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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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weder verklärt noch hingegeben, gen Boden blickt. Der Pfarrer hatte erwirkt, das Negativ ausgehändigt zu bekommen, und sie würde sich am Montag um eine Ausschnittsvergrößerung kümmern.
    Sie tauchte wieder auf,, ließ Shampoo auf die Handfläche träufeln, massierte es sich ins Haar.
    »Und du, was hast du gemacht? Wie war’s bei der LAES?«
    Während Marlen berichtete, auf welche Weise sie an Salvatores Adresse herangekommen und wie der Besuch bei Signora delle Donne verlaufen war, vergaß Livia ihre Arbeit, den Schaum in den Haaren und die Müdigkeit.
    »Ist ja unglaublich! Und du bist wirklich hingefahren? Alle Achtung!«
    Marlen grinste. »In der Not verkauft die Hexe ihre eigene Großmutter.«
    »Er hat den Toten also doch gekannt«, faßte Livia zusammen. »Genau wie du vermutet hast.«
    »Und er hat ihn erkannt und ist auf und davon«, sagte Marlen. »Was soll man davon halten?«
    Was hatte es zu bedeuten, daß Salvatore den Toten gekannt hatte? Umberto, ein Jugendfreund, vielleicht auch mehr als das? War Salvatore so erschrocken gewesen, weil er den Freund erkannt hatte – oder weil der Freund tot war? Hatte er Umberto vielleicht irgendwann vor vielen Jahren diese Höhle gezeigt? Spielte dieser Plan vom unterirdischen Neapel eine Rolle? Aber warum wollte Salvatore nicht zur Polizei gehen? Umberto war doch ein Freund … Hatte er ihn womöglich doch selbst auf dem Gewissen?
    »Unmöglich«, sagte Marlen energisch. Wenn Salvatore Umberto umgebracht hätte, hätte er sie nicht dorthin geführt.
    »Es sei denn, er ist – dem Klischee eines Täters gemäß – an den Tatort zurückgekehrt«, warf Livia ein.
    »Wie du schon sagst, ein Klischee«, entgegnete Marlen. Aber er hatte eindeutig Angst. Wovor? Wieso war er abgetaucht? Waren es wirklich nur normale mütterliche Sorgen, die die Signora umtrieben?
    »Aber wenn es in Wirklichkeit ihn treffen sollte«, überlegte Livia. »Seine Höhle, sein Diwan … Dann wäre es kein Wunder, wenn er die Beine in die Hand nimmt und verduftet.«

17
    Sie hatten sich besonders früh auf den Weg gemacht, um die Müdigkeit rechtzeitig zu bekämpfen und noch einen Platz zu ergattern, bevor die Leute aus den Kinos strömten. Doch heute abend waren die engen Räumlichkeiten der zweistöckigen Bar Italo schon um halb zehn rammelvoll. Livia stellte sich vor, wie die Leute im Verlauf der Nacht aus den Fenstern in der ersten Etage quellen würden, ein Fenstersturz rein malerischer Natur. Vielleicht würde sie Italo das Bild nachträglich schenken, als Andenken an das Kneipenjubiläum. Hing ganz vom Verlauf des Abends ab. Zehn Jahre Italo und freie Getränke noch dazu – das ließ sich kaum jemand entgehen.
    Die Affäre zwischen Italo und Livia lag schon viele Jahre zurück und war im Grunde, wie es beide mittlerweile sahen, eine gute erotische Freundschaft, die auch jetzt noch ab und zu für eine Nacht wiederbelebt wurde. Keine verzehrende Leidenschaft, keine abgrundtiefe Liebe. Beide hatten, als sie sich kennenlernten, gerade eine längere Beziehung hinter sich und keinerlei Reserven für ein neues Abenteuer, eher ein Bedürfnis nach Freundlichkeit und unverlangter Nähe. »Wir haben uns gegenseitig die Wunden geleckt«, pflegte Livia zu sagen, »und waren nett zueinander.«
    »Sehr nett«, pflichtete Italo bei, der ihnen soeben Barhocker organisiert hatte. »Außerdem haben wir uns selten genug gesehen.«
    »In der Morgendämmerung«, sagte Livia.
    »Oder am frühen Abend.«
    Italo hatte abends bis spät in die Nacht hinter der Theke gestanden, und wenn er gegen Morgen einschlief, war Livia aus dem Bett gesprungen, um gegen neun an der Uni zu sein.
    »Schichtschlafen«, grinste Italo und schenkte Pinot grigio nach.
    An der Wand gleich neben dem Eingang hing ein Bild, das Livia gemalt hatte: eine Auftragsarbeit, Italo in Originalgröße, was ihr neben lebenslänglich freien Getränken, solange es das Italo gab, auch eine Reihe von Kunden eingebracht hatte – eine wirkungsvollere Werbung als jede Ausstellung. Italo berichtete Livia in unregelmäßigen Abständen von den Kommentaren seiner Kneipengäste, als würde er Rezensionen sammeln (»Dieses Porträt ist tausendmal besser als all die Leute hier zusammengenommen und übereinanderprojiziert.«) Und wenn er den Eindruck hatte, jemand sei ernstlich an Livia – als Malerin – interessiert, gab er ihre Telefonnummer weiter.
    » Buona sera, carissima «, näherte sich von der Seite eine spöttisch klingende Stimme. »Wieder ein

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