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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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hast du es angestellt, die Soldaten auszuhorchen? Und vor allem: Wie hast du dich in den Garten eingeschlichen?»
    An die Soldaten hatte Rosina nicht einmal mehr gedacht. Wagners Enttäuschung hielt nicht lange an. Endlich konnte er sich aufs Zuhören beschränken und in Ruhe essen, das machte ihn nachsichtig. Als Rosina erklärte, der Schwarzbärtige im
Bremer Schlüssel
sei ein Grönlandfahrer, ließ er die Gabel sinken.
    «Ein Grönlandfahrer? Seid Ihr sicher?»
    «Ganz sicher. Er saß nur einige Fuß von mir entfernt, ich habe es selbst gehört. Jedenfalls, dass er Harpunier ist. Jakobsen kennt ihn, der hat alles Übrige erzählt. Jetzt hört zu: Dieser Mann ist auf der
Fortuna
gefahren, dem Schiff, von dem das frische Eis in den Keller im Wall gebracht worden ist. Und das haben nicht Hafenarbeiter oder Bedienstete getan, sondern die Seeleute selbst, wer von der Besatzungnoch übrig war. Dazu gehörte auch der Harpunier. Er hat sich den Botenlohn sicher nicht entgehen lassen. Warum macht Ihr ein enttäuschtes Gesicht, Wagner?»
    «Die Rose.» Wieder fiel Wagner etwas siedend heiß ein. «Ihr erinnert Euch gewiss an die Rose aus Fischbein, die ich Euch beim Dragonerstall gezeigt habe. Sie fiel mir aus der Tasche. Sie ist aber aus Walrosszahn, ich habe zwei Schnitzer befragt. Ich muss gestehen», er dachte daran zu hüsteln, doch das half nun auch nicht, «ich war nicht ganz ehrlich. Wie Ihr vorhin sagtet, Rosina, manche Dinge muss ein Weddemeister für sich behalten. Ja, die Rose. Sie war nicht für Madame Wagner, leider, und auch nicht bei einem Straßenhändler gekauft. Ich habe sie in dem Eiskeller gefunden. Genau vor den Füßen des Toten, im Stroh. Ich dachte, wenn ich herausfinde, wer sie gemacht hat, sie hat ja dieses Zeichen, und wenn der Schnitzer weiß, wer sie gekauft hat, finde ich, nun ja, vielleicht den Mörder.»
    «Und nun glaubt Ihr, nicht der, sondern einer der Männer, die das Eis gebracht haben, hat sie dort verloren», schloss Rosina. Wagner nickte freudlos, und sie fuhr fort: «Ihr habt keinen Grund, enttäuscht zu sein. Dieser Grönlandfahrer fährt schon lange zur See, aber», sie machte eine kleine dramatische Pause, wie sie es auf dem Theater gelernt hatte, «aber er ist ein Bauernsohn. Und ratet, wo die Kate seiner Familie steht. Besser gesagt: gestanden hat. Auf Spadenland, dort, wo der Deich durchstochen worden ist. Die Familie hat alles verloren, sagt Jakobsen, sie ist bankrott. Und nun: Wer, glaubt Ihr, saß den ganzen Abend neben ihm?»
    «Wer?», rief Anne. «Nun sag schon.»
    «Ein junger Mann. Ich weiß nicht, wie er heißt, aber – er hatte nur einen Arm. Mit dem anderen war er sehr ungeschickt,als sei er noch nicht gewöhnt, mit einem auszukommen.»
    «Ha!», rief Wagner, «ha!» Triumphierend spießte er ein Stück Schweinebraten auf und ließ es auf seinen Teller fallen. «Von Spadenland. Wie der Bauer beim Chirurgen. Wenn Jakobsen ihn kennt, weiß er auch seinen Namen. Und wo er wohnt. Jakobsen weiß doch alles von seinen Gästen.»
    «Fast», sagte Rosina. «Er weiß nur, dass der Grönlandfahrer Rutger Ermkendorf heißt, den anderen kennt er nicht. Aber ich weiß, wo Ermkendorf jetzt arbeitet.»
    «Doch nicht etwa   …»
    «Doch, Anne, genau dort: im Malthus’schen Garten am Gänsemarkt. Er saß heute in einer großen Fichte und hat die Zapfen geerntet. Manchmal arbeitet er auch in den Baumschulen vor dem Damm- und dem Steintor. Er hat schon als Junge dort ausgeholfen. Ich nehme an, die Kätner in der Marsch können jeden Pfennig brauchen und verdingen sich und ihre Kinder in den Gärten, wenn sie ihre Ernte eingefahren und Hände übrig haben. Er ist etwa in Elias’ Alter, das heißt, sie kennen sich schon lange – falls sich der Sohn eines wohlhabenden Kunst- und Handelsgärtners und ein junger Tagelöhner mehr als wie Herr und Knecht kennen. Solche Freundschaften kommen vor. Wenn sich nun beide zusammengetan hätten?», gab sie zu bedenken. «Oder wenn der Grönlandfahrer seinem alten Freund und neuem Herrn einen Gefallen tun wollte und den Konkurrenten aus der Welt schaffen? Beide hatten wenig Grund, Viktor zu lieben.»
    Anne war mit diesem Resümee ganz und gar nicht einverstanden. Elias habe die fragliche Nacht in seinem Haus verbracht, das sei bezeugt, bei allem Vorbehalt gegen das Wort einer müden Magd. Und dieser Grönlandfahrer mögewohl zornig sein, das sei zu verstehen, wenn man es aber nur ein klein wenig kühl bedenke, trage Viktor weder an dem

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