Der Tote in der Wäschetruhe
sind durchtrennt. Die Stiche müssen mit einem spitzen, scharfen Werkzeug, wahrscheinlich einem Messer von mindestens zehn Zentimeter Klingenlänge mit erheblicher Wucht ausgeführt worden sein. Der Täter hat dem Opfer zuerst in den Mund und in den Hals und später in den Brustkorb gestochen, stellen die Ärzte fest.
Gründlich durchsuchen die Kriminalisten Wohnung und Keller der Familie. Im Korridor finden sie ein Stück Papier, das auffällig offen daliegt. In ausgeschnittenen und aufgeklebten Buchstaben steht darauf nur ein Satz:
Du kommst auch noch dran
Der Zettel ist von gleicher Machart wie das anonyme Schreiben, das bei den Bangelangs zwei Tage nach der angeblichen Entführung von Dirk im Briefkasten lag und das der Ehemann, der von der Tat sichtlich geschockt ist, der Polizei jetzt übergeben hat.
Der Ermittlungsapparat kommt auf Touren. Vornan stehen Vernehmungen der unmittelbaren Angehörigen, von Ehemann Detlev, Tochter Ilona und Sohn Dirk. Bewohner des Hauses werden befragt, ob sie verdächtige Personen vor dem Haus oder darin gesehen oder etwas in der Tatwohnung gehört haben.
Der wichtigste Zeuge ist zu diesem frühen Zeitpunkt der Ermittlungen der 15-jährige Dirk. Er hat das Opfer als letzter lebend gesehen, und er hat es tot gefunden.
Um 16 Uhr beginnt seine Vernehmung. Behutsam gehen die Kriminalisten vor. Der Junge soll zunächst den Tagesablauf schildern. Ruhig und mit leiser Stimme berichtet er, dass seine Mutter noch schlief, weil sie zum Friseur gehen wollte und deshalb nicht so früh zur Arbeit musste. Er habe sich in der Küche seine Schulbrote geschmiert und sei wie immer um 6.45 Uhr aus dem Haus gegangen. Nach Unterrichtsschluss um 13 Uhr habe er noch einen Freund besucht. Die Kriminalisten fragen nach dessen Namen und Anschrift. Sofort macht sich ein Polizist auf den Weg. Unterdessen erzählt Dirk weiter. Daheim angekommen habe er seine Mutter im Schlafzimmer erstochen aufgefunden und dann Frau Biedermeier gebeten, den Notarzt zu rufen.
Der Jugendliche spricht in kurzen Sätzen und verzichtet auf Details im Tagesablauf. Die Vernehmer haken nach, wollen wissen, welchen Weg er zur Schule genommen hat, ob er Klassenkameraden begegnet ist, ob es Zwischenfälle in der Schule gab. Sie erkundigen sich, woher die Kratzwunden in seinem Gesicht und auf dem rechten Unterarm stammen, die deutlich zu sehen und offensichtlich noch frisch sind. Dirk beantwortet die zielgerichteten Fragen mit knappen Worten. Er macht angesichts des Todes der Mutter einen erstaunlich gefassten Eindruck. Die erfahrenen Kriminalisten der MUK erkennen, dass der Junge etwas verbirgt. Mehrfach wischt er sich die schweißnassen Handflächen an der Hose ab.
Eine Stunde ist seit Beginn der Befragung vergangen. Dirk spürt die Skepsis bei den Polizisten in Zivil. Er berichtet nun, was sich wirklich zugetragen hat und schreibt es auf Verlangen der Kriminalisten auf. Er betitelt seinen Bericht mit:
Wahrheit über Tod meiner Mutter
Ich wurde durch Klingeln aus dem Schlaf gerissen! Um die Tür zu öffnen, musste ich erst meinen Schlüssel aus meiner Jacke holen, die bei mir im Zimmer hing! Ich öffnete die Tür und vor dieser standen zwei junge Männer im Alter von 18 bis 20 Jahren. Es kann sein, dass der jüngere dieser beiden derjenige war, der mich am 27.4. vor zwei Wochen angehalten hatte und mich verfolgte (ich musste rennen)! Der ältere kam herein und hielt meinen Mund zu. Er hatte Handschuhe an. Der andere machte die Tür zu und schloss einmal mit dem Schlüssel herum. Sie brachten mich in mein Zimmer, und der jüngere blieb bei mir. Der andere machte beide Kinderzimmertüren zu. Nach einer Weile kam er wieder ins Zimmer, verband mir die Augen und führte mich vorsieh hin. Die Kratzer auf Gesicht und Händen sind entweder von ihnen, oder sie haben mich mit den Nägeln meiner Mutter verletzt. Als sie mir die Augenbinde abnahmen, stand ich mit ihnen im Flur, ich sollte die Tür wieder zuschließen, und falls ich etwas »ausquatschen« sollte, ginge es mir genauso wie meiner Mutter! Beim Schließen der Tür sah ich noch, wie sie sich bückten und schwarzweiß bzw. grau-weiß gestreifte Tücher von den Schuhen entfernten. Sie sagten noch, ich sollte »es« erst am Nachmittag melden. Die Tür zum Schlafzimmer stand offen, und ich sah meine Mutter dort im Bett meines Vaters liegen. Ich war voller Blut an Gesicht und Armen. Ich wusch es mit meinem Lappen und kaltem Wasser ab.
An dieser Stelle wird die Vernehmung von Dirk
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