Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Böhrnsen?«
»Boy Böhrnsen hat ein Fuhrunternehmen. Er bietet Gästen Kutschenfahrten auf ganz Sylt an, in die Dünen, zu den Stränden, zu den Leuchttürmen, Häfen und wo immer sie hinwollen.«
»Hm«, murrte Asmus. Unter diesen Umständen war ihm klar, dass dieser Mann auf der Seite der Kaufleute stand. Ein Gespräch mit ihm würde schwierig sein. Aber es musste sein.
KAPITEL 10
Asmus hatte vor, Böhrnsen unverzüglich zu befragen. Er ließ sich von Ose beschreiben, wo er wohnte: im Süderende, im südlichsten Teil der Fischerstraße.
Der Hof stellte sich als recht neu heraus: Das Vorderhaus war stattlich mit einem breiten Backengiebel statt eines schmalen Spitzgiebels ausgerüstet. Im rechten Winkel dazu befand sich ein älterer Anbau, vermutlich Stall und Wagenremise, worauf Rad- und Hufspuren sowie in die Wand eingelassene Ringe zum Anbinden von Pferden hindeuteten.
Das Wohnhaus war durch ein Mäuerchen von der Straße getrennt, auf dessen Krone in regelmäßigen Abständen kurze Röhren aus Metall schräg einzementiert waren. Sie gaben Asmus zu denken, bis er auf die Lösung kam: Wahrscheinlich wurden hier zu bestimmten Anlässen Fähnchen hineingesteckt, eben solche, die er in der Schule gesehen hatte.
Vor dem Haus war hinter einem schwarz-weißen Kaltblüter eine schwere Kutsche angeschirrt, der Kutscher wippte ungeduldig mit seiner Gerte und wartete offenbar auf eine Anweisung.
Asmus stellte das Motorrad ab, stakste in seiner Zivilkleidung zur Kutsche, lupfte die Schirmmütze und sprach den Kutscher etwas unsicher an. »Moin, Sie sind nicht Boy Böhrnsen, oder?«
»Bestimmt nicht«, knurrte der Mann und zeigte mit einer kantigen Kopfbewegung zur Giebeltür. »Wenn Sie Kunde sind – da rein! Wenn nicht – hintenrum!«
Nun, Asmus hatte keinen Grund, sich als Knecht an die Hintertür verweisen zu lassen. Er dankte und schritt zum Giebelvorbau.
Die Tür wurde aufgerissen, bevor er ganz da war. Ein junges Mädchen im weißen Kleid tänzelte heraus und trat Asmus so unglücklich auf die Füße, dass er sie mit einer beherzten Umarmung vor dem Straucheln bewahren musste. Von der Stirn bis zum Hinterkopf bändigte ein schmales Band schulterlange goldblonde Haare, darauf saß ein modisches Strohhütchen.
»Moin, moin«, sang sie. Dann betrachtete sie Asmus mit keckem Lidschlag und schien bei seinem Anblick angenehm berührt. »Sie wollen sicher zu meinem Vater. Schade, dass er da ist, sonst hätten wir beide uns unterhalten können.«
»Oh, das können wir auch so«, bot Asmus bereitwillig an. »Ich habe es nicht eilig.«
»Das passt gut. Ich auch nicht. Dabei muss ich doch unbedingt meinen Freundinnen von einem gut aussehenden Neuzugang berichten. Kommen Sie! Wir setzen uns in die Kutsche. Die ist recht bequem.«
»Gerne.« Asmus half ihr hoch in die Kutsche, was sie zu erwarten schien, sprang dann selbst hinein und setzte sich ihr gegenüber. Unbekümmertes Geschwätz lieferte häufig brauchbare Informationen.
»Sind Sie schon länger auf Sylt?«, fragte sie.
»Acht Wochen ungefähr.«
Ihr gespitztes Mündchen signalisierte so etwas wie Anerkennung. »Und wie gefällt es Ihnen?«
»Gut. Sind Sie einheimisch?«, fragte Asmus sachlich.
Sie lachte glöckchenhell. »Aber sicher doch. Seit Hunderten von Jahren. Die Familie, meine ich. Und wo wohnen Sie?«
»Auf meinem Segelboot. Es liegt in Munkmarsch.«
»Donnerwetter, eine eigene Yacht. Mein Papa hat nur eine Jolle, mit der er Gäste zum Fischen oder zu den Seehunden segelt.« Ihre blauen Augen rundeten sich zu Kulleraugen, die zu denen eines Kindes gepasst hätten.
»Nein, nein«, wehrte Asmus rasch ab. »Das ist ein Missverständnis. Ich bin nicht als Gast auf Sylt, ich bin der neue Polizeiwachtmeister.«
Unbeeindruckt musterte sie ihn vom Kopf bis zu den Füßen.So schnell gab sie wohl nicht auf. »So sehen sie aber nicht aus.«
»Nun ja.«
»Wo waren Sie vorher?«
»In Rostock. Hören Sie …«
Sie unterbrach ihn resolut. »Ich glaube nicht, dass Sie dort Wachtmeister waren. Unser Matthiesen ist einer. Sie nicht.«
Asmus zuckte mit den Schultern. »Vieles ändert sich im Leben. Das werden auch Sie noch merken.«
»Das hoffe ich doch. Sind Sie ein strafversetzter Höherer?«
Asmus grunzte erbost. Dieser Göre gegenüber war er irgendwie wehrlos. Ohne jede Rücksichtsnahme – man konnte es auch Erziehung nennen – stellte sie Fragen, die sich unter erwachsenen zivilisierten Menschen nicht gehörten. »Ja.«
»Durch die neuen
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