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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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bestimmt besser verkäuflich. Und Mel hatte Interesse an mehr.«
    Die Antwort war einer chinesischen Neujahrsfeier würdig, doch inzwischen brachte die alte Dame nur noch kleine Böller und Knallerbsen zustande. Sie spuckte und zischte, und ihre Augen zuckten wütend von mir zu Chompu. Junior unterbrach sie, um ein paar Punkte klarzustellen, bevor er übersetzte.
    »Meine Mutter dachte nicht, dass jemand ein Stück Land kaufen wollte, das zwischen anderen Besitzern eingeklemmt war. Sie wollte warten, bis einer der Nachbarn ein Angebot machte. Koon Mel hat sie nur ein kleines Stück angeboten, weil sie wusste, dass er kein reicher Mann war und sie es ihm nicht unter Preis anbieten konnte.«
    Jetzt ich.
    »Das ist sehr nachbarschaftlich von Ihnen«, sagte ich. Jetzt waren alle Blicke am Tisch auf mich gerichtet. »Sie erinnern sich nicht zufällig an eine offene Grube am Ende Ihres Grundstücks, einen Fischteich oder ein Wasserbecken?«
    Ich hatte sie direkt angesehen, als ich meine Frage stellte. Ihre Feindseligkeit mir gegenüber wurde in dem Moment deutlich, als ihr Blick auf meine Turnschuhe fiel, und daher schien es mir sinnlos, mit ihr ein weibliches Bündnis zu schmieden. Sie meckerte eine Frage hervor.
    »Meine Mutter würde gern wissen, wer Sie eigentlich sind.«
    »Ich bin eigentlich …«, begann ich.
    » Koon Jimm ist meine Assistentin«, warf Chompu ein.
    Die Frage: »Welchen Dienstgrad hat sie?« wurde durch Vicha an ihn herangetragen.
    Mein Lieutenant überraschte mich, indem er in eine Rolle schlüpfte – oder daraus hervor. Er blinzelte und senkte seine Stimme um mehrere Oktaven.
    » Koon Vicha«, sagte er. »Bitte erklären Sie Ihrer Mutter, dass wir nicht gekommen sind, um verhört zu werden. Wir ermitteln in zwei ungeklärten Todesfällen auf einem Grundstück, das einmal Ihnen gehört hat. Im Moment ist Ihre Mutter unsere Hauptverdächtige. Wenn es ihr lieber wäre, können wir gern mit zwei Beamten wiederkommen und ihre Grundstücksurkunden einzeln durchgehen. Wenn nicht, beantworten Sie die Frage.«
    Ich bekam richtig Gänsehaut. Die alte Dame grinste höhnisch, als sie die Übersetzung hörte, dann schnaubte sie die Antwort hervor.
    »Meine Mutter sagt, dass unsere Familie das Land nie wirklich genutzt hat. Es war eine reine Geldanlage. Dort wurde nichts angebaut. Das Land wurde weder zugeschüttet noch ausgehoben. Falls dort irgendetwas vor sich gegangen sein sollte, auch Seltsames, so geschah das ohne Wissen und ohne Genehmigung der Familie.« Mutter und Sohn rückten zusammen. »Meine Mutter sagt, diese Befragung hat sie angestrengt, und sie möchte gern wissen, ob Ihre Freundin hier noch mehr Fragen hat, bevor sie sich ein wenig hinlegt.«
    Wir fuhren über die malerischen Hügel von Phato zurück. Es war der trockenste August seit Beginn der Aufzeichnungen, aber dennoch war die Vegetation üppig, und die Bäume am Straßenrand hängten ihre gelben, veilchenblauen und orangefarbenen Blüten heraus wie Dessous am Waschtag. Geisterhäuschen waren in grelle Tücher gewandet. Jemand hatte eine Bushaltestelle mit einer Plastikleine am Mast einer Überlandleitung verknotet. Kinder, die noch nicht mal rauchen durften, fuhren auf Mopeds herum. Unverputzte Häuser aus Beton. Berge von Kokosnussschalen. Reis diverser Schattierungen wurde in Bambusbuden verkauft, die nicht größer als Wandschränke waren. Alles Dinge, die einem nur auffallen, wenn man sich die Mühe macht.
    »Sie hat gelogen«, sagte ich.
    Chompu drehte Mariah Careys Kreischen leiser.
    »Und woher wollen Sie das wissen?«
    »Weil kleine, alte Chinesinnen immer lügen.«
    »Ah, eine logische, investigative Prämisse.«
    »Stimmt doch. Sie haben einen Kodex. Wenn sie das Gefühl haben, dass sie in der Klemme stecken, erzählen sie einem, was man hören will.«
    »Und wann genau kamen Ihnen Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit, werte Freundin?«
    »Vom ersten Moment an. Finden Sie es nicht merkwürdig, dass eine Firma vierzehntausend Hektar Land besitzt und sich die Besitzerin an Details eines winzigen Grundstücks irgendwo in der Pampa erinnern kann? Und dann der Quatsch, dass sie einem Nachbarn helfen wollte. Machte diese Frau einen besonders mildtätigen Eindruck? Nein, es hat seinen Grund, dass sie sich an dieses Land erinnert. Es hat ihr etwas bedeutet.«
    »Sie sind misstrauisch.«
    »Kriminalreporter können es sich nicht leisten, alles zu glauben, was sie hören.«
    »Kriminalreporter sind selbst nicht gerade vertrauenswürdig.

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