Der Tote trägt Hut
Ach, nun ist es mir doch rausgerutscht …«
»Hatten Sie bei dieser Aussage einen bestimmten Kriminalreporter im Sinn?«
»Nein, wirklich. Ich halte lieber meinen Mund.«
»Jetzt gibt es keinen Weg mehr zurück.«
»Okay, fangen wir mit einer charmanten Reporterin der Chiang Mai Mail an, die hergeflogen ist, um hier im Süden einen Fall zu recherchieren.«
Erwischt.
»So habe ich das nie gesagt.«
»Aber Sie haben auch nicht gesagt: ›Ich habe meinen Job gekündigt und bin hergezogen, um in einer maroden Ferienanlage in Maprao zu wohnen.‹«
»Die Leute hören, was sie hören wollen, ungeachtet dessen, was ich ihnen tatsächlich sage. Selber schuld.«
Ich warf einen Seitenblick auf den Lieutenant, der gleichmütig lächelnd die Landschaft betrachtete.
»Wie lange wissen Sie es schon?«, fragte ich.
»Seit Ihrem romantischen Mittagessen mit dem Boss.«
»Sie haben mir hinterherspioniert?«
»Nennen Sie mich ruhig neugierig.«
»Wissen die anderen …?«
»Was den Major angeht, bin ich mir nicht sicher. Er ist in letzter Zeit schwer einzuschätzen. Ich kriege ihn nicht mal mehr ans Telefon. Die Constables? Das sind Einheimische. Hier unten breitet sich alles aus wie Wasserhyazinthen in einem warmen Teich. Noch am selben Tag, als Sie die Grenze zur Provinz überschritten hatten, wussten alle Bescheid.«
Ich schmollte. Ich ließ mich nicht gern bei einer Lüge ertappen.
»Sie sind ja selbst nicht gerade übermäßig offen und ehrlich.«
»Wie können Sie es wagen! Ich bin so ehrlich wie ein Bergquell. Nicht dass ich ernstlich wüsste, wie ehrlich Bergquellen sind. Allerdings stelle ich sie mir einigermaßen ungetrübt vor.«
»Tatsächlich? Und heute Morgen? Als ich Ihnen am Telefon erzählt habe, dass ich die ehemaligen Besitzer von Old Mels Land gefunden hatte? ›Oh, darf ich vielleicht mitkommen?‹, hieß es. ›Sie sind ja wirklich findig‹, hieß es.«
»Und?«
»Und wir kommen in Ranong an, und Sie fahren direkt zu der Firma. Ich hatte Ihnen die Adresse gar nicht genannt.«
»Uups. Hatten Sie nicht?«
»Nein.«
»Gut geraten?«
»Man sollte Sie im Auge behalten, Lieutenant Chompu.«
Er wurde richtig rot.
»Und da wir gerade von Männern sprechen, die man im Auge behalten sollte …«, sagte er.
»Hmm. Hübsches Lächeln. Ich wette, er bügelt seine Hemden selbst.«
»Zu schade, dass er ein Muttersöhnchen ist.«
»Hat mich an Liu De Hua erinnert.«
»Ah, kreisch. In den war ich jahrelang verknallt.«
»Ich auch.« Wir klatschten uns ab, und der Wagen schlingerte gefährlich auf den Standstreifen. »Dabei dachte ich, mich würde nie irgendwas mit der Polizei verbinden.«
Die Familie aß an diesem Abend an dem Tisch, der Mairs Laden am nächsten stand, damit sie ihn im Auge behalten konnte, falls es zu einem unerwarteten Kundenansturm kommen sollte. Arny hütete die beiden Cabanas, die in dieser Nacht belegt waren: die eine mit unserer meist abwesenden Ornithologin, die andere mit einem jungen Pärchen, das ohne Gepäck auf einem Motorrad gekommen war. Der Fernseher im Zimmer war alt und klobig und – offen gesagt – keinen Diebstahl wert, also hatte Arny sich das Zimmer im Voraus bar bezahlen lassen und das Ausfüllen der Formulare der Thailändischen Tourismusbehörde erspart. Er betrachtete es als Eindringen in die Privatsphäre seiner Gäste. Es entsprach Arnys Wesen, jedem zu vertrauen, den er traf. Vermutlich war seine Hypersensibilität auf die ständigen Schläge auf den Hinterkopf zurückzuführen, die ihm die Enttäuschung verpasst hatte. Er würde es nie lernen.
Das letzte Licht des Abends schimmerte auf den schleimigen Rücken gestrandeter Quallen: Hunderte, wie makrobiotische Ufos, die durch das Überfischen des Golfs in immer flachere Gewässer getrieben wurden. Über Nacht würde unsere ortsansässige Gemeinde kleiner Krebse über sie herfallen, die in winzigen Löchern im Sand wohnte. Seit ich gesehen hatte, was sie mit einer Qualle von der Größe eines Mülleimerdeckels anstellen konnten, ließ ich mich nur ungern länger als fünf Minuten im Sand nieder. Ein kurzsichtiger Krebs mochte meinen expandierenden Hintern für einen angespülten Seeigel halten.
»Hat jemand was Neues zu erzählen, oder wollen wir hier sitzen und schweigend essen?«, fragte ich und brach Mairs eherne Regel, indem ich heimlich einen Garnelenschwanz durch die Bodenbretter fallen ließ, damit Gogo ihn bekam, die dort im Sand schon wartete.
»Ich habe ein Sportstudio gefunden«, sagte
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