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Der tote Raumfahrer

Der tote Raumfahrer

Titel: Der tote Raumfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James P. Hogan
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lange der verwaiste Mond der Sonne immer näher kam. Vielleicht währte die Reise Monate, vielleicht Jahre. Als nächstes kam es zu einer dieser Unwahrscheinlichkeiten, die sich manchmal in der Natur ereignen. Die Flugbahn des Mondes brachte ihn nahe an die Erde heran, die seit Anbeginn der Zeit ihre eigene einsame Bahn um die Sonne zog!« Hunt zögerte für ein paar Sekunden. »Ja, ich wiederhole: einsame Bahn! Wissen Sie, wenn wir das akzeptieren, was meiner Meinung nach die einzige uns mögliche und zufriedenstellende Erklärung ist, dann müssen wir auch ihre Konsequenzen akzeptieren: Bis zu diesem Zeitpunkt vor rund fünfzigtausend Jahren hatte die Erde keinen Mond! Die beiden Himmelskörper kamen sich nahe genug, daß sich ihre beiden Gravitationsfelder bis zum Punkt des gegenseitigen Einfangens beeinflußten; der neue gemeinsame Orbit erwies sich als stabil, und die Erde adoptierte einen Findling, den sie bis zum heutigen Tag behalten hat.
    Wenn wir diese Erklärung akzeptieren, ergeben viele der anderen Dinge, die uns Kopfzerbrechen bereitet haben, einen Sinn. Nehmen Sie zum Beispiel das überschüssige Material, das den größten Teil der Mondrückseite bedeckt und nachgewiesenermaßen jüngeren Ursprungs ist. Und verbunden damit die Datierung aller Krater auf der erdab- und einiger auf der erdzugewandten Seite, nach der sie in der fraglichen Zeit entstanden sind. Nun haben wir eine Erklärung zur Hand. Als sich Minerva aufblähte, stand unser heutiger Mond all den Trümmern genau im Weg. So kam es zu dem Meteoritensturm. Und so wurden praktisch alle Hinweise auf die lunarische Präsenz auf Luna ausgelöscht.
    Wahrscheinlich warten überall die Überbleibsel ihrer Basen, Anlagen und Fahrzeuge darauf, ausgegraben zu werden – dreihundert Meter unter der Oberfläche der Mondrückseite. Wir glauben, daß sich die Annihilator-Stellung von Seltar auf der Rückseite befand. Das legt nahe, daß das, was heute die erdabgewandte Seite ist, die minervazugewandte Seite war. Folglich ist jetzt klar, warum der größte Teil des Meteoritensturms auch dort herunterkam.
    Charlie scheint sich auf der Mondoberfläche auf andere Himmelsrichtungen als wir bezogen zu haben, was auf eine andere Nord-Süd-Achse hindeutet. Jetzt wissen wir, warum. Einige Leute haben gefragt, wie es kommen konnte, daß der Mond einem solch ausgedehnten Bombardement ausgesetzt war, auf der Erde aber zu jener Zeit keine Zeichen für ein Ansteigen der Meteoritenaktivität zu finden sind. Auch das ergibt nun einen Sinn: Als Minerva auseinanderplatzte, war der Mond in ihrer unmittelbaren Nähe, nicht aber die Erde. Und zum Schluß noch die Beschaffenheit des Mondes: Wir wissen seit einem halben Jahrhundert, daß der Mond aus Felsgestein besteht, dessen chemische Zusammensetzung sich von dem der Erde unterscheidet. Es ist arm an volatilem und reich an Schamottematerial. Wissenschaftler haben lange Zeit spekuliert, daß der Mond möglicherweise in einem anderen Teil des Sonnensystems entstand. Dies ist tatsächlich der Fall, wenn meine Behauptungen richtig sind.
    Einige Erklärungen haben die Meinung nahegelegt, daß die Lunarier auf unserem Mond vorgeschobene Brückenköpfe errichteten. Dadurch kann ihre offensichtliche Anwesenheit dort mit einem evolutionären Ursprung auf Minerva in Einklang gebracht werden, aber es wirft gleichfalls eine problematische Frage auf: Warum sollten sie versuchen, die Technologie der interplanetaren Raumfahrt zu entwickeln, wenn sie sie doch offensichtlich bereits beherrschten? In der von mir beschriebenen Erklärung verschwindet dieses Problem. Sie hatten ihren eigenen Mond erreicht, waren aber immer noch weit davon entfernt, große Bevölkerungsgruppen zu einem so entfernten Ort wie der Erde bringen zu können. Auch besteht keine Notwendigkeit, die unbestätigte Annahme hinzuzufügen, auf Mond und Erde hätten lunarische Kolonien existiert. Das würde in jedem Fall die gleiche Frage aufwerfen.
    Und schließlich ergibt ein ungelöstes Rätsel der Ozeanografie in diesem Licht betrachtet ebenfalls einen Sinn. Untersuchungen der Gezeitenmechanik haben ergeben, daß es ungefähr zu dieser Zeit zu katastrophalen Umwälzungen im weltumspannenden Maßstab auf der Erde kam. Sie resultierten in einer abrupten Zunahme der Tageslänge und der Rate, mit der der Tag durch Gezeitenreibung weiter verlängert wird. Nun, die Ankunft des minervianischen Mondes hätte ganz bestimmt zu gewaltigen Gravitations- und Gezeitenstörungen geführt.

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