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Der Tote in der Wäschetruhe

Der Tote in der Wäschetruhe

Titel: Der Tote in der Wäschetruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Swat
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Rechtsmedizinern durch Erwürgen und Erdrosseln. Der Täter muss seinem Opfer demnach über eine längere Zeit mit erheblicher Intensität mit den Händen am Hals die Luft abgedrückt haben. Streifenförmige Hautverletzungen an der rechten Halsseite werten die Obduzenten als Drosselmale, die von einem Schal stammen können. Typische Abwehrverletzungen finden die Ärzte dagegen beim Opfer nicht. Es muss zum Zeitpunkt der Tat völlig ahnungs-, hilf- und wehrlos gewesen sein.
    Schwieriger ist die Bewertung des »Filmrisses« bei Klaus Schulze.
    Sehr intensiv beschäftigt sich das Bezirksgericht Cottbus in seiner dreitägigen Hauptverhandlung im September 1976 mit der Schuldfähigkeit von Klaus Schulze. Die Staatsanwaltschaft Cottbus hat sie in ihrer Anklageschrift nicht bezweifelt und den Ingenieur wegen Mordes angeklagt. Im psychologischen Gutachten werden krankhafte Hirnschädigungen ebenso ausgeschlossen wie eine Geistesstörung. Umfassende EEG-Untersuchungen insbesondere unter leichtem oder mäßigem Alkoholeinfluss ergeben keine abnorme Reaktionen. Ohnehin haben Gutachter im Nachhinein die Alkoholbelastung als gering eingeschätzt. Nach Angaben des Angeklagten über das Verspeiste und Getrunkene am Tattag haben sie 0,4 bis 0,7 Promille errechnet. Für die Annahme einer Volltrunkenheit muss aus medizinischer Sicht ein Mindestwert von mindestens 2,0 Promille vorliegen. Einen Rauschzustand bei einem Alkoholwert im Blut unter 1,0 Promille schließen sie aus.
    Das Gericht teilt im Ergebnis der Beweisaufnahme, dass der »Filmriss« nur eine Schutzbehauptung ist. Klaus Schulze hat vor den Richtern noch einmal die Tat gestanden. Er blieb jedoch bei Erinnerungslücken und nannte keine Details zur eigentlichen Tat oder welche Motive ihn dazu getrieben haben. Für die Richter steht fest: »Er ist nicht bereit, über die Art und Weise der Tatbegehung und vor allem über die Gründe, die ihn zur Tat veranlasst haben, Auskunft zu geben.« Der von der Verteidigung vorgebrachten Version einer Affekthandlung folgt der erste Strafsenat nicht. Der Angeklagte selbst habe Erregungen jeder Art zur Tatzeit ausgeschlossen.
    Das Bezirksgericht verurteilt Klaus Schulze zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und entzieht ihm seine staatsbürgerlichen Rechte auf Lebenszeit. Er verliert dadurch für immer das Recht, zu wählen oder gewählt zu werden und darf weder auf staatlichem, wirtschaftlichem oder kulturellem Gebiet leitende Funktionen übernehmen. Staatliche Würden, Titel, Auszeichnungen und Dienstgrade werden entzogen.
    Sechs Tage nach dem Urteil reicht die Verteidigung Berufung beim Obersten Gericht der DDR ein. Sie zielt darauf, dass ihr Mandant im Affekt getötet habe. Die Begründung: Undine Teschke habe den Täter über das Maß des Erträglichen gereizt. Die junge Frau habe sich den leitenden Angestellten ihres Betriebes angeln und sich ihm dafür mit Einsatz aller weiblichen Reize hingeben wollen. Sie habe ihn zuerst geküsst, sich förmlich an ihn geklammert und geschwärmt: »Meine Mutter würde staunen, mich mit einem Ingenieur zu sehen.« Sie habe sich trotz heftigen Widerstands des Mannes nicht davon abbringen lassen, ihn nach Hause zu begleiten. Als dieser ablehnte, provoziert sie ihn mit Worten wie: »Bist du wirklich so doof, oder tust du bloß so«. Nach Angaben ihres Mandanten habe die schwarzhaarige Schöne ihm unterstellt, dass er ein Schlappschwanz sei und wahrscheinlich keine Manneskraft aufbringe, heißt es in der Anwaltsschrift. Schließlich habe Undine Teschke gedroht: »Wenn du wirklich nicht willst, dann erzähle ich im Betrieb alles, was du mit mir gemacht hast und schreie sofort ganz laut.«
    Warum aber hat der Angeklagte diese Provokationen über Wochen und Monate und bis zur Verurteilung verschwiegen? Seine Begründung: »Ich wollte das negative Verhalten des Opfers nicht öffentlich machen.« Deshalb will er bis einen Tag vor Ablauf der Berufungsfrist alles für sich behalten haben. Letztlich hätten ihm die Gespräche mit der Ehefrau und das Strafmaß des Gerichtes dazu bewogen, nun doch die wahren Hintergründe der Tat zu offenbaren.
    Ende Oktober 1976 gibt der fünfte Strafsenat des Obersten Gerichts im Ergebnis einer mündlichen Verhandlung der Berufung statt und verweist den Fall an das Bezirksgericht Cottbus zurück. »Das Gericht hat zu prüfen, ob es sich um Mord oder nur um Totschlag handelt«, lautet der Auftrag.
    Bei einer erneuten Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Cottbus Mitte Dezember

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