Der Tote im Schnee
benutzte, ein positives Urteil, das nicht nur ein gesetzestreues Leben umfaßte.
Haver schaute Bea an, die Johns Mutter besucht hatte, um ihre Reaktion zu sehen, aber sie hielt den Kopf gesenkt.
»Ich weiß, daß sie versuchten, ihren Jungen den richtigen Weg zu weisen, aber es war, als stünde das nicht in ihrer Macht. Wir wissen so wenig darüber, was den Lebensweg eines Menschen bestimmt«, sagte Ottosson nachdenklich.
Angesichts dieses Ausbruchs philosophischer Spekulationen hob Bea den Kopf.
Ottosson schaute sich verlegen in der Runde um, so als wäre es unbedacht gewesen, zu dieser frühen Morgenstunde über so etwas zu diskutieren, und ließ das Thema zu Havers Erleichterung fallen.
»Ola«, sagte er in einem anderen Tonfall und mit festerer Stimme, »fasse zusammen, was geschehen ist!«
Haver richtete einleitend Grüße von Ann Lindell aus. Das war ein Fehler, wie er sofort erkannte, und er versuchte den Schaden wiedergutzumachen, indem er schnell die Eckpunkte für den Mord am kleinen John skizzierte. Er legte das Fundament, anschließend mußten die Kollegen darauf aufbauen, die Spurensicherung hatte ihren Bericht abzuliefern, Verhöre waren zusammenzufassen. War bei den Ermittlungen schon etwas herausgekommen? Was hatte die Obduktion ergeben?
Haver ging systematisch die Liste mit den Punkten durch, die er am frühen Morgen in seinem Block notiert hatte. Niemand unterbrach ihn in seinem Vortrag, und als er schloß, hatte sich eine ungewöhnliche Stille über die versammelten Beamten gelegt.
Habe ich was vergessen, dachte Haver und konsultierte seinen Block.
»Ausgezeichnet«, sagte Ottosson und lächelte. »Ryde!«
Der Kriminaltechniker trug seine Ergebnisse mit morgendlich schleppender Stimme vor. Die Schneekippe in Libro war ein Ort, an dem man vieles finden konnte, auch wenn die lange Liste registrierter Gegenstände selbstverständlich Dinge einschloß, die nichts mit einem Mord zu tun hatten.
In den Schneemassen, die zur Kippe gefahren wurden, gab es außer Schnee jede Menge Müll von den Straßen der Stadt: Zigarettenschachteln, Spielsachen, Gummireifen, Baustellenkegel, das Reklameschild einer Konditorei, zwei Plastikbälle, ein totes Katzenjunges, drei Eiskratzer und eine Menge anderer Dinge. Der seltsamste Fund war ein ausgestopfter Vogel gewesen, laut Hugosson, einem Kriminaltechniker, der in seiner Freizeit Vögel beobachtete, handelte es sich um eine Silbermöwe.
Zwei Fundsachen waren interessanter: Ein Seilende aus grünem Nylon, acht Millimeter stark, und ein Arbeitshandschuh mit Blutspuren. Das Ergebnis der Blutanalyse lag noch nicht vor. Möglicherweise war es Johns Blut, aber der Handschuh konnte genausogut von einem der vielen Lastwagen stammen, die die Kippe frequentierten. Ryde spekulierte, daß ein Fahrer sich verletzt haben könnte und den Handschuh entweder weggeworfen oder schlichtweg verloren hatte. Es handelte sich um einen gefütterten Winterhandschuh der Marke »Windsor Elite«.
Das Seilende, knapp fünfzig Zentimeter lang, konnte dagegen direkt mit dem kleinen John in Verbindung gebracht werden. Das Muster des Seils stimmte mit den Druckstellen an den Handgelenken überein, darüber hinaus waren mehrere Härchen Johns in den Fasern hängengeblieben. Das Seil, eins von denen, die wohl an jeder Tankstelle und in jedem Warenhaus zu kaufen waren, hatte man in drei Meter Entfernung vom Körper gefunden.
Zahlreiche Reifenspuren waren geprüft worden. Die meisten stammten von schweren Fahrzeugen mit breiten Reifen. Lastwagen, lautete Rydes nicht sonderlich präzise Vermutung. Außerdem Abdrücke einer Planierraupe, wahrscheinlich die der Cat, die von der Stadtverwaltung angemietet worden war, um den Schnee zusammenzuschieben.
Von größerem Interesse waren die Spuren eines PKWs, auf die man ganz in der Nähe von John gestoßen war. Das Reifenmuster war undeutlich gewesen, und der anhaltende Schneefall hatte es teilweise bedeckt, aber durch den relativ schnellen Umschwung von milder zu kühlerer Witterung in der Mordnacht war ein Abschnitt der Spur gefroren, so daß die Spurensicherung das Muster und die Breite hatte rekonstruieren können.
Ryde verteilte Fotokopien.
»220 Millimeter Breite, ein Radialreifen, mit Spikes, wahrscheinlich von einem Van oder Jeep. Es handelt sich definitiv nicht um einen alten rostigen Ascona«, bemerkte er trocken.
»Kann es keins der Autos von der Stadtverwaltung sein?« erkundigte sich Fredriksson und berührte die schwarzweiße Kopie
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