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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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duschte, zog mir was über und trat beim Hinausgehen auf Gogo. Sie zuckte mit den Schultern, als sei es das Schicksal ihres Lebens, getreten zu werden, und schloss sich mir an. Ich wollte wissen, wieso sie vor meinem Zimmer schlief, aber – tja – sie ist ein Hund, und ich wusste nicht, wie ich es herausfinden sollte. Neben unseren fünf »luxuriösen Cabanas direkt am Meer« – kleinen, miteinander verbundenen Betonkästen ohne Kühlschrank und Ambiente – gab es noch vier nicht ganz so luxuriöse Hütten abseits vom Strand, die ich mit meiner Familie bewohnte. Jeder einzeln. Nach Aussage von Kow, dem Tintenfischkapitän, konnte es angesichts der Tatsache, dass der Monsun jedes Jahr mehr von der Küste fraß, nicht mehr lange dauern, bis unsere Hütten am Strand standen und die Cabanas irgendwo vor der vietnamesischen Küste trieben.
    In den anderen drei Hütten rührte sich noch nichts. Normalerweise war ich morgens als Erste wach, doch an diesem Tag war Mair schon im Laden und bastelte an etwas, das sie als »Auslage« bezeichnete. Dazu gehörte, Sardinenbüchsen zu Pyramiden zu stapeln und eine Schleife obendrauf zu legen. Ich machte sie darauf aufmerksam, dass die Kunden vielleicht keine Sardinen kaufen würden, weil sie die Schleife nicht stören wollten. Sie erklärte mir, das sei Unsinn.
    »Ed war wieder da«, sagte sie.
    »Kenne ich Ed?«
    »Der große Mann, der das Gras schneidet.«
    Man sah ihn sofort vor sich: schlaksig, mit großen, nicht eben vertrauenswürdigen Augen und einem Schnurrbart, der angeklebt aussah. Viel zu jung.
    »Und?«
    »Er hat nach dir gefragt.«
    »Was gefragt?«
    »Du weißt schon. Ob du Single bist.«
    »Aber du hast es ihm gesagt, oder?«
    »Was gesagt …?«
    »Was ich dir gesagt habe, was du sagen sollst, wenn irgendein Mann anfängt, persönliche Fragen zu stellen.«
    »Also, ich …«
    »Hast du nicht, stimmt’s?«
    »Ich kann nicht, Kindchen. Das ist nicht nett. Und du bist es nicht.«
    »Mair, es ist völlig egal, ob ich es bin oder nicht. Wichtig ist nur, was sie glauben. Männer sind Würmer, madenartige Würmer. Sie fressen einen auf, wenn man ihnen nicht rechtzeitig den Geschmack verdirbt.«
    Hin und wieder lassen mich die Metaphern im Stich, wenn ich sie am dringendsten bräuchte.
    »Er ist ein netter Junge.«
    »Bestimmt ist er … ein Junge.«
    »Das ist doch nicht normal, Kind. Du bist noch jung. Du solltest dich mit Männern amüsieren. Ein kleiner Kuss und ein bisschen Kuscheln würden dich besser draufbringen.«
    »Mair, willst du wirklich wieder mit der alten Leier anfangen: ›Du brauchst einen Mann‹? Das Spiel könnte ich auch spielen. Also, hast du es ihm nun gesagt oder nicht?«
    »Möglicherweise habe ich ihm gesagt, dass du momentan kein rechtes Interesse an Männern hast.«
    »Toll. Das ist nicht wirklich dasselbe, als wenn du sagen würdest, dass ich lesbisch bin, oder?«
    »Also gut. Ich will es versuchen.«
    »Danke.«
    »Er hat ein eigenes Palmenfeld.«
    »Jeder Mann mit Kuh hat ein Palmenfeld. Ich würde das nicht als finanzielle Absicherung betrachten. Man braucht mindestens zehn Hektar, nur um die Männer bezahlen zu können, die einem die Büsche stutzen.«
    Mair lächelte ihr Titanic -Lächeln.
    »Was?«, sagte ich.
    »Es ist schön zu sehen, dass du Interesse am Dorfleben entwickelst«, sagte sie.
    Ich folgte ihr, drehte alle Dosen um, die sie falsch aufgestellt hatte.
    »Komm schon, Mair. Wir verkaufen hier doch nicht an Fledermäuse …«
    Sie blieb stehen und sagte: »Dein Vater hatte eine Fledermaus.«
    Halleluja! Mein Vater, endlich. Ich konnte nicht fassen, dass sie ihn dazwischengeschmuggelt hatte. Wie sollte ich reagieren? Was konnte ich sagen, um sie nicht davon abzulenken?
    »Was für eine Fledermaus?«
    »Ach, du weißt schon. So ein ganz normaler, hässlicher, kleiner Popanz. Ich hatte schreckliche Angst davor. Er hat ihn im Schlafzimmer gehalten.«
    »Wie hieß er?«
    »Ach, ich glaube, das musst du gar nicht wissen.«
    »Ich meinte die Fledermaus.«
    »Thanom. Wie der Feldmarschall. Dieselben Augen.«
    Ich hielt mich weiter an die Fledermausgeschichte. Ihr Gedächtnis war intakt, wenn es um Thanom ging, aber sobald mein Vater ins Spiel kam, wich sie mir aus. Ich drängte sie nicht. Ich kannte das Stichwort. Es war wie der Trigger, den Hypnotiseure verwenden, wenn sie jemanden in Trance versetzen wollen. Es kam mir vor, als könnte ich zu meinem Dad zurückreisen, indem ich sie nach Fledermäusen fragte. Geduld. Es hatte

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