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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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drei, hatte er ausrichten lassen, zu früh kommen war ebenso unpassend wie zu spät. Er blinzelte gegen das Sonnenlicht zur Wache an der anderen Seite des weiten Platzes hinüber. Unter dem von Säulen getragenen Vordach standen zwei Soldaten, zwei weitere marschierten gemächlich vor dem Gebäude auf und ab. Er wusste, wie wichtig diese Männer für Ruhe, Ordnung und das Gefühl der Sicherheit waren, gleichwohl empfand er ihren Anblick oft als bedrückend. Wenn sie paradierten oder im Gleichschritt an ihm vorbeizogen, das Gewehr geschultert, den Blick starr nach vorn, keiner kleiner als sechs Fuß, wie es Vorschrift war, erinnerten sie ihn an Zinnsoldaten. Oder an die Menschen nachgebildeten kleinen Maschinen, wie sie der Uhrmacher Godard in der Großen Johannisstraße neuerdings baute.
    Er reckte seinen Hals, machte Rücken und Schultern gerade und marschierte mit festem Schritt quer über den Platz zur Hauptwache der Garnison. Dann kam er eben zu früh oder zu spät.
    Die tägliche Wachparade mit mehr als vierhundert Soldaten war gerade vorüber, immer noch drängte sich viel Volk auf dem Platz. Früher waren es noch mehr gewesen. Bis vor wenigen Jahren das Pflaster gelegt worden war, war keine Parade vergangen, ohne dass Soldaten, sogar Offiziere, auf dem unebenen Grund strauchelten und im Drecklandeten. Von ordentlichem Marschieren hatte keine Rede sein können, und dieses Theater, ganz ohne Eintrittsbillett, hatte stets ein begeistertes Publikum gehabt. Nun konnte mit Würde marschiert, salutiert und das Gewehr präsentiert werden, und das Vergnügen der Zuschauer war nur noch halb so groß.
    Die Hauptwache war ein freistehendes Gebäude von beachtlicher Größe, direkt unter dem tief herabgezogenen Dach befanden sich Zellen für die Gefangenen, ihr gemeinsamer Giebel thronte im Dach wie ein Pavillon. Es sah hübsch aus, allerdings nur von außen.
    «Seid Ihr der Weddemeister?» Ein Major sah von der Höhe seiner sechseinhalb Fuß auf Wagner hinab und salutierte nachlässig. «Der Kommandant lässt sich entschuldigen», fuhr er, ohne eine Antwort abzuwarten, fort, «er ist ins Rathaus gerufen worden, Ihr müsst mit mir vorlieb nehmen. Breinhardt», stellte er sich vor, «Major der Infanterie. Wenn ich bitten darf.»
    Wagner war nicht zum ersten Mal in der Hauptwache, den Raum, in den er nun geführt wurde, hatte er jedoch noch nie betreten. Während alle übrigen Räume der Wache einzig ihrem Zweck entsprechend ausgestattet waren, nämlich für den Aufenthalt von etwa drei Dutzend Soldaten, für Verhöre und den vorübergehenden Gewahrsam von Übeltätern, betrat er nun eine ‹gute Stube›, die an die Rauchzimmer in reichen Häusern erinnerte. Einzig die fünf Gewehre in einem Ständer nahe der Tür verwiesen auf das Militär. Auch die beiden Kupferstiche in schweren goldenen Rahmen an der Wand gegenüber waren in den Häusern der Hanseaten, die stolz darauf waren, seit Jahrhunderten keinem Fürsten zu dienen, selten zu sehen. Das linke Bild zeigte eine Ansicht von Wien, das rechte Kaiserin Maria Theresia und den seligen Kaiser Franz.
    Major Breinhardt war eine beeindruckende Erscheinung. Auf seinem roten Rock mit den blauen Stulpen und den goldenen Knöpfen lag kein Stäubchen, die engen weißen Hosen und kniehohen Gamaschen zeigten keinen noch so winzigen Fleck, die blanken schwarzen Schuhe, die weiße Perücke mit dem akkuraten langen Zopf, der Degen an seiner Seite – alles an dem makellosen Mann gab Wagner das Gefühl, er sei schmutzig und ungepflegt wie ein Bettler.
    «Bitte.» Breinhardt legte seinen Dreispitz auf den mächtigen Tisch aus dunklem Holz und wies auf einen der Stühle, zupfte seine Handschuhe aus weißem Ziegenleder von den Fingern und setzte sich Wagner mit geradem Rücken gegenüber.
    «Ihr werdet verstehen», begann er gleich und legte die gefalteten Hände auf den Tisch, «dass wir selbst unsere Erkundigungen über den unerhörten Tod von Oberleutnant Malthus einziehen. Gleichwohl habe ich Anweisung, auf alle Eure Fragen zu antworten. Ich kannte ihn gut, wir haben zusammen in Wien gedient, wie unser Stadtkommandant. Wir alle, Offiziere, Unteroffiziere und Gemeine, sind ein bunter, weit gereister Haufen, viele von uns haben anderen Obrigkeiten gedient, bevor wir hierher kamen, ob in Neapel, Holland, Westfalen, Dänemark, Schweden oder Russland, der Republik Venedig, Preußen oder eben in kaiserlichen Diensten in Wien. Das ist in unserem Metier das Gewöhnliche und beeinträchtigt

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