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Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Kennen Sie ihn?«
    Asmus verneinte. Eine Art Furcht kroch ihm über den Rücken. Wo hatte er sich bloß hineinmanövriert?
    »Na ja, hätte ja sein können«, fuhr Meier fort. »Es ist immer gut, sich nach allen Seiten umzuhören.«
    »Ja, das ist weise«, bemerkte Asmus. »Ich muss mich verabschieden, ich habe noch etwas vor.«
    »Man trifft sich im Leben immer zweimal. Tschüs auch, Herr Asmus.«
    »Tschüs, Herr Vesper, tschüs, Herr Meier.« Asmus eilte aus dem Saal, während ihn der herunterlaufende Schweiß am Rücken kitzelte. Beiden Gesprächspartnern sollte er während ihrer Sondierungen auf Sylt besser nicht mehr begegnen.
    »Hoppala! Nicht so schnell zu Boden gehen!« Ein Herr hielt Asmus fest, der zur Seite ausgewichen und dabei neben der Garderobe über eines der vielen Gepäckstücke gestolpert war, die den halben Gang blockierten.
    »Besten Dank, Herr Jacobsen. Man kommt hier ja kaum durch.« Der Herrenausstatter war sehr gepflegt und duftete nach etwas, das Asmus unbekannt war.
    »Nicht wahr? Spricht für das auswärtige Interesse an Sylt. Nett, Ihnen hier als Gast zu begegnen.«
    Ja, das fand Asmus auch. Vor allem, dass er diesem kultivierten Mann nicht mehr als einfacher Wachtmeister gegenüber stand. »Wahrscheinlich sehr erfolgreich, diese Veranstaltung. Hoffentlich droht nicht demnächst Überfüllung auf Sylt.«
    »Ja, das könnte ein Problem für die einheimischen Kaufleute werden.«
    »Für Sie selbst auch?«
    »Nein, ganz gewiss nicht. Meinem Geschäft wird es besser gehen, je mehr Gäste hierherkommen. Aber man muss abwägen. Zu viele dürfen es nicht werden. Krethi und Plethi müssen draußen gehalten werden, damit wir das Niveau wahren.« Jacobsen nickte Asmus zu und ging wieder in den Festsaal zurück.
    Niveau wahren. Nun ja. Das wäre das Reizthema für seinen Vorgesetzten, dem Asmus auf der Terrasse in die Arme lief, ohne ihm ausweichen zu können.
    »Sie«, schnaubte Sinkwitz verhalten, »Sie waren nicht autorisiert, am Bankett teilzunehmen! Was fiel Ihnen denn da wieder ein?«
    »Sie haben mich im Gesellschaftsanzug hinbeordert«, entgegnete Asmus kühl. »Hätte ich dem Kellner, der mich dringend auf den noch freien Platz nötigte, sagen sollen: ›Irrtum, mein Lieber, ich bin hier nur Aufpasser‹? Ich zog es vor, Aufsehen zu vermeiden, und dachte, das sei in Ihrem Sinn.«
    »Na ja. Es ist ja nichts passiert«, gab Sinkwitz knurrend zu. »Aber jetzt verschwinden Sie. Schieben Sie draußen in Uniform Wache.«
    Asmus faltete die Hände über dem Kopf und dehnte seinen ganzen Körper, der vom Sitzen in den zierlichen Sesseln steif war. »Ja, Herr OWM. Genau das hatte ich vor«, sagte er lässig. Die Wut blitzte in Sinkwitz’ Augen auf, aber er war machtlos.
    Die Auflehnung gegen seinen Chef war eine kindische Reaktion gewesen, fand Asmus selber, aber er bereute sie nicht. Der ganze Vormittag war verrückt gewesen, wenn auch keine totale Zeitverschwendung. Meiers Bemerkung über seine vergebliche Suche nach Cord Sibbersen beunruhigte ihn, während er sich im Keller des Hotels wieder in einen Schupo verwandelte. Er musste unbedingt mit Bonde sprechen.
    Asmus nahm den Lieferantenausgang, damit ihn nicht etwa die auf der vorderen Treppe Zigarre rauchenden und plaudernden Gäste erkannten. Er hatte dieses alles so satt. Am liebsten wäre er jetzt nach Nösse rausgefahren, um sich zu vergewissern, dass es die Natur, die er so lieben gelernt hatte, noch gab, oder noch weiter weg, zur Hallig Langeneß, um Boy Böhrnsen zu suchen.
    Aber das ging natürlich nicht. Stattdessen wanderte er straßauf, straßab durch Straßen, die weiterhin mit festlich gestimmten Syltern gefüllt waren. Die Kinder des Spielmannszuges streunten neugierig in Gruppen durch Westerland, und einmal musste Asmus ihnen Auskunft zu einem gewünschten Ziel geben. Sie freuten sich von Herzen, als er bei seiner Antwort stramm stand, und er mit ihnen.
    Die allgemein lockere Stimmung wunderte Asmus. Trotz der so schwierigen Zeit lag etwas wie Zuversicht über der Stadt. Die DNVP war am gegenwärtigen Kabinett nicht beteiligt, aber sie genoss Sympathie bei den Leuten – vielleicht hofften sie auf Besserung der Lebensumstände nach der Wahl im nächsten Jahr.
    Spät am Abend machte Asmus Schluss, ohne Matthiesen oder Sinkwitz zu Gesicht bekommen zu haben. Der Politiker und seine Begleitung waren mit einem gecharterten Schiff nach Hamburg gedampft, die Spielmannskinder mit der Fähre und dem plombierten Eisenbahnwaggon

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