Der Tote in der Wäschetruhe
Mopeds und offenbar auch tolle Beziehungen. Georg hat ihm erzählt, dass er über einen Bekannten bis zu 1500 DDR-Mark im Verhältnis 1:1 in Westmark umtauschen kann, was ein prima Deal ist, der illegale Wechselkurs liegt bei mindestens 1:5. »Hast du Interesse«, fragt Georg seinen jungen Freund, von dem er weiß, dass dessen Familie durchaus solche Summen zusammenkriegen kann. »Musst dich ja nicht gleich entscheiden«, fügt er hinzu, als Lutz Kunze zögert.
Die Aussicht, so viel Westgeld in die Hand zu bekommen, ist verlockend. Lutz überlegt, welche Geldquellen er anzapfen kann. Er »schlachtet« sein Sparschwein, in dem 150 Mark stecken. Er pumpt Verwandte und Bekannte an. Die Mutter steuert 300 Mark bei, der Schwager 200, der Großvater 40 und der große Bruder 250 Mark.
Die verheiratete Schwester unterschreibt einen Blankoscheck für das Umrubeln der weichen Ost- in harte Westwährung.
Der Geldumtausch ist für den 10. Oktober 1980 organisiert. Am Nachmittag braust Lutz Kunze mit seinem Moped S 50 voller Vorfreude, wenn auch mit mehr als einer halben Stunde Verspätung heran. Georg ist sauer. »Mensch, kannste nicht pünktlich sein? Jetzt ist mein Geschäftspartner weg. Er kommt aber später noch einmal wieder«, beruhigt er den enttäuschten Freund. Beide sitzen mehrere Stunden im Wohnzimmer beisammen, quatschen und trinken Bier und Kräuterschnaps. Lutz hält sich beim Trinken zurück, schließlich ist er mit dem Moped unterwegs.
Inzwischen ist es Abend geworden und der Geschäftspartner noch immer nicht aufgetaucht. »Komm, lass uns noch einen Kaffee trinken«, schlägt Georg vor. Das Getränk hat auf Lutz eine merkwürdige Wirkung. Die Beruhigungs- und Schlaftabletten, die ihm Georg heimlich mit dem Kaffee verabreicht hat, beginnen zu wirken. Lutz Kunze zieht die Schuhe aus, legt sich auf die Couch und fällt kurze Zeit später in einen tiefen Schlaf.
Georg Fischer ist zufrieden. Bisher läuft alles nach Plan. Lutz ist auf das Märchen vom Umtausch hereingefallen und hat eine Menge Geld bei sich. Dumm nur, dass der Kerl auf der Brieflasche liegt. Die Gefahr, dass er munter wird, wenn er sie aus der Tasche zieht, ist zu groß. »Der muss weg«, beschließt Georg. Er holt aus dem Schuppen eine Axt und stellt sie im Vorraum vor die Wohnzimmertür. Zwei Säcke und Stricke legt er griffbereit neben dem Moped von Lutz Kunze ab, das im Hof steht.
Dieter hat inzwischen seine Arbeiten erledigt. Er hat draußen von der Pumpe Wasser für den nächsten Tag geholt und die Eimer in die Küche gestellt. Einen zentralen Trinkwas-seranschluss gibt es nicht. Der Abwasch ist weggeräumt und der Fußboden gefegt. »Endlich fertig mit dem ganzen Geröll«, murmelt er zufrieden vor sich hin, als Georg bei ihm auftaucht. »Der Kunze hat Geld bei sich, der muss ein paar auf die Rübe kriegen«, sagt er und weist an: »Du machst das. Die Axt steht schon draußen. Du fasst hinten am Stil an und haust dem Lutz zweimal mit der stumpfen Seite auf den Kopf.«
Dieter glaubt, seinen Ohren nicht zu trauen. »Das mach ich nicht«, widerspricht er. Georg zwingt seinen Bruder, ein paar Schnäpse zu trinken, damit der seine Hemmungen verliert, und droht ihm mit Prügel, wie er sie noch nie bezogen hat. Georg geht ins Wohnzimmer und stellt den Plattenspieler auf volle Lautstärke, damit eventuelle Schreie des Opfers übertönt werden, und verlässt den Raum wieder. »Los jetzt«, herrscht er den Bruder an.
Dieter gibt das bisschen Widerstand auf, das sich in ihm geregt hatte. Er nimmt wie befohlen die Axt, stellt sich ans Kopfende der Couch und lässt sie mit voller Wucht zweimal auf den Schädel von Lutz Kunze niedersausen. Bereits beim ersten Hieb vernimmt er das knirschende Geräusch zerberstender Knochen und sieht das Blut spritzen. Georg kommt in das Zimmer, dreht das Opfer, so dass er bequem an die Brieftasche kommt, und steckt sie ein. Gemeinsam schleppen die Brüder Lutz Kunze auf den Hof. Es ist ihnen, als hörten sie noch einmal ein Röcheln. Das erstirbt in dem Sack, den sie dem Opfer über den Kopf gestülpt haben. Sie binden den leblosen Körper auf dem Moped fest und lassen alles, was ihre Tat verraten könnte, wie den Sturzhelm und die Schuhe, in dem zweiten Sack verschwinden. Georg baut noch schnell die vier Blinkleuchten des Mopeds vorn und hinten ab und versteckt sie auf dem Grundstück. Die will er später verkaufen. Dann schieben die Fischer-Männer die tödliche Fuhre Richtung »Schwarze Elster«, die etwa 500
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