Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
Vom Netzwerk:
Dalben. Oben auf dem Dammrest hatte sich der Bauleiter eingefunden.
    Erstmals konnte Asmus den Toten richtig sehen.
    Die Männer sprangen ins Wasser, das ihnen bis zum Bauch ging, packten den Leichnam an Armen und Beinen und versuchten, ihn hochzuheben.
    »So schwer kann das Fliegengewicht doch gar nicht sein.« Asmus spähte mit zusammengekniffenen Augen ins Wasser.
    »Eigentlich nicht, selbst mit dem Schlamm in den Kleidern. Da scheint ein Widerstand zu sein«, erklärte der eine Mann keuchend.
    »Er hat ja ein Tau um den Leib gebunden!«
    Der Arbeiter tauchte bis zur Schulter ins Wasser, wo er umhertastete.
    »Ist er festgebunden?«, erkundigte sich Asmus.
    »Nein, aber das Reepende ist unter Steinen festgeklemmt. Einem ganzen Haufen sogar.«
    Mit vereinten Kräften konnten sie es herauszerren und danach den Toten in den Prahm hieven.
    »Der Kerl ist ins Wasser gekippt und der Steinhaufen hinterher«, mutmaßte der eine. »Da nützt die beste Sicherheitsleine nichts, wenn man das andere Ende nicht am Schiff anbindet.«
    Die Schutzbestimmungen waren offenbar sehr lasch, ganz wie Sinkwitz gesagt hatte. Asmus erkannte es widerwillig an. Dennoch empfand er Unbehagen beim Anblick des Toten.
    Den Mann kannte er nicht, und ein Rundblick zu den Männern und zum Bauleiter zeigte ihm, dass es ihnen genauso ging. Allerdings war das Gesicht des Toten wohl durch Schnitte der herabgestürzten scharfkantigen Steine und obendrein Verwesung aufgedunsen und entstellt. »Bringen wir ihn an Land«, befahl Asmus knapp und versuchte, sowohl dem Anblick als auch dem Geruch auszuweichen, bis er sich an beides gewöhnt hatte.
    An Land wurde der Leichnam aus dem Leichter gehoben und abgedeckt, so dass die Neugierigen, die sich versammelt hatten, ihn nicht begaffen konnten. Bevor Asmus sich aufmachte, um einen Transportkarren zu organisieren, wandte er sich an seine beiden Helfer. »Wäre Ihnen mit je einem geräucherten Aal als Dank gedient? Unsere Polizeistation hat leider kein Geld für außerordentliche Mitarbeiter …«
    »Für Aal holen wir Ihnen jederzeit Leichen aus dem Wasser, Herr Kommissar! So viele Sie mögen. Sagen Sie nur Bescheid!«
    »Ja, besten Dank«, sagte Asmus schmunzelnd. »Ich hoffe, ich muss nicht auf das Angebot zurückkommen. Aber sehr nett von Ihnen. Die Aale lasse ich vorbeibringen.«
    Bis Asmus den Transport organisiert hatte, hatte sich die Versammlung der Neugierigen aufgelöst. Zu zweit hievten sie den Ertrunkenen auf den zweiräderigen Karren, und der Bauer konnte losrattern.
    Asmus war erleichtert, als sie nach langer Fahrzeit endlich am Krankenhaus vorfuhren. Nur dort gab es Räume, in denen Tote angemessen aufgebahrt und untersucht werden konnten.
    Da die Klinik, wie Matthiesen gesagt hatte, keinen eigenen Pathologen hatte, ließ Asmus Dr. Godbersen, Oses Vater, rufen und erklärte ihm den Fall. Nach kurzer Rücksprache mit dem Klinikleiter übernahm Godbersen die medizinische Verantwortung.
    »Wollen Sie sich das wirklich antun, bei der Sektion dabeizubleiben, Herr Asmus?«, erkundigte sich Godbersen vorsorglich, nachdem er das Leichentuch an einer Ecke hochgehoben und daruntergespäht hatte. »Ich kann hier während der Arbeit keine Kotzerei gebrauchen.«
    »Seefest bin ich. Ist leichenfest dasselbe?«
    »Höchstens verwandt. Dasselbe nicht. Auf See muss ich die Augen zumachen oder den Horizont im Auge behalten, damit mir nicht schlecht wird«, gab Godbersen zu. »Und wehe, da ist kein Horizont.«
    »Kauen Sie Ingwerwurzel! Bestimmt kann Ose Ihnen eine besorgen«, sagte Asmus mit Sehnsucht in der Stimme.
    Godbersen schien ihn zu verstehen, da er so verschmitzt lächelte. »Bestimmt. Aber zunächst widmen wir uns nicht einer Seereise, sondern einer Wasserleiche.«
    »Ja«, sagte Asmus gedämpft und trat einen Schritt zurück, um einem Helfer mit einem Wagen Platz zu machen, auf dem das Waffenarsenal der pathologischen Abteilung kunstvoll angerichtet war.
    Noch wurde aber zu Asmus’ Erleichterung weder gehämmert noch geschnitten oder gesägt. Godbersen nahm sichdie Hose des Toten vor. »Was sagten Sie, wann der Mann ertrunken ist?«
    »Angeblich in der Sturmflut. Vor zwei Tagen.«
    »Gucken Sie mal her, Herr Asmus. Sehen Sie diese Algen?«
    Kurze grüne Fäden, schon eingetrocknet, wuchsen auf der Hosennaht und lagen nun parallel nebeneinander. »Ja.«
    »Algenbewuchs bei einem im Wasser befindlichen Gegenstand tritt frühestens nach zwei Wochen ein. Dieser Tote lag geraume Zeit vor der Sturmflut im

Weitere Kostenlose Bücher