane hatte den Rasen gemäht; er und Rebecca hatten das ganze Wochenende geopfert, um Unkraut zu jäten und das Haus halbwegs präsentabel zu machen. Er dachte, dass es jetzt so gut aussah, wie dieses Haus überhaupt aussehen konnte. Allmählichtrafen die potenziellen Käufer ein, aber auch ein paar Schaulustige und neugierige Nachbarn.
Rebeccas Mutter tauchte kurz auf, blickte sich um, offenbar überrascht, dass in ihrem Garten so viel Unruhe herrschte, und verschwand wieder im Haus.
Die Versteigerung geriet zur Katastrophe. Nach knapp zehn Minuten war alles vorbei, und das Haus, Rebeccas Elternhaus, ging für einen Schnäppchenpreis an einen smart gekleideten Jungmanager.
Rebecca lief ein Schauer über den Rücken, als der Hammer fiel, und Tane legte ihr den Arm um die Schultern.
Der Erlös war so niedrig, dass Rebeccas Mutter nicht einmal die Hypothek für das Haus tilgen konnte. Das bedeutete, dass sie auch weiterhin Darlehensraten und Zinsen würde zahlen müssen, ganz abgesehen von den übrigen Schulden, die sich angesammelt hatten. Sie konnten sich nicht einmal mehr den Umzug nach Masterton leisten. Es war eine totale Katastrophe.
Rebecca weinte leise, als Tane sie ins Haus führte. Er bot ihr eine Tasse Kakao an, aber sie schüttelte nur den Kopf und sagte, dass sie sich eine Weile hinlegen wolle.
Mittlerweile rief er seine Mutter an und erklärte ihr, dass er ein wenig später nach Hause kommen würde. Es machte ihr nichts aus; sie erkundigte sich, ob sie irgendwie helfen könne, aber eigentlich gab es im Moment nichts zu tun.
Als es Zeit für das Abendessen wurde, durchsuchte er die Schränke und die Tiefkühltruhe und fand die nötigen Zutaten, aus denen er ein paar Pfannkuchen zubereitete, aber weder Rebecca noch ihre Mutter aßen auch nur einen Bissen davon.
So setzte er sich an den Esstisch und aß sie alleine auf. Der Tisch war immer noch mit allen möglichen Papieren bedeckt. Nach einer Weile ging er zu Rebeccas Zimmer, um nachzuschauen, wie es ihr ging.
Geräuschlos schob er die Tür auf. Das Licht vom Flur drang herein. Ihr Zimmer war kein typisches Mädchenzimmer und ganz bestimmt auch nicht das typische Zimmer eines Teenagers. An den Wänden hingen keine Poster von Popstars, sondern von Greenpeace und Amnesty International. Offen auf dem Nachttisch lag, mit dem Umschlag nach oben, ein Buch von Salman Rushdie; ein anderes Mädchen in ihrem Alter hätte wohl eher Meg Cabot oder Jacqueline Wilson gelesen. Auf ihrem alten Computer stand ein gerahmter und signierter Brief des berühmten Astrophysikers Stephen Hawking, der sich offenbar schriftlich mit ihr über etwas mit dem seltsamen Namen Schrödingers Katze auseinandersetzte.
Sie lag in voller Kleidung auf dem gemachten Bett, schlief aber tief. Im Schlaf waren Sorgen und Müdigkeit von ihrem Gesicht gewichen; still und ruhig lag sie da, und der Anblick brach Tane fast das Herz.
Er breitete eine Decke über sie und fuhr ihr zum Abschied sanft mit der Hand über die Wange.
Draußen waren noch die letzten hellen Streifen des Tages am Horizont zu sehen. Zu Hause angekommen schob er das Fahrrad in die Garage, folgte den gewundenen Wegen hinauf zu seinem Elternhaus und ging in sein Zimmer. Und dort auf dem Monitor wartete eine lange Reihe von Einsen und Nullen auf ihn.
Rebeccas Programm hatte endlich ein Muster entdeckt.
Sonntag, 8. November
»Danke, Tane – danke für alles.« Tane hatte Rebecca einen Sonntagmorgenkakao zubereitet; jetzt lächelte sie ihn über den Tassenrand hinweg müde an. Gegen acht Uhr war er wieder in Rebeccas Haus gekommen; er hatte ihren Schlüsselbenutzt, den er am Abend zuvor mitgenommen hatte. »Du bist wirklich ein guter Freund. Wir bleiben doch in Kontakt, wenn ich doch nach Masterton umziehen muss, nicht wahr?«
»Natürlich«, sagte Tane. »Wahrscheinlich werden wir jeden Abend miteinander telefonieren, und ich kann dich an den langen Wochenenden besuchen ... und so ...«
Sie lächelte und nickte zustimmend, obwohl beide wussten, dass es sich wahrscheinlich nicht so ergeben würde.
»Gestern ... das war ein absoluter Albtraum«, sagte sie. »Ich will überhaupt nicht darüber nachdenken, was wir jetzt tun sollen.«
»Was denkst du,
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