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Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Titel: Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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begreifen, was geschehen war.
    Er war allein.
    Zwar war Ashakida bei ihm, aber er hatte alle Menschen, die er liebte, zurücklassen müssen: seine Mutter, seinen Vater, seinen Bruder. Und er hatte einen Menschen zurücklassen müssen, von dem ihm erst jetzt klar wurde, wie viel er ihm bedeutete. Er vermisste Ira. Simons Herz wurde schwer.
    Bedrückt ging er weiter.
    Ashakida spürte, was in ihm vor sich ging. Sie sagte nichts. Doch sie wich ihm nicht von der Seite.
    Schweigend und ohne Ziel wanderten sie durch die Straßen der verlassenen Stadt.
    Plötzlich – Simon wusste nicht, wie lange sie gelaufen waren – bemerkte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Angespannt starrte er zurück. War da jemand hinter ihnen? Aber alles war ruhig, er sah niemanden. Auch Ashakida hatte nichts bemerkt.
    Unruhig ging er weiter.
    Erst jetzt bemerkte Simon, dass sich das Bild um sie herum gewandelt hatte. Noch immer waren sie von Ruinen umgeben, noch immer waren die Straßen verlassen, noch immer lagen überall Trümmer herum. Nur hatte hier kein Feuer gewütet, die Häuser waren verfallen, aber nicht ausgebrannt. Kleine Pflanzen wuchsen zwischen den Steinen.
    Simon blieb stehen.
    Im gleichen Augenblick zischte etwas an seinem Ohr vorbei, eine Sekunde später klirrte Glas. Erschrocken fuhr er herum.
    In der Fensterhöhle eines verlassenen Hauses saß eine Gestalt, ein Junge auf den ersten Blick, doch es war ein Mädchen, kaum älter als er, mit zerzausten dunklen Haaren und frech blitzenden Augen.
    Verblüfft starrte Simon sie an.
    »Hab ich dich gestört?« Das Mädchen grinste und sprang auf die Straße. Ihre Finger spielten mit der Zwille in ihrer Hand.
    Simon öffnete den Mund, aber er bekam kein Wort heraus.
    »Was ist? Kannst du nicht reden?«
    Simons Herz klopfte bis zum Hals. Das Mädchen war ihm vertraut, er kannte ihren Blick und den Klang ihres Lachens, er wusste, wie sie sich mit der Hand durch die Haare fuhr und wie sie die Augen niederschlug, wenn sie verlegen war. Jede ihrer Bewegungen war ihm vertraut, auch ihr spöttischer Gesichtsausdruck, mit dem sie ihn jetzt ansah.
    »Ira …« Simons Stimme krächzte.
    Das Mädchen betrachtete ihn erstaunt. »Woher weißt du meinen Namen?«
    »Mensch, Ira, ich bin es! Erkennst du mich nicht?« Simons Herz klopfte heftig. Er streckte die Hand aus.
    Das Mädchen lachte, und für einen Augenblick wirkte sie unsicher. Sie schaute kurz zur Seite, es war eine Aufforderung: Drei Jungen traten aus dem Schatten einer Ruine. »Kennt ihr den?«
    Die drei schüttelten den Kopf.
    »Tomas! Filippo! Luc!« Simon lachte vor Freude. Aufgeregt, wie er war, sah er nicht ihre erstaunten Gesichter. »Ist ja irre! Wie kommt ihr denn hierher?« Begeistert eilte er auf sie zu.
    Die vier wichen zurück. Simon bemerkte es verblüfft.
    Ashakida sprang ihm nach und hielt ihn auf. »Sie sind es nicht.«
    »Was sagst du?« Simon schaute die Schneeleopardin erstaunt an.
    »Es sind nicht deine Freunde.«
    Simon sah zu Ira und den anderen, dann blickte er Ashakida an. »Aber ich seh sie doch. Das sind sie!«
    »Sie sehen nur so aus. Sie leben in dieser Welt, Simon, inAvaritia. Deine Freunde sind immer noch dort, wo du sie zurückgelassen hast.«
    Einer der drei Jungen, ein Kurzhaariger mit einer frechen Stupsnase, hatte erstaunt die Augen aufgerissen. »Bin ich blöd oder hat die Katze da eben geredet?«
    Das Mädchen grinste. »Erstens, Filippo, du bist blöd. Zweitens ist das keine Katze.«
    Simon musste kichern.
    »Und drittens«, fuhr das Mädchen fort und sah Simon an, »hat der Schneeleopard eben wirklich geredet.« Neugierig kam sie näher. Ihr Blick war ohne Angst. Dicht vor Simon blieb sie stehen. »Wer bist du?«
    Simon musste schlucken, als er sie so nahe vor sich sah. »Ich heiße Simon.« Er wies auf die Leopardin. »Das ist Ashakida, meine Begleiterin. Wir sind gerade erst in dieser Welt angekommen.«
    Der Blick des Mädchens war ruhig und fest. Sie schien über seine Worte nicht erstaunt zu sein. Sie stellte keine Fragen, sah ihn nur an.
    Simon tauchte in ihren Blick ein. Sie ließ es zu, bis er ihre Gefühle lesen konnte.
    In diesem Moment wusste er: Er hatte neue Freunde gefunden.

Epilog
    Es dämmerte, als Simon die Decke zur Seite schlug und von seinem Nachtlager aufstand. Ashakida hatte die Augen geschlossen, ihr Atem ging ruhig. Auch die anderen schliefen noch. Eingewickelt in ihre Decken, lagen sie um die Feuerstelle herum. Simon schürte das Feuer und legte einen Holzscheit in die

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