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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Gelächter aus.
    Als die Männer sich voneinander verabschiedeten, bemerkte Claes mit heimlichem Vergnügen, dass alle, auch die, die behauptet hatten, diese Überfälle würden sie nicht im Geringsten beunruhigen, für ihren Heimweg durch die Nacht einen kräftig gebauten Diener oder Wächter bestellt hatten.
    Nur Bocholt nicht. Dessen Haus lag wenige Minuten vom Commerzium entfernt und direkt auf dem Weg zumHerrmanns’schen am Neuen Wandrahm, Claes’ Begleitung reichte ihm vollauf. Dass der Brooks mitgebracht hatte, seinen Stallmeister mit Schultern wie ein Schrank, fand er trotzdem angenehm.
    Sie passierten den Kran neben der Börse, und nachdem Bocholt die rasant kürzer werdenden Tage und die der Gesundheit abträgliche Nebelfeuchte der Nacht beklagt hatte, erreichten sie die Zollenbrücke hinüber zum Grimm. Bocholt blickte in das schwarze Wasser unter dem Dunst hinab, schüttelte kummervoll den Kopf und fragte endlich beiläufig, ob denn Christian nicht bald heimkehre. Was Claes, der Bocholts unausgesprochenen Gedanken teilte, sein hübscher junger Sohn sei für Fenna ein fabelhafter Trost, leider verneinen musste. Warum Bocholt so betrübt aussah, konnte er sich nicht erklären. Vielleicht weil er selbst keinen Sohn hatte, diese gute Partie zu erobern, sondern drei Töchter, die leider alle noch unverheiratet waren. Trotz der beachtlichen Mitgift, die für jede bereitlag. Obwohl beide Väter es mehr als gern gesehen hätten, hatte auch Christian Herrmanns sich bisher für keine der jungen Damen erwärmen können.
    Brooks folgte ihnen mit zehn Fuß Abstand, wie es sich für einen Stallmeister gehörte, wenn Herren bedeutende Gespräche miteinander führten. Seine schweren gleichmäßigen Schritte wirkten wie ein sicherer Schild in deren Rücken.
    Das Haus der Bocholts am Grimm war eines der letzten, bevor sich die kurze Straße zum Platz um die Katharinenkirche weitete. Im ersten Stock brannte noch Licht, Madame Bocholt, eine zarte, schon grau melierte Dame mit einer Vorliebe für Tonderner Klöppelspitzen und Teecreme mit Vanille und Rumrosinen, wartete auf ihren Mann.
    «Meine Madame und die Töchter lesen in letzter Zeitso viel», sagte Bocholt mit einem entschuldigenden Blick zu dem Fenster hinauf. Just in diesem Moment wurden die Kerzen gelöscht, und da er sich nicht zur Investition in eine Türlaterne durchgerungen hatte, schien es ohne den Orientierung gebenden Lichtfleck und mit den dunklen Wolken vor dem Mond schlagartig völlig dunkel. «Ich weiß nicht, ob das gut ist», fuhr er unbeeindruckt fort, «jetzt lesen sie schon Klopstocks Oden. Verdammt teuer, das Buch, viel Geld für ein Paar Reime, von denen keiner weiß, wozu die dienlich sein sollen. Na ja, es ist frisch aus der Presse, und man muss den Damen auch Freiheiten lassen.»
    Dann wünschte er eine gute Nacht, bestellte ergebene Grüße an Madame Herrmanns und Madame Kjellerup, und während Claes und sein Stallmeister in den Kirchplatz einbogen, zeigte er sich als rücksichtsvoller Hausherr und begann in den Tiefen seiner stets mit allerlei Überflüssigem gefüllten Rocktaschen nach dem Hausschlüssel zu suchen.
    Claes und Brooks hörten schon die schwachen Geräusche des auflaufenden Wassers unter der Jungfernbrücke, als hinter ihnen ein unterdrückter Schrei ertönte.
    Sie brauchten eine Sekunde, um loszulaufen, eine halbe Minute, um den Kirchhof zu überqueren und Bocholt zu erreichen.
    Die drei Männer vor ihm schreckten beim Klang der nahenden Schritte auf – sie kamen nicht weit. Brooks hechtete sich nach vorn und rollte mit dem größten in den Straßenschmutz. Claes erwischte den zweiten am Ärmel und griff nach dem dritten, doch der riss sich los, fiel stolpernd auf das Pflaster, rappelte sich auf und rannte davon wie ein Hase, fast ohne Geräusch, und ließ sich von der Dunkelheit verschlucken. Die anderen beiden boten Claes und Brooks einen kurzen, doch beachtlichen Kampf.
    «Ich glaub’s nicht», schrie Brooks plötzlich, «ich glaub’s einfach nicht. Das ist ’ne Frau!!»
     
    Die Mitglieder der Becker’schen Komödiantengesellschaft glaubten, Rosina helfe in diesen Tagen im Herrmanns’schen Garten aus. Ein Irrtum, den Rosina nicht richtig stellte. Allerdings dachten nur die Neuen, sie tue das für Lohn. Es wunderte sie nicht, sie alle hatten schon die unterschiedlichsten (auch die geringsten) Arbeiten angenommen, wenn ihr Beruf sie nicht ernährte. Maline bedauerte es, weil Rosina sie nun nicht, wie es verabredet

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