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Der Tote im Grandhotel

Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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einfach an, ja, Moritz?«
    »Ist gut, Herr Kommissar.«
    Der Portier, Zimmermädchen, Kellner, Chef de Salle – nichts
    Neues. Zum Kotzen, Herr Major. Einen winzigen Lichtschimmer
    gab es: Der Tote hatte Zigaretten in der Tasche gehabt, Lucky Strike von der Sorte, die im Osten nachgemacht und eingeschmuggelt
    wurden.
    Wedel tippte auf ehemaliger Angehöriger der russischen Streitkräf-te, abgehauen oder legal abgesetzt. Hielt sich hier mit illegalen Tä-
    tigkeiten über Wasser. Es war jedoch unwahrscheinlich, daß man
    von den Russen eine brauchbare Auskunft bekommen würde. Die
    waren in ihrem System zu lange zu Geheimhaltung gebimst wor-
    den, das steckte ihnen in den Knochen. Aber man mußte es ver-
    suchen.
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    Wedel nahm sich noch einmal den Mann von der Rezeption vor.
    »Herr Schneyder, Sie haben also Herrn Hugendübel gesehen an
    dem Morgen, als später der Ermordete gefunden wurde. Gegen
    neun, sagten Sie?«
    »Gegen neun. Er ging durch die Halle und schaute in meine
    Richtung. Ich wollte grüßen, aber da guckte er schon wieder weg.
    Er stieg in den Lift.«
    »Wissen Sie das genau?«
    »Ja.«
    »Und warum sind Sie nicht gleich freiwillig mit Ihrer Beobach-
    tung gekommen?«
    »Na, mir war nicht ganz wohl dabei. Ich wollte nicht reingezogen werden. Dachte auch nicht, daß es wichtig wäre.«
    »Ist Hugendübel wieder runtergekommen?«
    »Ich habe ihn nicht gesehen.«
    »Wie lange hatten Sie Dienst?«
    »Bis sechzehn Uhr.«
    »Und der Tote … der müßte Ihnen oder einem Ihrer Kollegen
    doch aufgefallen sein. Sah mit seinen Klamotten doch bestimmt
    nicht aus wie ein Gast vom Grandhotel.«
    »Ach, wissen Sie, Herr Kommissar, hier sind schon Leute in der
    teuersten Suite abgestiegen, die hätte man glatt für Schnorrer halten können. Besonders Amis. So Multimillionäre. Denen möchte man
    'ne Mark schenken. Knausrige Gesellen, aber stinkreich. Aber Sie werden meine Kollegen ja noch extra befragen …«
    »Na schön. Wenn Ihnen was einfällt, Herr Schneyder … und ge-
    ben Sie bitte Anschrift und private Telefonnummer meinem Mit-
    arbeiter. Keine Sorge, bleibt unter uns. Wiedersehen.«
    Alle, die Hugendübels gesehen hatten, wurden ins Kommissariat
    bestellt. Nach ihren Angaben wurden mit Hilfe eines Computers
    Zeichnungen erstellt, die von Zeitungen und Fernsehen veröffent-licht wurden. »Wer kennt diesen Mann? Wer kennt diese Frau? Wer 36
    hat sie kürzlich gesehen?«
    Aber es war wie leider so oft. Die Erinnerungen der Leute gingen weit auseinander. Nicht einmal über die Haarfarben hatten sie sich verständigen können. Das Zimmermädchen bestand bei ihm auf
    griechisches Profil, Stirn und Nase ohne Einbuchtung ineinander übergehend, sie habe Zeichenunterricht an der Volkshochschule
    und einen Blick für so etwas.
    Die Frau auf der Zeichnung hatte eine Stupsnase. Aber traf das
    zu? Es meldeten sich Leute, die behaupteten, die Gesuchten er-
    kannt zu haben, und die sich nach der Höhe der Belohnung erkun-
    digten. Alles Tinnef. Nichts dahinter. Wedels Stimmung war mise-rabel, aber das spielte im Grunde keine Rolle. Er war ein Kämpfer.
    Er gab nicht so leicht auf. Ein bißchen Zuspruch von seiner Frau hätte ihm gut getan, doch sie hatte es als Krankenschwester auch nicht gerade leicht und interessierte sich ohnehin nicht für seine Fälle. Sie sah gern Serien mit Herz und Schmerz im Fernsehen. Niemals Krimis.
    Familie Hornung hatte sich vor dem Fernseher versammelt, um
    sich Scorseses wundervollen Taxi Driver anzusehen, sogar Angela war deshalb ausnahmsweise dabei. In den Nachrichten vorher wurden die Zeichnungen eingeblendet. Richard erschrak bis ins Herz hinein. Er und Britta! Lieber Himmel! Er fand sich deutlich getroffen. Auch Britta war gut zu erkennen. Gleich würde sein Leben zusammenbrechen, Glück und Erfolg – vom Winde verweht.
    Angela rief: »Du bist erkannt, Papa, leugne nicht! Dieses markan-te Profil hat nur einer, und auch en face bist du es, gib's zu. Aber wer ist die Alte neben dir?«
    Er lachte. »Sehr schmeichelhaft getroffen, vor allem die Haar-
    pracht, findest du nicht? Die Dame ist mir allerdings unbekannt.«
    Er sah aus den Augenwinkeln zu Lucie hin. Sie verzog keine Mie-
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    ne. Wahrscheinlich fand sie Angelas Bemerkungen ziemlich kin-
    disch. Aber dann sagte sie:
    »Es ist nicht komisch. Wenn ich bedenke, daß es sich beim
    Grandhotel in Berlin sicher um einen 5-Sterne-Schuppen handelt.
    Da steigt man harmlos ab, und …«
    »Und am nächsten Morgen wachst du auf und bist

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