Der tote Raumfahrer
Minerva – Größe, Masse, Klima, wie schnell sich diese Welt um ihre eigene Achse drehte und die Sonne umkreiste. Wir haben ein zwei Meter durchmessendes, maßstabgetreues Modell gebaut, das Ihnen jeden Kontinent, Ozean, Fluß, jede Gebirgskette, jedes Dorf und jede Stadt zeigt. Wir wissen, daß Minerva eine fortschrittliche Zivilisation beherbergte. Wir wissen ebenfalls eine Menge über Charlie, auch über seinen Geburtsort, der in mehreren seiner persönlichen Papiere angegeben ist und dessen Lage auf Minerva leicht zu identifizieren war. Aber das beweist nicht sehr viel. Mein Stellvertreter ist in Japan geboren worden, aber seine Eltern stammen beide aus Brooklyn. Bis wir also nicht eine ganze Menge mehr als im Augenblick wissen, können wir nicht mit Sicherheit feststellen, daß die minervianische und lunarische Zivilisation ein und dieselbe waren.
Es ist möglich, daß die Lunarier auf der Erde entstanden sind und entweder nach Minerva auswanderten oder mit einer anderen Rasse Kontakt aufnahmen, die bereits dort lebte. Vielleicht stammen die Lunarier auch von Minerva. Wir wissen es einfach nicht. Für welche Möglichkeit auch immer man sich entscheidet, es bleiben eine Menge Fragen zu beantworten.«
Fremde Meereslebensform von Minerva
Professor Christian Danchekker, ein bedeutender Biologe von den Westwood Laboratorien, Houston, und ebenfalls von Anfang an an der Lunarierforschung beteiligt, bestätigte, daß die fremde Fisch-Spezies, die vor einigen Monaten in den Nahrungsmittelkonserven einer zerstörten Lunarierbasis entdeckt wurde ( Times , 6. Juli 2028), eine auf Minerva heimische Lebensform zu sein scheint. Die Beschriftung auf den Behältern, in denen die Fische konserviert waren, zeigt, daß sie von einer bereits lokalisierten äquatorialen Inselgruppe auf Minerva stammen. Laut Professor Danchekker: »Es ist überhaupt kein Zweifel möglich, daß sich diese Spezies auf einem anderen Planeten als der Erde entwickelt hat. Es ist ziemlich klar, daß dieser Fisch zu einer evolutionären Linie gehört, die sich auf Minerva entfaltet hat, und daß er von Angehörigen einer Gruppe irdischer Kolonisten, die dort eine neue Keimzelle ihrer Zivilisation einpflanzten, gefangen wurde.«
Der Professor interpretierte die Vermutung, daß die Lunarier ebenfalls Eingeborene von Minerva sein könnten, als ›lächerlich‹.
Trotz einer Fülle neuer Informationen bleibt demnach im Zusammenhang mit den noch nicht lange zurückliegenden Ereignissen in unserem Sonnensystem noch vieles übrig, was geklärt werden muß. In den nächsten zwölf Monaten werden sich mit ziemlicher Sicherheit weitere aufregende Dinge ereignen.
(Lesen Sie auch den Sonderbericht unseres Wissenschaftsredakteurs auf Seite 14.)
13
Captain Hew Mills, UN-Weltraumorganisation, im Zuge eines Projekts des Sonnensystem-Erforschungsprogramms zu den Jupitermonden versetzt, starrte durch die transparente Kuppel nach draußen, die das zweistöckige Gebäude der Standort-Einsatzleitung überragte. Vom Eis befreit stand das Gebäude auf einem felsigen Hügel, der aus der wirren Ansammlung von Kuppeln, Fahrzeugen, Hütten und Lagerhallen, die die von ihm geleitete Basis bildeten, hinausragte. Im trüben, grauen Hintergrund des Stützpunkts waren die verschwommenen Schatten der Felswände und Eisklippen zu sehen, die in den düsteren, umhertreibenden Dunstwolken des Methan-Ammoniaknebels mal verschwanden und mal wieder auftauchten. Trotz seiner überdurchschnittlichen Psycho-Elastizität und des jahrelangen harten Trainings rann ihm unwillkürlich ein kalter Schauer den Rücken hinab, als er an die dünne Dreifachwand der Kuppel dachte – nur das trennte ihn von dieser unheilvollen, giftigen, fremden Welt, die kalt genug war, um ihn binnen Sekunden erstarren zu lassen, so daß sein Körper so schwarz wie Kohle und so spröde wie Glas wurde. Ganymed, der größte der Jupitermonde, war seiner Meinung nach ein schrecklicher Ort.
»Annäherungsradar zeichnet. Leitsignal aktiviert. Geschätzte Zeit bis zur Bodenberührung: drei Minuten, fünfzig Sekunden.« Die Stimme des Leitoffiziers, die aus einer der Konsolen hinter Mills drang, unterbrach seine Grübeleien.
»Sehr gut, Lieutenant«, bestätigte er. »Haben Sie Verbindung mit Cameron?«
»Auf Schirm drei ist ein Kanal offen, Sir.«
Mills drehte sich um und wandte sich der Nebenkonsole zu. Der Bildschirm zeigte einen leeren Sessel und dahinter die Innenansicht des unteren
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