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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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sonst.»
    «Und ist, wie du richtig sagst, ein Zerberus. Sie wacht eifersüchtig darüber, dass ich Fenna nicht zu nah komme. Ist sie eigentlich endlich zurück? Ich habe sie mit Benni zum Eiskeller geschickt. Es hat ihr nicht gefallen, aber aneinem Tag wie heute und weil Gefrorenes Fennas Lieblingsdessert ist, hat sie nur ganz kurz widersprochen.»
    In der Diele wurden Stimmen laut, eine Tür fiel ins Schloss und schwere Schritte kamen die Treppe herauf.
    «Da hast du deine Antwort», sagte Augusta. Theas harter Schritt war unverkennbar. Ebenso ihre Art, eine Tür zu öffnen: energisch und doch fast geräuschlos. Diesmal jedoch wurde die Tür heftig aufgestoßen, und als Thea in den Salon trat, sprang Anne erschreckt auf. Mamsell Thea, die nie jemand mit einem losen Knopf, einer herabhängenden Haarsträhne oder dem winzigsten Fleck auf ihrem Mieder ertappt hatte, sah aus, als sei sie in eine Rauferei geraten. Ihr gerötetes Gesicht wirkte grimmig wie das eines Pastors bei der Bußtagspredigt, der lange Riss in ihrer Bluse, die beschmutzte, nur halb in ihre Rocktasche gestopfte Haube, die blutige Schramme auf ihrem linken Handrücken, die völlig aus den Fugen geratene Frisur konnten nur Schlimmes bedeuten.
    Und dann? Kein Knicks, kein bescheidener Gruß – die Zofe mit den Manieren einer Hofdame sank einfach auf einen Stuhl und stützte schwer atmend die Fäuste auf die Oberschenkel. Endlich wurde Augustas Rosmarinbranntwein gebraucht. Sie füllte wortlos ein Glas und sah zu, wie Thea es in einem Zug leerte.
    «Danke, Madame Kjellerup», stieß sie hervor, «ergebensten Dank. Es ist empörend. Niemals zuvor bin ich so behandelt worden.»
    Sie sah in die beiden fragenden Gesichter, besann sich darauf, wo sie war, und erhob sich.
    «Nein.» Anne drückte sie auf den Stuhl zurück und setzte sich ihr gegenüber. «Bleibt sitzen, Mamsell, und erzählt, was geschehen ist. Seid Ihr überfallen worden? Und wo ist Benni? Geht es ihm gut?»
    «Der Junge ist in der Küche. Ich habe dem Mädchen gesagt, sie soll ihm heiße Brühe geben. Sonst holt er sich den Tod. Er ist ja spindeldürr.»
    Mit dankbarem Nicken beobachtete sie, wie Augusta das Glas zum zweiten Mal füllte, und leerte auch das, diesmal mit kleinen Schlucken und sichtlichem Behagen. Augusta zwinkerte Anne zu, und beide dachten das gleiche, nämlich dass die eiserne Thea angenehmerweise doch die eine oder andere menschliche Schwäche verbarg.
    «Eure Soldaten, Madame Herrmanns», begann Thea, während sie die Reste ihrer Haube aus der Tasche zog und sich damit die Stirn tupfte, «sind äußerst rüde. Und nachlässig. Die Mine war ohne Wache, und als wir die Treppe zum Eiskeller hinuntergestiegen waren – die Stufen sind gefährlich feucht und rutschig, man sollte umgehend Sand streuen   –, da hat der Pferdejunge die Tür geöffnet, und wir sind in den Keller getreten. Er ist voller Eis. Die Stapel reichen fast bis zur Tür.»
    «Natürlich tun sie das», sagte Anne ungeduldig. Es konnte nur am Branntwein liegen, wenn die wortkarge Thea sich zu so überflüssigen wie ausschweifenden Worten hinreißen ließ. «Er ist ja erst vor wenigen Tagen gefüllt worden. Je mehr Eis darin ist, umso länger bleibt es gefroren. Aber was oder wer, um Himmels willen, hat Euch so zugerichtet?»
    «Soldaten natürlich», rief Thea. «Ich weiß nicht, ob Ihr jemals welchen zu nahe gekommen seid? Ihr solltet das unbedingt vermeiden. Kaum waren wir in dem Keller, als jemand hinter uns die Tür verschloss. Und den Balken vorlegte. Wir waren gefangen, ich und der Junge   …»
    «Ja, in dem Eis. Wie furchtbar, Ihr müsst Euch entsetzlich geängstigt haben.»
    «In der Tat, Madame. Entsetzlich. Zum Glück ging unsereLampe nicht aus. Als sie endlich kamen, uns zu befreien, wir waren schon halb erfroren, sind sie über uns hergefallen, als seien wir Diebe. Ich bin sicher, wir säßen jetzt im Arrest, wenn dieser dicke kleine Mann nicht gewesen wäre, ein Zivilist. Er kannte Euren Pferdejungen und wusste, dass wir das Recht hatten, Eis zu holen. Leider hat es einige Zeit gedauert, bis sie auf ihn hörten. Auf uns, auf den Jungen und mich, haben sie natürlich gar nicht gehört. Einer dieser dummen Männer hat sogar seinen Degen gezogen. Stellt Euch vor, was hätte geschehen können? Dort unten in der Enge auf der Stiege. Sie wollten auch nicht hören, als ich sagte, dass dort etwas im Keller sei, was, nun ja, was dort nicht hingehöre.»
    Thea schwieg und warf schwer ausatmend einen

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