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Der Tote in der Wäschetruhe

Der Tote in der Wäschetruhe

Titel: Der Tote in der Wäschetruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Swat
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dritten Klingeln. Am Ende vernimmt sie eine etwas gedämpft klingende, jugendliche Stimme. »Bitte holen Sie Herrn Bangelang ans Telefon«, hört sie. Bangelangs wohnen zwei Stockwerke höher und sind telefonisch nicht erreichbar. »Was soll ich ausrichten?«
    Es handelt sich um Dirk Bangelang, den Sohn. »Machen Sie schnell«, fordert der Teilnehmer am anderen Ende eindringlich und ungeduldig. »Einen Moment, ich sehe nach, ob jemand zu Hause ist. Bleiben Sie dran«, sagt sie und läuft zwei Treppen höher. »Detlev, du sollst schnell ans Telefon kommen. Es geht um deinen Sohn«, sagt Monika Vorwand aufgeregt. Hoffentlich ist dem Jungen nichts passiert. Sie kennt den 15-Jährigen. Schließlich wohnt man schon ein paar Jahre lang zusammen in dem Haus im Wohnkomplex IX. Dirk ist der jüngste Spross der drei Bangelang-Kinder. Er ist stets höflich, grüßt freundlich, ist überhaupt gut erzogen und hilft den berufstätigen Eltern viel im Haushalt, weiß sie.
    Detlev Bangelang macht sich Sorgen, da Dirk nicht, wie von ihm verlangt, zu Hause war, als er von Arbeit gekommen ist. »Hier Bangelang, was ist mit meinem Sohn?«, will der Mittvierziger wissen.
    »Wir haben Ihren Sohn entführt. Wenn Sie ihn lebend wiedersehen wollen, kommen Sie um 19 Uhr zu dem kleinen Wald am Abzweig Seidewinkel. Und bringen sie 1000 Mark mit. Dann passiert Ihrem Sohn nichts«, antwortet der Erpresser am anderen Ende der Leitung mit offensichtlich verstellter Stimme. Er muss von einer Telefonzelle aus anrufen. Das lässt zumindest der Straßenlärm im Hintergrund vermuten. »Was soll das? Ich rufe die Polizei«, reagiert Bangelang nach einem Moment der Sprachlosigkeit. »Ich warne Sie: Keine Polizei! Denken Sie an Ihren Sohn«, nuschelt der andere und legt auf.
    Natürlich kennt Detlev Bangelang den Abzweig nach Seidewinkel. Von der Fernverkehrsstraße 97 Richtung Schwarze Pumpe geht es links ab in das kleine Dorf vor den Toren der Kreisstadt Hoyerswerda. Es ist nicht weit bis dorthin.
    Eine Viertelstunde mit dem Auto, länger braucht man von der Wohnung aus nicht. Detlev Bangelang will die Geschichte nicht glauben. »Entführung in der DDR, das gibt es doch nicht«, denkt der Mann, der sich nicht vorstellen kann, dass Verbrechen dieser Art in der sozialistischen Gesellschaft stattfinden. »Detlev, du musst die Polizei verständigen«, drängt ihn die Nachbarin. Nach kurzem Nachdenken stimmt er ihr zu und wählt den Polizeinotruf 110. Dann geht er und berichtet seiner Frau Marlies von dem merkwürdigen Anruf.
    Eine halbe Stunde vergeht. Die Polizei lässt sich nicht blicken, obwohl der Diensthabende versprochen hat, einen Streifenwagen zu schicken. Dirk ist auch noch nicht da. »Der kann was erleben«, kündigt der Gatte seiner Frau mit einer Stimme an, in der Ärger über den Sohn, aber auch Sorge um ihn mitschwingen. Es ist kurz nach halb sieben. »Ich gehe rüber zu Fritz, bitte ihn, mitzukommen«, zeigt er sich entschlossen, der ganzen Sache auf den Grund zu gehen. »Du bleibst hier und wartest auf Dirk«, weist er seine Ehefrau an, die sich große Sorgen um ihr Kind macht. Der Mann klingelt beim Nachbarn, der gleichzeitig sein Arbeitskollege ist. Der zieht sich sofort die Schuhe an und streift die Jacke über. Die Männer gehen die Treppe hinunter und steigen in das Betriebsauto B 1000, das vor der Tür steht. Detlev Bangelang sitzt am Steuer, Arbeitskollege Fritz nimmt auf dem Beifahrersitz Platz. Beide haben vereinbart, zunächst die Gegend um den Abzweig nach Seidewinkel vom Auto aus zu erkunden.
    In dem kleinen Wäldchen hocken zwei Jugendliche. Sie haben sich hinter Büschen versteckt und beobachten angespannt die Straße. Die Mopeds der Jungs stehen abseits auf einem kleinen Waldweg, bereit zur Flucht, falls etwas schiefgeht. Sie sind Freunde, haben voreinander keine Geheimnisse, gehen durch dick und dünn. Der eine wirkt etwas kindlich, der andere macht einen robusten Eindruck. Zwischen ihnen liegt eine Tasche. Darin befinden sich ein Hammer, ein sogenanntes Fäustel, ein schwerer Schraubenschlüssel, unter Fachleuten als »Franzose« bekannt, zwei Flaschen mit einer brennbaren Flüssigkeit und Lappen. Die Burschen besprechen nochmals ihr Vorhaben. Beim Schmächtigeren der beiden handelt es sich um den Anrufer, der vorgegeben hat, Dirk in seiner Gewalt zu haben. Der andere hatte vor der Telefonzelle gewartet. Nach dem Telefonat waren beide in den Wald aufgebrochen in der Gewissheit, dass niemand von ihnen Notiz genommen hat.
    Die

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