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Der Tote im Grandhotel

Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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tot.«
    In Angelas Alter war der Tod etwas völlig Abstraktes. Sie mochte schwarze Witze und Songs mit Weltuntergangstexten und T-Shirts
    mit schmutzigen Slogans.
    Es war die Naivität der Unverwundbaren.
    Richard fröstelte. Wer auch immer der Tote gewesen sein mochte, durch diesen Mord war er in seine Nähe gerückt. Der ›Hugendübel‹ auf der Zeichnung stellte zum Glück einen Allerweltstyp dar
    – oder vielleicht war er selber ja einer? So sahen schließlich viele aus. Es war nur der erste Schreck gewesen, der ihm die Ähnlichkeit vorgegaukelt hatte. Nicht einmal Frau und Tochter brachten ihn
    ernsthaft damit in Verbindung. Später, als der Film für Werbespots unterbrochen wurde, sagte Lucie: »Hast du nicht vor kurzem auch im Grandhotel gewohnt?«
    »Ich wollte, aber dann bin ich wieder ins Kempinski gezogen.
    Nicht so groß, irgendwie persönlicher. Denkst du noch über diese Mordgeschichte nach?«
    »Wahrscheinlich hat der angebliche Ehemann den Fremden mit
    Hilfe seiner Komplizin hingelockt, hat ihn umgebracht, beide sind getürmt.«
    »Und das Motiv?«
    »Vielleicht ein Berufskiller, der das im Auftrag eines eifersüchtigen Ehemannes tat?«
    Angela lachte.
    »Oder so ein Irrer wie Robert De Niro hier als Taxi Driver? Du
    solltest mal einen Krimi schreiben, Mami. Bei Hornungs fehlt das schöpferisch-musische Element. Papa ist fürs Geld zuständig, ich 38
    bin die Schönheit in der Familie…«
    »Mach du mal dein Abitur, heirate meinetwegen einen Popstar
    oder einen Bestseller-Autor und überlasse deiner Mutter weiterhin die Schönheit«, scherzte Richard. Nur jetzt nicht nervös wirken.
    »Papa! Solche Retourkutschen von einem steckbrieflich Gesuch-
    ten?«
    »Angela, bitte!« Das war Lucies Es-wird-kein-Widerspruch-gedul-
    det-Tonfall.
    Gina schwänzelte herein und stellte Kekse hin. Ihr schwarzes
    Stretchkleid, ein Schlauch mit Ärmeln, spannte bei jedem Schritt und betonte den Po. Sie sagte:
    »Ich glaube, ich kenne den Typ, der den Kerl im Hotel ermordet
    hat, diesen Hugin … Hugen … na, so ähnlich.«
    Richard Herzschlag stockte und setzte mit einem wilden Tremolo
    wieder ein.
    »Verschonen Sie uns, Gina«, sagte Lucie, die es überhaupt nicht schätzte, wenn sich das Personal ins Gespräch einmischte.
    Aber Angela war neugierig.
    »Wer soll's denn sein? Kennen wir ihn?«
    »Na, der Typ auf dem Bild im Fernsehen sieht jedenfalls genau
    aus wie der eine von der Mohrenapotheke, bißchen dünner viel-
    leicht.«
    Richard traten vor Erleichterung Tränen in die Augen. Er war
    froh, daß Angela sich eine Zigarette anzündete. Er wedelte mit der Hand den Rauch vor seinem Gesicht fort, um die tränenden Augen
    zu rechtfertigen. Lucie warf ihrer Tochter einen vorwurfsvollen Blick zu, orderte aber bei Gina einen Aschenbecher.
    Die Stimmung wurde immer etwas gereizt, wenn Angela rauchte.
    Richard hatte früher exzessiv geraucht, jetzt mußte man sich vor-sehen. Jugend berechtigte zur Maßlosigkeit. Alter zwang zur Mäßigung. Schade. Nun, nicht auf allen Gebieten. Beim Gedanken an
    Britta hätte er beinahe geschmunzelt. Wechselbad der Gefühle. Hät-39
    te ich verzichtet, wenn ich die Folgen gekannt hätte? Ja. Natürlich.
    Unbedingt.
    Lucie unterbrach seine Gedanken: »Hast du nächste Woche wie-
    der in Leipzig zu tun, Richard? Ich habe überlegt, ob ich nicht mit-kommen sollte. Ich würde mir in Ruhe die Stadt ansehen und vielleicht ins Konzert gehen. Was meinst du dazu?«
    Richard war plötzlich glücklich. Er fühlte sich erlöst. Ja, er würde mit seiner Frau nach Leipzig fahren, obwohl er das eigentlich nicht geplant hatte, und die Geschichte mit Bribri vergessen. Ein für allemal. Letztlich hatte sie ihm alles eingebrockt.
    »Sehr gute Idee. Am nächsten Donnerstag muß ich im Werk mal
    wieder nach dem Rechten sehen. Das wußten sie im Ostblock im-
    mer schon: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Und ich biete mich hiermit auch zugleich als aufmerksamer und attraktiver Begleiter für das Konzert an. Was meinst du?«
    »Sehr gut. Kann deine Sekretärin sich um Karten kümmern?«
    »Wir werden uns etwas Schönes besorgen lassen, okay?«
    »Sag nicht immer okay, Richard.«
    »Siehste, Paps, Mami ist die geborene Erzieherin. Ihr werdet das eleganteste Paar dort sein.«
    »Ist das nun Ironie oder töchterliche Voreingenommenheit?«
    »Wird nicht verraten. Gerade die sphinxhafte Note ist ja eine meiner faszinierendsten Vorzüge.«
    Lucie lächelte. »Wirrkopf.«
    Später saß Richard in der

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