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Der Tote in der Wäschetruhe

Der Tote in der Wäschetruhe

Titel: Der Tote in der Wäschetruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Swat
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verlässt die Nachbarin die Wohnung. Wenig später hört sie den gellenden Schrei eines Kindes. In einem Schulungsraum, der unter der Wohnung der Familie Wassner liegt, vernehmen Teilnehmerinnen eines Handarbeitszirkels polternde Geräusche, dann ist es wieder still.
    Was sich an jenem 18. März 1987 zwischen 20.15 Uhr und 20.30 Uhr bei den Wassners abgespielt hat, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit rekonstruieren.
    Roland muss sich irgendwann bei dem unsteten und ziellosen Lauf durch alle Zimmer der Wohnung in der Küche ein Messer eingesteckt haben. Damit will er sich umbringen. Die Aufmerksamkeit von Gunhild verhindert den Suizid. Er dreht durch, bedroht seine Frau, die entsetzt aufschreit. Cindy wird munter und muss im Korridor vor ihrer Kinderzimmertür Entsetzliches mit ansehen. Ihr Vater packt die Mutter an den Haaren. Die gerät ins Stolpern und schlägt im Korridor lang hin. Der Mann ist sofort zur Stelle, reißt Cindys Mutter an den Haaren den Kopf hoch und schneidet ihr mit dem Messer den Hals durch. Für Gunhild gibt es keine Rettung, sie verblutet.
    Das Kind schreit gellend um Hilfe. Roland Wassner packt Cindy und setzt auch ihr das Messer an den Hals. »Nicht auch noch meine Tochter«, ist sein letzter Gedanke.
    Der Irre will sich auf die gleiche Weise richten. Doch die mehrfachen Schnitte, die er sich zufügt und bei denen er keinerlei Schmerzen verspürt, beenden sein Leben nicht. Im Bad befestigt er an einen Haken für die Wäscheleine ein Kabel und legt sich die Schlinge um den Hals. Auch dieser Selbstmordversuch misslingt.
    Cindy hat die Attacke überlebt. Zum Glück ist der etwa zehn Zentimeter lange Schnitt im Bereich der Kehle nicht lebensgefährlich. Als das Kind, das die Nacht unter Schock im Korridor verbringt, gegen Morgen aufwacht, ist der Vater verschwunden. Während sich Cindy den blutigen Schlafanzug aus- und die am Abend von der Mutter bereitgelegten Schulsachen anzieht, hört Nie es im Treppenhaus poltern. Kurz darauf taumelt der Vater mit einer klaffenden Kopfwunde in die Wohnung. Er wäscht den Schlafanzug des Mädchens aus, säubert das Messer, das neben der Mutter liegt, klingelt dann bei einer Nachbarin und bittet sie, den Notarzt zu verständigen.
    Mit schweren Verletzungen wird Roland Wassner ins Krankenhaus gebracht. In seinem Wahn sieht er Menschen mit dunklen Mänteln und Krankenschwestern, die tuscheln und die Nasen rümpfen, weil er wegen der vermeintlichen Aids-Erkrankung stinkt. Der völlig desorientierte Kranke hört Stimmen, am deutlichsten die seiner Frau Gunhild.
    Nach der ersten medizinischen Versorgung wird Roland Wassner in das Haftkrankenhaus nach Leipzig gebracht. Dort können ihn Kriminalisten der Cottbuser Mordkommission erstmals am 9. April vernehmen. Bruchstückhaft, zögernd und ungeordnet in den zeitlichen Abläufen berichtet er von den dramatischen Ereignissen am Abend des 18. März in seiner Wohnung. Es deckt sich im Wesentlichen mit dem, was Cindy zum Tathergang ausgesagt hat.
    Rührend kümmert sich fortan die Familie von Gunhild um das Kind und versucht, es zurückzuführen in ein normales Leben.
    Roland Wassner wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft Cottbus im Haftkrankenhaus Leipzig eingehend psychiatrisch untersucht. Fachärzte diagnostizieren bei ihm eine Schizophrenie, die sich unmittelbar vor, während und nach der Tat in Wahnvorstellungen äußerte. Nur so ist das für die Umgebung und für ihn völlig unfassbare Verbrechen erklärbar, bei dem er nicht zurechnungsfähig war. Das Getuschel der Kollegen auf dem Betriebsvergnügen über den »Süßen« und den »Homo«, die Gerüchte in der Stadt über den »Schwuli«, seine Aids-Erkrankung, die Fernsehstation im Wald, die heimlich einen Film über ihn drehen will - alles existierte nur in seiner wirren Gedankenwelt.
    Die Staatsanwaltschaft Cottbus stellt das Ermittlungsverfahren gegen Roland Wassner wegen Mordes und versuchten Mordes an der Ehefrau sowie seiner Tochter ein. Im Strafgesetzbuch der DDR heißt es dazu im Paragraf 15:
    (1) Strafrechtliche Verantwortlichkeit ist ausgeschlossen, wenn der Täter zur Zeit der Tat wegen zeitweiliger oder dauernder krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Bewusstseinsstörung unfähig ist, sich nach den durch die Tat berührten Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu entscheiden.
    (2) Das Gericht kann die Einweisung in psychiatrische Einrichtungen nach den dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen anordnen.
    Der Geisteskranke

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