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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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sich mehr für Gemüse interessierte.
    Nun ließ das Areal hinter den hohen Hecken schon die Melancholie des Herbstes ahnen. Auf den von niedrigem Buchsbaum gesäumten Rasenflächen um den Springbrunnen lagen Birken- und Lindenblätter wie gelbe Tupfen auf bemaltem Kattun; das Grün der Stauden zeigte Müdigkeit und etliche der hinteren Beete waren schon leer und für die winterliche Ruhe bereit. Monsieur Elias sei bei den Glashäusern zu finden, hatte die Magd vermutet, zum Glück habe er schon zwei Tage vor dem Sturm angeordnet, die empfindlichsten Gewächse hineinzubringen und die Fenster des Nachts zu schließen. Nun sei zu prüfen, ob alles am rechten Platz stehe und genug Licht und Luft bekomme.
    Als trenne ihn nicht nur eine dichte hohe Hecke von städtischem Trubel und Gewimmel, herrschte im Garten ländliche Ruhe. Wagner sah etliche gebeugte Köpfe und Rücken, auf den Wegen auch Männer und Frauen mit Körben oder Schubkarren, doch falls sie sprachen, geschah es ohne Lärm. Malthus schien ein strenger oder über das Gewöhnliche hinaus empfindlicher Mensch zu sein. Bei den Glashäusern am Ende der in der Mitte verlaufenden Ulmenallee traf Wagner auf zwei junge Frauen und ein Kind, die Treibkästen für Obststecklinge herrichteten. Monsieur Malthus, erklärten sie, sei gewiss im Aufseherhaus nahe dem Bootssteg. Dort stünden auch die Samenschränke, die in diesen Wochen viel Arbeit machten.
    Elias Malthus war allein, als Wagner an die Tür des Fachwerkhäuschens klopfte. Er erkannte den Weddemeister und bat ihn höflich einzutreten.
    «Danke», sagte Wagner auf Malthus’ Frage, «nein, ich möchte keinen Samen kaufen.» Er zog sein feuchtes blaues Tuch aus der Tasche und rieb es nervös über die linke Hand. «Ich habe keinen Garten, leider. Madame Wagner hätte gerne einen, aber – nun ja. Ich habe eine Nachrichtzu überbringen, Monsieur Malthus. Und einige Fragen zu stellen. Wenn Ihr erlaubt.»
    Elias Malthus lächelte. Der zappelige kleine Mann schien ihn zu amüsieren. «Fragen? Ihr macht mich neugierig. Aber zuerst die Nachricht. Wurde wieder in meine Baumschule vor dem Steintor eingebrochen? Seit dort nachts die Hunde frei laufen, hat das niemand mehr gewagt.»
    «Die Hunde, aha. Sehr nützliche Tiere. Bisweilen. Aber nein, von dem Garten vor dem Steintor weiß ich nichts, ich hoffe, er ist unversehrt.» Wagner hörte sich plappern. Er fuhr mit dem Zeigefinger durch die plötzlich enge Halsbinde und fasste sich ein Herz. «Ich habe eine traurige Nachricht, Monsieur. Es geht um Euren Bruder, Oberleutnant Malthus. Viktor, ja. Er ist», Wagner hob bedauernd die Schultern, «er ist gestorben. In der letzten Nacht. Es tut mir sehr Leid.»
    Wagner hatte oft erlebt, wie sich Gesichter bei einer solchen Nachricht veränderten. Das taten sie immer, jedes auf seine Weise. Elias Malthus’ Gesicht veränderte sich nicht. Nur an seiner rechten Schläfe trat eine Ader hervor, fast verdeckt von seinem hellen Haar, und die vor der Brust leicht ineinander gelegten Hände umgriffen sich fester. Ein weniger geübter Beobachter hätte beides übersehen.
    Elias setzte sich steif auf den Stuhl vor dem Kontortisch und wandte sich zur Seite, dem Fenster zu. «Viktor», sagte er. Mehr nicht.
    Wagner spürte die Nässe an seinen Füßen und die aufsteigende Kälte in seinen Beinen. Warum fragte Malthus nicht nach dem Warum und dem Wo, nach dem Wie? Es war viel einfacher, auf Fragen zu antworten, als selbst zu erzählen. Aber Elias fragte nicht, so fuhr Wagner fort: «Euer Bruder wurde heute Morgen gefunden, um halb zehn. Er ist in der Nacht gestorben, wahrscheinlich spät gesternAbend. In einem Keller im Wall, einem ehemaligen Pulverlager, das nun als Eiskeller genutzt wird.»
    «Eiskeller?» Elias fuhr herum und starrte Wagner an. «In
unserem
Eiskeller? In der Mine bei Eberhardus? Was hat er da gemacht?»
    «Wenn Ihr erlaubt?» Wagner war nun wieder in seinem Element, er zog flink einen Schemel heran und setzte sich. «Das ist eine der Fragen, die ich an Euch habe, Monsieur. Ihr sagt, es sei Euer Keller? Ich dachte, er ist an Monsieur Herrmanns vermietet.»
    «An Herrmanns und an mich. Wir teilen den Keller, für eine Familie ist er zu groß. Was hat Viktor dort gemacht? Wollte er Eis holen? Wozu? Das ist Aufgabe des Hausknechtes.»
    «Ich hoffte, das könntet Ihr mir sagen. Auch was er an diesem Abend für Pläne hatte, vor allem: mit wem? Euer Bruder, Monsieur, ist nicht einfach so gestorben. Jemand hat ihn in den Keller

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