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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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gelaufen. »Ich kenne nicht einmal seine heutigen Freunde. Wir sind jeder unsere eigenen Wege gegangen, bis sie sich kreuzten, wie gesagt. Was vorher war, war vorher.«
    »Und was hinterher war?« führte Marlen den Gedanken weiter.
    »Hinterher ist nie«, sagte Fiorilla. »Hinterher ist morgen. Wissen Sie denn, was morgen kommt?«
    Dumme Frage, natürlich nicht.
    Marlen war enttäuscht. Sie hatte mehr von dem Gespräch erwartet, gerade auch in Sachen Salvatore. Fiorilla Cacciapuoti hatte nichts wesentlich Neues erzählt, die Kontrolle behalten, das Gesicht gewahrt. Selbst das Reizwort »Verhältnis« hatte seine übliche Wirkung verfehlt. Andere Frauen? Natürlich, kein Problem. Wir sind flexibel. Waren flexibel. Ein merkwürdiges Paar, dachte Marlen. Undurchsichtig. Sie läßt sich nicht in die Karten gucken, doch andererseits, warum sollte sie auch, von irgendeiner fremden Journalistin?
    Das Telefon klingelte erneut. Diesmal nahm Fiorilla den Hörer ab. Marlen hörte einen kurzen Dialog, ein kurzes si–no–fra mezz’ora – in einer halben Stunde. Livia war währenddessen wieder hereingekommen und hatte ihr zugeraunt, sie solle sich unbedingt die Toilette ansehen, vierte Tür rechts. Fiorilla legte den Hörer auf und lächelte. Auch Marlen erhob sich.
    »Eine letzte Frage, bitte«, sagte sie.
    »Ja?«
    »Wie kommt es, daß Sie so ausgezeichnet Deutsch sprechen?«
    Fiorilla erklärte auf deutsch, ihr Vater sei Neapolitaner, ihre Mutter jedoch Deutsche, die Kinder, sie und ihre Schwester, seien von klein auf zweisprachig aufgewachsen, die Mutter habe darauf bestanden. Nach dem Abitur habe sie zwei Jahre in München gelebt, danach ein Jahr in Paris und eins in London. »Sprachen kann man immer gebrauchen, war ein Leitspruch meiner Mutter«, schloß sie.
    Marlen nickte. »Und – haben Sie sie gebraucht?«
    »Gerade eben, zum Beispiel.«

20
    »Ich schwöre dir, die Dinger sind mindestens 200 Jahre alt!« Livia packte Marlen aufgeregt am Arm, als sie wieder durch den langen, gekachelten Gang zum Fahrstuhl gingen.
    »Jetzt warte doch, bis wir draußen sind«, zischte Marlen zwischen den Zähnen und setzte eine extra gleichgültige Miene auf. »Wenn sie uns über eine Kamera beobachtet!«
    »Wir sind doch nicht in einem Krimi«, flüsterte Livia.
    »Ich schon«, zischte Marlen zurück. »Spätestens seit meiner Ankunft in Neapel. Und jetzt halt die Klappe! Bitte.«
    »Er muß eine Menge Geld gehabt haben«, sagte Livia, als sie im Aufzug nach oben fuhren. »Eine Nobelvilla am Meer, Posillipo, Toplage, die Einrichtung … Das wird man ja wohl sagen dürfen«, betonte sie, »selbst wenn sie es hört, schließlich verstecken die ihr Geld nicht.«
    Marlen grinste. »Über Geld spricht man nicht«, dozierte sie. »Einer der Lieblingssprüche meines Vaters, er hatte auch ein paar Nebensprüche, aber wehe man hat ihn danach gefragt, wieviel er verdient oder was das Haus damals gekostet hat. Flüchtlingsethik. Wer weiß. Über Geld spricht man nur, wenn es sich in den Dingen versteckt, in Porzellan, antiken Möbeln, echten Perserteppichen, Bildern – gesäuberte, aufpolierte Ware…«
    Die Gittertür fiel hinter ihnen ins Schloß, sie standen wieder an der Via Posillipo, kniffen die Augen gegen die späte Nachmittagssonne zusammen, die sich in einem noch flachen Winkel über das Wasser ergoß.
    »Wie zum Beispiel in den Majoliken im Badezimmer«, nahm Livia ihren Gedankengang wieder auf. Auf der Suche nach der Gästetoilette war sie versehentlich im Badezimmer der Cacciapuoti gelandet. Und dort waren ihr sofort die herrlichen alten gelb-blau gemusterten Kacheln auf dem Fußboden und an den Wänden ins Auge gefallen, die nicht so recht zur sonstigen trendgerechten Ausstattung paßten. Die zwei Waschbecken, die in die Ecke eingepaßte, dreieckig-ovale Badewanne, Toilette, Bidet – alles vom Teuersten und Neuesten, doch je aufwendiger diese Teile blinkten und glänzten, desto spöttischer schienen die Kacheln zurückzulächeln, sich einer gewissen Würde bewußt, die die Jahre ihnen verliehen hatten. Livia hatte auf der Toilette gehockt, das Kinn in die Hände gestützt, die Ellbogen auf den Knien, und diesen imaginären Zweikampf zwischen alt und modern auf sich wirken lassen, an dem auch die Handtuchhalter, Lampen, Zahnputzbecher, die gelbe Klo- bürste und die gelbe, fischförmige Seife teilhatten.
    Vom Badezimmer ging noch eine zweite Tür ab. Livia nahm an, daß sie zum Schlafzimmer führte, damit die Eheleute ohne den

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