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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Trotz ihrer Worte hatte sie es anscheinend genossen, Muadnat eine Niederlage beizubringen, und sie strahlte.
    »Fidelma, ich habe erlebt, wie sorgfältig du mit dem Gesetz umgehst. Vielleicht etwas spät wird mir klar, daß du ebenso sorgfältig nach der Wahrheit hinter dem Tod meines Vaters suchst. Ich hätte wohl …« Die Entschuldigung für ihr Verhalten blieb unausgesprochen. Sie fuhr zögernd fort: »Ich möchte dir versichern, daß ich alles tun werde, dich bei deiner Untersuchung zu unterstützen.«
    Fidelma zog fragend die Brauen hoch.
    »Gibt es da noch etwas, was ich wissen sollte?«
    Einen Augenblick glaubte sie Furcht in den hellen Augen der Tanist von Araglin schimmern zu sehen.
    »Noch etwas? Nein, das glaube ich nicht. Ich sage das nur, weil ich so stolz tat, als du herkamst. Mit Höflichkeit sollte man nicht geizen, denn sie kostet nichts.«
    »Wenn du dich daran hältst, wirst du den Menschen von Araglin eine gerechte Fürstin werden«, erwiderte Fidelma ernst. »Und das ist wichtiger als eine Amtsrobe.«
    Crón schaute verlegen drein und fingerte an der Goldbrosche, die den Mantel an der Schulter zusammenhielt.
    »Es ist hier in Araglin so Sitte, daß die Fürsten und ihre Frauen bei Amtshandlungen den bunten Mantel und die Handschuhe tragen.« Sie lächelte kurz.
    »In eine solche Stellung aufzusteigen bedeutet eine große Verantwortung«, bemerkte Fidelma. »Manchmal braucht man Zeit, um mit einer solchen Veränderung im Leben fertig zu werden.«
    »Das ist aber keine Entschuldigung für Arroganz. Du erwähntest Gadra, und das erinnert mich an eine Lehre, die er mir erteilte, als er noch im rath wohnte und ich ein kleines Mädchen war. Seine Worte sind mir im Gedächtnis geblieben. Er sagte, die Stolzen sondern sich von den anderen ab und betrachten sie aus der Entfernung, und deshalb glauben sie, die anderen seien klein und unbedeutend. Doch dieselbe Entfernung läßt sie den anderen ebenso klein und unbedeutend erscheinen.«
    Fidelma lächelte anerkennend.
    »Danach ist Gadra ein Mann von Weisheit. Wahrhaftig, wenn du deine Augen nicht erhebst, denkst du immer, du stehst auf dem Gipfel. Komm, Dubán, machen wir uns auf die Suche nach diesem weisen Mann.«
    »Falls er noch lebt«, sagte Dubán pessimistisch.

K APITEL 11
    Dubán und Fidelma ritten voran auf dem schmalen Weg, der zwischen den großen Eichen hindurchführte, die in den Talschluchten standen. Bruder Eadulf folgte ihnen. Er blickte wachsam um sich. Er hatte von Überfällen durch Banditen gehört und meinte, ganze Kriegerscharen könnten sich an diesen düsteren Orten verbergen und Reisende könnten nur wenige Meter entfernt an ihnen vorbeiziehen und sie überhaupt nicht bemerken, denn so dicht und undurchdringlich waren die Wälder auf den Bergen rings um Araglin. Die Bäume standen so eng beieinander, daß vom blauen Himmelszelt und von der warmen Frühjahrssonne nichts zu sehen war. Die Luft war kühl, und Eadulf fiel auf, daß nur wenige Frühlingsblumen blühten, es aber zahlreiche dunkle immergrüne Pflanzen gab und solche, die die kalte, dunkle, feuchte Natur der Wälder liebten.
    Eadulf ritt mit aufmerksamem Blick, doch in lockerer Körperhaltung und ließ sein Pferd gemächlich den anderen folgen.
    Die Stille war beinahe bedrückend. Ab und zu raschelte es im Unterholz, und einige wenige Singvögel ließen sich hören.
    »Ein düsterer, ungemütlicher Ort zum Wohnen«, brach Eadulf das Schweigen, in dem sie seit Erreichen des Waldes geritten waren.
    Dubán wandte sich halb um.
    »Es liegt in der Natur von Einsiedlern, daß sie sich an Orten niederlassen, die andere nicht schön finden«, erwiderte er.
    »Ich habe schon gesündere Orte gesehen«, antwortete Eadulf. »Was nützt es einem, als Einsiedler zu leben, wenn einem das die Gesundheit ruiniert?«
    »Ein gutes Argument«, lachte der Krieger. »Trotzdem heißt es, Gadra sei über achtzig Jahre alt. Wenn er noch lebt, würde mich das überraschen.«
    »Das hast du uns schon ein paarmal gesagt«, schaltete sich Fidelma ein. »Erzähl uns lieber mehr von Gadra. Wir wissen, daß er als Einsiedler lebt und ein weiser Mensch ist. Was weißt du sonst noch von ihm?«
    »Da gibt’s wenig zu sagen. Gadra ist eben Gadra. Für mich hatte er immer dasselbe Alter.«
    »Weiß man, woher er stammt?« erkundigte sich Fidelma.
    Dubán zuckte die Achseln.
    »Es heißt, er war Priester in den heidnischen Zeiten.«
    »Ein Druide?« fragte Fidelma. Tatsächlich fand man in den fünf

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