Der Tote im Kofferraum
hierbleiben muß?«
»Nur, wenn es Ihre Pläne nicht stört«, erwiderte der Sergeant und hatte Mühe, ernst zu bleiben.
Jetzt war Augusta fest entschlossen zu bleiben. Ihr Arzt hatte ihr geraten: »Versuchen Sie vierzehn Tage lang die Bäder, vielleicht helfen sie Ihnen.« Und Augusta war abgereist und hatte den Ihren verkündet, daß sie in dieser Zeit ohne sie auskommen müßten. Aber sie wollte den Sergeanten auch weiterhin in dem Glauben lassen, daß sie verärgert und noch immer beleidigt war.
»Meine Pläne scheinen in Ihren Augen nur von geringer Bedeutung zu sein«, erwiderte sie schnippisch. »Ich werde bleiben. Aber ich warne Sie: Meine Leser würden es sehr übelnehmen, wenn Augusta Wharton mit einem gemeinen Verbrechen in Verbindung gebracht würde.«
Sie gab Miss Pink, die vor Aufregung fast ihre graue Tasche verloren hätte, einen gebieterischen Wink, und dann verließ Augusta Wharton hocherhobenen Hauptes die Polizeiwache.
»Uff«, stöhnte Cave und schmunzelte den jungen Konstabler ermunternd an. »Was für eine Frau! Haben Sie je von ihr gehört, Bert?«
Bert Mills, der nach dieser Niederlage recht verstört wirkte, fühlte sich durch die freundlichen Worte des Sergeanten ermutigt und antwortete: »Neulich sah ich Marilyn James mit einem ihrer Bücher, und ich beschimpfte sie, wie sie ein Buch mit einem so scheußlichen Umschlag lesen könnte. Was meinen Sie wohl, was mir die Dame erzählt hat! Es tut mir leid, Sir, daß ich das alles angezettelt habe.«
»Das macht nichts«, sagte Cave freundlich, um Bert wieder aufzurichten. »Schließlich war es Ihre Pflicht, mir zu melden, was Sie gehört hatten. Und es ist nicht Ihre Schuld, daß sie sich so aufgeführt hat.«
Draußen auf der Straße redete Minnie Pink sanft auf ihre Arbeitgeberin ein. Wenn sie auch wie ein Kaninchen aussah, so war sie doch keineswegs dumm. Vor allem kannte sie Augusta gut genug, um zu wissen, wie sehr sie in Wirklichkeit die Publicity liebte, die sie angeblich verachtete. »Scheußlich, scheußlich«, heuchelte Minnie. »Denken Sie nur an die Reporter, an die Schlagzeilen in den Zeitungen. Man wird Sie förmlich belagern. Berühmte Autorin in Mordfall verwickelt! Das wird schwer durchzustehen sein, wenn Sie publicity-scheu sind.«
Augusta überlegte einen Augenblick. Publicity steigerte enorm den Verkauf. Sie stellte sich vor, wie ihre Auflagen in die Höhe schnellen würden. Sie sah sehr nachdenklich aus, als sie sagte: »Diese Art von Berühmtheit ist geschmacklos. Davor muß ich mich um jeden Preis schützen. Mein guter Name darf nicht leiden. Ich werde jemanden finden müssen, der meine Sache vertritt. Einen Beschützer, aber wen?«
Minnie wußte nur zu gut, daß der arme kleine Mr. Wharton für diese Rolle völlig ungeeignet war. »Aber da ist doch noch Ihr Schwiegersohn, Mr. Middleton, der bereits durch jene anderen Fälle so bekanntgeworden ist. Natürlich auch wegen seines berühmten Pferdes, Knight-at-Arms«, schlug sie arglistig, wenn auch in gedämpftem Ton vor.
»Reden Sie keinen Unsinn, Minnie. Sie wissen, daß ich Ihr Interesse für Pferderennen nicht schätze. Das schickt sich nicht für eine Dame. Jim? Ja, Sie haben recht, da gibt es noch Jim, und er ist sehr bekannt.«
Augusta blieb vor der Hoteltür stehen und dachte angestrengt nach. Jim konnte von Nutzen sein. Er würde mit den Reportern fertigwerden, und außerdem war er prominent. Das wäre ein Leckerbissen für die Presse: eine berühmte Schriftstellerin und ein — beträchtlich weniger bedeutender — Rennpferdbesitzer.
Miss Pink, die hinter Augusta stand, wagte ein schüchternes Lächeln. Es war ihr Wunschtraum, Jim Middleton persönlich zu begegnen. Wer hätte sie besser bei ihren kleinen Wetten, die sie als »Geldanlage« bezeichnete, beraten können? Aber während der letzten zwei Monate, in denen sie Mrs. Whartons Sekretärin war, schien Jim ein Zusammentreffen mit seiner großartigen Schwiegermutter vermieden zu haben. Minnie dachte sehnsüchtig an jenen aufsehenerregenden Sieg von Knight-at-Arms vor einem Monat. Nicht daß man etwa jetzt auf ihn setzen sollte, aber Jim würde auch über alle anderen Pferde Bescheid wissen.
»Er wäre sicher sehr aufgebracht über Ihre Lage«, murmelte sie.
Jetzt allerdings übertrieb Minnie. Schließlich war Augusta nicht dumm, mochte sie noch so egozentrisch sein, und ihre Lage war auch nicht so hoffnungslos. »Sie übertreiben, Minnie. Vor dieser Gewohnheit sollte man sich hüten. Aber egal,
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