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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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mit dem Bruder, sollten wir nicht bei dem ansetzen?« sagte Sammy Nilsson, der bislang geschwiegen hatte. Es saß ganz außen am hinteren Ende des Tisches.
    Ottosson trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
    »Er ist ein krummer Hund«, sagte er. »Ein richtig krummer Hund.«
    In Ottossons Welt gab es neben »anständigen Menschen« auch »krumme Hunde«. Die Bezeichnung hatte etwas von ihrer Kraft verloren, da allzu viele krumme Hunde durch die Stadt streunten. Viele von ihnen in Rudeln, wie Sammy Nilsson immer wieder betonte, wenn er über seine Arbeit gegen Gewalt auf den Straßen sprach.
    »Ann und ich haben zuletzt mit ihm zu tun gehabt«, sagte Sammy. »Ich hätte nichts dagegen, diese Dogge an die Leine zu nehmen.«
    Schluß mit solchen Bildern, dachte Haver.
    »Wir vernehmen ihn. Es klingt vernünftig, daß du die erste Runde übernimmst«, sagte er und nickte Sammy Nilsson zu.
     
    Die Versammlung löste sich nach einer weiteren Viertelstunde des Spekulierens und Planens auf. Liselotte Rask blieb mit Ottosson und Haver zurück, damit sie diskutieren konnten, welche Informationen an die Medien weitergegeben werden sollten.
    Sammy Nilsson dachte an Lennart Jonsson und versuchte sich zu erinnern, wie er und Ann Lindell mit ihm zurechtgekommen waren. Es war wohl vor allem Ann gelungen, einen gewissen Kontakt zum Bruder des kleinen John aufzubauen. Lennart Jonsson war ein Profi. Er ließ sich nicht einschüchtern oder dazu verleiten, zuviel auszuplaudern. Er rückte gerade mal mit so viel Information heraus, wie unbedingt nötig war, gab sich entgegenkommend, wenn es ihm nützte, und verschlossen wie eine Muschel, wenn dies seiner Sache diente.
    Sammy Nilsson beschloß, auf der Stelle zu Lennart zu fahren. Er überlegte, ob er Lindell anrufen und sich mit ihr beratschlagen sollte, ließ es aber sein. Sie hatte frei.
    Er war froh, das Haus verlassen zu können. Nach den letzten Schlägereien in der Stadt hatte er in seinem Büro viel Zeit mit der Niederschrift von Verhören zubringen müssen, hinzugekommen waren Telefonate mit allen möglichen Behörden und Schulleitern. Der Anblick jugendlicher Straftäter gehörte zum Deprimierendsten, was Sammy sich vorstellen konnte, denn eigentlich mochte er junge Menschen. An zwei Abenden in der Woche trainierte er ehrenamtlich eine Gruppe von Jungen, Jahrgang ’90. Er wußte, wie nett sie trotz ihrer großen Klappe sein konnten.
    Wenn wir genug Zeit hätten, dachte und sagte er oft, würden wir auch mit diesen Jungen zurechtkommen. Es fehlte ihnen an der Zeit und an den nötigen Geldern. Sammy Nilsson war durch seine Arbeit nicht zynisch geworden, wie er das bei einer Reihe von Kollegen registriert hatte. Er verteidigte beharrlich die Jungs aus den Gangs und trat für ihre Chance auf ein Leben ohne Kriminalität und Drogen ein. Aber für diese Unterstützung bezahlte er einen hohen Preis, und er fragte sich manchmal, wie lange er noch die Kraft zum Durchhalten haben würde. Im vergangenen Jahr war es ihm immer schwerer gefallen, an seiner im Grunde positiven Einstellung festzuhalten.
    Außerdem war es komplizierter geworden, mit den Kollegen darüber zu diskutieren. Allzu oft beließen sie es bei ein paar müden Kommentaren, so als hätten die Arbeitskameraden seine Litaneien über die Bedeutung guter Wohnverhältnisse und Schulen allmählich satt. Das waren doch alles Binsenweisheiten, schienen sie zu denken; wer hatte schon die Zeit, als Freund und Helfer durch Stadtteile wie Stenhagen und Gottsunda zu radeln und den guten Kumpel zu geben?
    Wenn Sammy mit Schulleitern, Kuratoren, Vorschullehrern und Sozialarbeitern sprach, verbreiteten sie die gleiche Resignation. Tagtäglich mußten sie in der Zeitung von Kürzungen in der »Pflege, Schule und Sozialfürsorge« lesen.
    Sammy Nilsson und seine Kollegen hatten sich dann der traurigen Folgen anzunehmen.
     
    Lennart Jonsson wurde davon geweckt, daß jemand an die Tür klopfte. Die Klingel funktionierte seit einem halben Jahr nicht mehr. Er wußte sofort, was los war. Tatsächlich war er erstaunt, daß es so lange gedauert hatte, bis die Polizei bei ihm auftauchte.
    Er öffnete, verschwand jedoch augenblicklich wieder in der Wohnung.
    »Ich geh nur pissen«, rief er.
    Sammy Nilsson trat ein. Die Luft roch verbraucht. Er blieb im Flur stehen. Neben einem Spiegel hingen drei gerahmte Drucke von Carl Larsson. Sammy vermutete, daß es nicht Lennart gewesen war, der sie dort aufgehängt hatte. Zwei Jacken hingen auf

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