Der tote Raumfahrer
Kontrollraums. Er betätigte die Ruftaste, und nach ein paar Sekunden schob sich das Gesicht von Lieutenant Cameron in den Erfassungsbereich.
»Die hohen Tiere kommen in drei Minuten an«, gab Mills Bescheid. »Alles in Ordnung?«
»Alles bestens, Sir.«
Mills nahm seine Position an der Kuppelwand wieder ein und nahm mit Befriedigung zur Kenntnis, daß drei Gleiskettenfahrzeuge davonkrochen, um ihre Empfangspositionen einzunehmen. Die Minuten tropften dahin.
»Sechzig Sekunden«, gab der Leitoffizier bekannt. »Senkkurve normal. Müßte jeden Augenblick in Sichtweite kommen.«
Ein Nebelfetzen über den Landefeldern im Zentralbereich des Stützpunktes verdunkelte sich, und langsam nahmen darin die verschwommenen Konturen eines mittelgroßen Oberflächentransporters Gestalt an, der aus der Düsternis herausglitt und mit bereits vollständig ausgefahrenen Landebeinen auf seinen Düsenstrahlen balancierte. Als der Transporter auf einem der Landefelder aufsetzte und sich seine Stoßabsorber zusammenzogen, um das restliche Bewegungsmoment aufzufangen, begannen sich die Empfangsfahrzeuge vorwärts zu bewegen. Mills nickte und verließ die Kuppel über die Treppenflucht, die hinunter zum Bodenniveau führte.
Zehn Minuten später stoppte das erste Empfangsfahrzeug vor dem Gebäude der Einsatzleitung, und ein Teleskoptunnel streckte sich aus, um an der Luftschleuse anzudocken. Major Stanislow, Colonel Peters und eine Handvoll Adjutanten marschierten durch den Tunnel in die äußere Eintrittskammer, wo sie von Mills und einigen anderen Offizieren erwartet wurden. Man stellte sich gegenseitig vor, und ohne weitere Formalitäten begab sich die Gruppe in den ersten Stock, von wo aus sie über ein Laufband in die angrenzende Kuppel gelangte, die über dem Zugang zu Schacht Nummer drei errichtet worden war. Durch ein Labyrinth aus Treppen und Korridoren erreichten die Männer schließlich den oberen Luftschleusenvorraum. Hinter der Luftschleuse wartete eine Kapsel auf sie. Während der nächsten vier Minuten stürzten sie immer weiter hinab, tief hinunter in die Eiskruste Ganymeds.
Durch eine weitere Luftschleuse gelangten sie in den unteren Warteraum von Schacht drei. Die Luft vibrierte durch das Summen und Hämmern unsichtbarer Maschinen. An den Warteraum schloß sich ein kurzer Gang an, der sie schließlich zum unteren Kontrollraum brachte. Es war ein Irrgarten aus Konsolen und Geräteblöcken, die von etwa einem Dutzend konzentriert ihre Pflicht erfüllenden Technikern bedient wurden. Eine der längeren Wände, die vollständig aus Glas bestand, zeigte eine panoramaartige Ansicht der unten, außerhalb des Kontrollraums, ablaufenden Arbeiten. Lieutenant Cameron trat auf sie zu, als sie sich an der Glaswand aufstellten, um das jenseitige Schauspiel zu betrachten.
Sie sahen auf den Boden einer gewaltigen Kathedrale hinab, die über dreihundert Meter lang, dreißig Meter hoch und aus massivem Eis herausgeschmolzen und -gehauen war. Ihre rauhen Wände funkelten weiß und grau im Glanze zahlloser Lichtböden. Der Boden war ein Durcheinander aus Stahlgeflechtfahrbahnen, Hebebühnen, Gerüsten, Trägern, Röhren, Schläuchen und Maschinenaggregaten jeder Form und Größe. Die linke Wand, die sich bis zum gegenüberliegenden Ende des Tunnels erstreckte, trug ein Gitterwerk aus Leitern, Baugerüsten, Gängen und Kabinen, das bis zur Decke hinaufragte. Überall eilten in unförmige Hochleistungs-Raumanzüge gekleidete Scharen in hektischer Aktivität umher. Sie arbeiteten in einer druckausgleichenden Argon-Atmosphäre, um so das Risiko einer Explosion des aus dem schmelzenden Eis entströmenden Methans und anderer Gase auszuschalten. Die Blicke der Beobachter aber hafteten nur auf der rechtsseitigen Wand des Tunnels.
Fast über die gesamte Länge der Kathedrale erhob sich vom Boden eine riesige, überwältigende Wand aus glattem, schwarzen Metall, wölbte sich empor, bis sie sich, unsichtbar über ihren Köpfen, unter der Decke der Höhle verlor. Sie war kolossal – nicht mehr als ein Teil eines gewaltigen, zylindrischen Gebildes, das auf der Seite lag und dessen Hauptbestandteil sich bis tief in das Eis unterhalb des Bodenniveaus erstrecken mußte. Am vorderen Ende, außerhalb des Kontrollraums, ragte eine massive, gewölbte Schwinge aus dem Zylinder und überspannte über ihren Köpfen die Höhle wie eine Brücke, bevor sie weit zu ihrer Linken hoch oben im Eis verschwand. Entlang der Basis der Wand, dort, wo sich Eis und
Weitere Kostenlose Bücher