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Der Tote im Grandhotel

Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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aufgeregt.«
    Der Schöne erhob sich.
    »Dann solltest du in aller Ruhe nachdenken. Das geht vielleicht im Dunkeln wirklich besser, nicht wahr? Ich komme wieder.«
    Er schob den Stuhl zurück, schritt zur Tür, machte das Licht aus und ging. Sie hörte, wie er den Riegel vorschob. Sie war sicher, daß ihre letzte Galgenfrist begonnen hatte und versuchte, alle Kraft zu-sammenzunehmen. Ihr fiel der dumme Spruch ein: Du hast keine
    Chance, aber nutze sie!
    »Hilf mir!« rief sie laut. Es mußte etwas geben, eine Kraft, die ihr beistehen würde. »Hilf mir, bitte, bitte, hilf mir doch!«
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    3. Kapitel
    edel tappte im Dunkeln. Mordfälle in Hotels waren ohnehin
    Wheikel genug, weil die Manager die Hände rangen und einen
    anflehten, die Sache um Himmels willen diskret zu behandeln. An-derenfalls könnten sie für sich schon die Kugel ins Magazin schie-ben. Nach dem anfänglichen Interesse, der Publicity durch Zei-
    tungsberichte und Fernsehnachrichten, sei Totentanz angesagt.
    ›Mordhotels‹ würden gemieden wie die Pest. Und das nicht nur
    von zimperlichen Weibern.
    In diesem Falle, mit dieser besonders scheußlichen Leiche, gab es bestimmt einen solchen Effekt. Bernd Wedel betrachtete die Stelle, wo der Tote gelegen hatte. Gut, daß er schon abtransportiert worden war. Den würde nicht einmal seine Mutter wiedererkennen,
    wenn einst die Trompeten von Jericho zur Auferstehung bliesen.
    Wedel hatte sich nie wirklich an den Anblick verstümmelter Lei-
    chen gewöhnen können. Besonders sein Magen lehnte sich hart-
    näckig dagegen auf.
    Wie war die Lage? Ein Pärchen war im Grandhotel abgestiegen.
    Hatte sich als ›Paul und Britta Hugendübel‹ eingetragen. Keine weiteren Hinweise. Wahrscheinlich ein illegales Pärchen, ein Fantasie-name. Vielleicht aber auch nicht. Es gab keine verbindlichen Kri-terien in Mordfällen.
    Er war abgereist. Sie war geblieben. Es hatte zwei Anrufe für sie gegeben, einen spät am Abend der Mordnacht, den zweiten am
    Morgen danach. Der erste war durchgestellt worden. Beim zweiten hatte sich niemand in 316 gemeldet. Der Angestellte hinter dem
    Tresen meinte den Herrn Hugendübel wenig später gesehen zu ha-
    ben, wie er die Hotelhalle durchquerte und zum Fahrstuhl ging.
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    Aber ganz sicher war er sich nicht.
    Großer Mist: Der Tote ohne Gesicht war nicht der Hugendübel.
    Das sagten die Hotelbediensteten jedenfalls einstimmig aus. Er hät-te eine ganz andere Statur gehabt. Kleiner und stämmiger. Auch
    sein Outfit sei völlig anders gewesen. Eindeutig elegant, sportlich elegant. Der Tote sehe ja auch wie ›Knaaks Monatsgarderobe‹, nee, niemals. Und die junge Frau … jetzt wird mir schlecht … ach Gott, ach Gott.
    Wedel wußte, was man von Zeugenaussagen zu halten hatte. Gar
    nichts. Bis auf einzelne Glücksfälle, bei denen mit einem präzisen Wahrnehmungsvermögen begabte Personen selbst Kleinigkeiten
    registriert hatten.
    Aber Bernd Wedel hatte nicht soviel Glück. War kein Glücks-
    kind. Würde auch nie in die lichten Höhen eines Direktorenpos-
    tens oder so aufsteigen. Na, wenn schon.
    Die Frau war weg. Spurlos verschwunden. Ihre Kleider hingen im
    Schrank, die Schuhe standen unten, von High Heels bis Sportlat-
    schen. In einer Schublade lagen erstklassige Dessous. Im Bad waren verschwenderisch Cremetiegel und Parfümflaschen aufgestellt. Auf dem Nachttisch lag Modeschmuck. Und dann waren da auch Ge-päckstücke, nachempfundenes Vuitton-Design.
    Eine Luxuslady mit kleinen Fehlern also. Portiers ordneten, wie Wedel wußte, Gäste sofort nach der Qualität ihres Gepäcks ein.
    Tcha, das wußten viele Neureiche und Gernegroße nicht.
    Die dachten, der dicke Schlitten draußen und das reiche Trink-
    geld würden's bringen. Doch sie waren längst taxiert und zu billig befunden. Ab ins Stockwerk für die zweite Garnitur! Diese Lady
    hier, offenbar ein schnuckliger Käfer, nach der Kleidung zu urteilen, war also weg. Und nun kam die Kardinalfrage: die nach dem
    Motiv.
    Sie könnte es einerseits gewesen sein. Vielleicht wollte der Tote sie erpressen, mit etwas, das ihr Hugendübel nicht wissen durfte?
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    Aber nein, sie schied beinahe zuverlässig aus.
    Wenn Frauen überhaupt schossen, machten sie nicht derartig
    Hackfleisch aus ihrem Opfer. Das war keine zierliche Waffe gewesen, sondern der Ballermann eines Profis. Mit Sprengwirkung. Zu laut? Nun, es war in Hotels an vielen Stellen laut, da wurde gehämmert, Staub gesaugt, Lautsprechermusik voll aufgedröhnt, Gäste
    lärmten auf

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