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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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auch besonders geschickt, die habe in all den Jahren so viel gelernt, dass sie nicht schlechter sei als die Gärtner. Sie könne sogar lesen und schreiben, wenn sie als Junge auf die Welt gekommen wäre und einer das Lehrgeld bezahlt hätte, da hätte sie vielleicht bald eine eigene Gärtnerei.
    «Aber jetzt is ja Rutger wieder da, der is für sie wie ’nBruder, sagt sie.» Kath streckte den Rücken und lachte. «So ’n Bruder», feixte sie und wiegte sich derb in den Hüften, «so ’n strammen Bruder hätt ich auch gern mal.»
    «Der mit dem schwarzen Bart?», fragte Rosina dumm. «Der gestern die Fichtenzapfen geerntet hat?»
    «Genau. Der is   … Was is da los? Gibt’s was umsonst?»
    Bei des Schneeballbüschen steckte eine kleine Gruppe die Köpfe zusammen und stob, als ein schriller Pfiff ertönte, auseinander wie Hühner vor dem Fuchs. Der Aufseher stand am Ende des Weges, er wachte mit dunklem Blick, bis alle wieder zu ihrer Arbeit eilten, und kehrte in sein Kontor zurück. Kaum war er verschwunden, ließ eine der Frauen, die mit dem Aufsammeln von Kastanien beschäftigt war, ihren Korb stehen und rannte zu Kath.
    «Hast du’s schon gehört», wisperte sie aufgeregt und duckte sich, den Kopf halb dem Aufseherhaus zugewandt, hinter die Stauden, «in der Nacht haben sie die Kerle geschnappt, die Müllerjohann und Hecker überfallen haben   …»
    «Und den Aufseher vom Spinnhaus», ergänzte Kath grinsend, «den miesen Kerl.»
    «Genau, den auch. Sie haben sie geschnappt, beim Katharinenkirchhof, und was glaubst du – die sind gar keine Kerle. Die sind Frauen.»
    «Frauen?!» Kath lies ihr breites Hinterteil auf die Fersen fallen und lachte schallend. «Frauen», rief sie. «Da ham sich vier gestandene Männer von Frauen   …»
    «Pssst», die andere presste ihr ängstlich die Hand auf den Mund, «wenn er mich hier erwischt, muss ich gehen. Ja», flüsterte sie, «drei Frauen. Sie haben nur zwei, eine ist weggerannt, aber warum soll das nicht auch eine sein? Es hat einen schrecklichen Kampf gegeben, sagt Hinrichs. Er ist grad vom Garten vorm Steintor gekommen und hat es unterwegs gehört. Sie ham Messer gehabt, sagt er, undÄxte und was weiß ich, und das Blut ist nur so gespritzt. Da wär ich gerne dabei gewesen.»
    Kath stieß die Hand von ihrem Mund und wischte sich über die Lippen. «Wer hat sie denn geschnappt? Die Nachtwache? Und wem wollten sie diesmal an den Kragen?»
    «Sie wollten einem Kaufmann vom Grimm den Garaus machen, direkt vor seinem eigenen Haus. Dem Bocholt, keiner weiß, warum. Sicher hatte der ordentlich was in der Tasche. Wenn er nicht grad alles versoffen hatte, die feinen Herrn saufen auch, das glaub nur. Ja, aber dann kam der Herrmanns mit seinem Stallmeister, und – jedenfalls sitzen sie jetzt im Loch, und der Weddemeister quetscht sie aus.»
    Kaths Miene ließ vermuten, dass ihr dieses Ende der Geschichte nicht gefiel. «Weißt du, wer die Mädels sind?»
    Die Kastaniensammlerin schüttelte den Kopf. «Das wusste Hinrichs nicht. Aber er sagt, jetzt sei auch klar, warum sie Müllerjohann und Hecker nicht umgebracht hätten, ja, auch den Aufseher vom Spinnhaus nicht, obwohl es den fast erwischt hat. Nur den Oberleutnant, den haben sie kaltgemacht. Frauen, sagt Hinrichs, sind eben nicht hart genug. Selbst schuld, sagt er, wenn die Herren sie jetzt wieder erkennen. Dann ist es aus mit ihnen. Galgen, sagt er, ohne Frage.»
    Rosina wurde blass. ‹Messer und Äxte und was weiß ich›   … ‹Der Herrmanns und sein Stallmeister›   … «Bei wem ist das Blut geflossen», fragte Rosina und versuchte, gleichmütig zu erscheinen. «Sind die Männer, die die Frauen erwischt haben, auch schwer verletzt?»
    «Kann schon sein», sagte die Kastaniensammlerin. «Aber ich glaub, nicht wirklich. Hinrichs übertreibt gern ein bisschen, er hat es mit dem Blut, der wäre gerne Schlachter geworden.»
    Eine in der Ferne klappende Tür ließ sie zusammenfahren, gebückt und flink wie ein Wiesel kehrte sie zu ihrem Korb unter der Kastanie zurück.
    Rosina wäre am liebsten gleich zum Neuen Wandrahm gelaufen, um zu hören, was wirklich geschehen war. Doch sicher hatte Hinrichs tatsächlich übertrieben. Wäre viel Blut geflossen und wären Claes Herrmanns oder Brooks schwer verletzt worden, wäre es ihnen kaum gelungen, die Frauen festzuhalten, bis sie die nächste Nachtwachenpatrouille herbeigerufen hatten oder – das war sicher rascher gegangen – Monsieur Bocholts Diener aus dem Haus

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