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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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der anderen Hand, aus einem der Querwege näher. Thea war seltsamerweise nicht zu sehen.
    «Er ist wunderbar, Monsieur Malthus.» Fennas zwitschernde Stimme verriet echte Freude. «Wüsste ich nicht, dass er ein Handelsgarten ist, würde ich ihn für ein fürstliches Kleinod halten.»
    Elias senkte dankend den tief errötenden Kopf. «Das ist zu viel der Ehre», murmelte er und hatte völlig Recht. «Wenn es Euch gefällt, würde ich Euch gerne die Glashäuser mit den Pflanzen aus südlichen Ländern zeigen. Natürlich nur, wenn es auch Madame Herrmanns genehm ist.»
    «O ja, das ist mir sehr genehm», antwortete Anne fröhlich, «sofern Ihr auf meine Begleitung verzichtet. Ich kenne Eure Glashäuser wie meinen eigenen Garten. Geht nur, ich werde inzwischen einen Spaziergang durch diese herbstliche Pracht machen. Und nehmt doch Fennas Arm, Monsieur Malthus, wir Frauen in unseren unnützen Schuhen stolpern so leicht.»
    Rosina hatte sich wieder über ihr Unkraut gebeugt, aus den Augenwinkeln sah sie ein Paar schlichter schwarzer Schnallenschuhe vorbeigehen, nah daneben ein Paar aus hellbraunem, mit hauchfeinen Silberfäden besticktem Damast.
    «Wahrlich, eine verantwortungsvolle Arbeit», hörte sie Annes leise Stimme, «allerdings weiß ich nicht, ob es Elias begeistert, wenn eine seiner Tagelöhnerinnen mit dem Unkraut auch eine ganze Reihe frisch aufgegangener Radieschen ausreißt.»
    «Radieschen!?» Rosina richtete sich jäh auf und sah entgeistert in Annes lachendes Gesicht. «Das ist ein Blumenbeet. Ich soll es für Tulpen- und Narzissenzwiebeln vorbereiten. Wieso Radieschen?»
    «Ich weiß nicht, was Elias und seine Gärtner planen, aber ein Beet, das im September brachliegt, ist immer gut für ein paar letzte Reihen Radieschen. Sie wachsen schnell und nehmen der Erde nicht viel Kraft. Was, um Himmels willen, tust du hier?»
    «Pst, nicht so laut», wisperte Rosina, «die anderen müssen nicht hören, wie Madame Herrmanns sich herablässt, einer Arbeiterin die Sache mit den Radieschen zu erklären. Wie du richtig erkannt hast, bin ich heute Tagelöhnerin. Und was glaubst du, was ich tue? Mit Brombeerranken kämpfen, Unkraut jäten und die Ohren und Augen offen halten. Es hat sich so ergeben. Du solltest jetzt weitergehen, die dicke Kath guckt schon neugierig.»
    «Soso», sagte Anne laut, «Tulpen und Narzissen, wie schön. Sicher gibt es neue Sorten?»
    «Davon weiß ich nichts, Madame, da müsst Ihr den Herrn fragen. Ich glaube, er ist bei den Glashäusern.»
    Kath beugte sich wieder über ihre Arbeit, Rosina zupfte eine halb vertrocknete Vogelmiere aus und senkte wiederdie Stimme: «Ich wollte dich heute besuchen, aber dann bin ich hier hängen geblieben. Wir müssen uns treffen, Anne, am besten mit Wagner.»
    Anne nickte. «Wann bist du hier fertig?», flüsterte sie, «um halb acht? Komm in den Neuen Wandrahm, ich lasse Wagner Bescheid geben. Eine schöne Arbeit», fügte sie mit lauter Stimme hinzu, «es gibt doch nichts Schöneres, als in Gottes freier Natur zu sein.»
    Kath hörte den letzten Satz, sie rieb ihre breiten schmutzigen Hände und sah der feinen Dame, die so dusseliges Zeug redete, wütend nach.
     
    Wagner sehnte sich nach seiner Frau, nach seinem Zuhause, nach Ruhe. Der Tag war lang und wenig erfreulich gewesen, und er war müde. Die Suche nach Viktor Malthus’ Mörder kam ebenso wenig voran wie die Klärung der Überfälle. Immerhin hatte er jemanden gefunden, der in der Sturmnacht beobachtet hatte, wie sich zwei dunkle Gestalten vom Drillhaus davonschlichen.
    Als der Sturm nachzulassen begann und das Dach direkt über seinem Kopf nicht mehr gar so bedrohlich rüttelte, hatte sich der zweite Geselle des Kamm-Machers am Holzdamm an das winzige Fenster seiner Stube gestellt und hinausgesehen. Die innere Alster war noch so aufgewühlt, dass er an das Meer dachte, von dem er oft träumte. Leider bereitete ihm schon die Überfahrt nach Harburg an der südlichen Elbe, die er in seinem 3 5-jährigen Leben zweimal hatte wagen müssen, heftige Übelkeit.
    ‹Ja›, sagte er, als Wagner zu dieser bedeutenden Mitteilung ungeduldig mit der Spitze seines Bleistiftstummels auf den Tisch klopfte, ‹ja, das Drillhaus.›
    Zwei seien es gewesen, und er habe gedacht, sie hätten Schutz vor dem Unwetter gesucht, was nur klug gewesenwäre, denn der Eingang schütze in der Tat vor Wind, wenn auch kaum vor so heftigem. Sie hatten einen Sack bei sich oder etwas, das danach aussah, für eine Leiche, das bitte

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