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Der Tote vom Kliff

Der Tote vom Kliff

Titel: Der Tote vom Kliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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auf der anderen Seite mit den fröhlich bunten Reihenhäusern war
auch eher auf bürgerlich geprägte Gäste als mondäne Urlauber ausgerichtet. Das
galt sicher auch für das neue Hotel, das zu diesem Areal gehörte.
    Im Unterschied zu den anderen drei Häfen Sylts
verfügte Rantum über keine Molen, die ein Hafenbecken schützend umschlossen,
sondern nur über einen Anleger, der ins Wattenmeer hinausführte. Um diese
Jahreszeit lagen fast keine Boote am Steg. Und nur auf einem Schiff fanden sie
einen wettergegerbten älteren Mann, der behände auf dem Boot herumturnte und
irgendwelche Arbeiten erledigte.
    »Moin«, rief ihm Lüder vom Steg aus zu.
    Der Mann unterbrach seine Verrichtungen und blinzelte
die beiden Beamten an.
    »Haben Sie etwas von gestohlenen oder verschwundenen
Segelleinen gehört?«
    Der Segler beäugte die beiden Polizisten kritisch,
bevor er wortkarg »Warum?« fragte.
    »Wir sind von der Polizei und verfolgen eine Anzeige,
weil immer wieder Segelleinen gestohlen werden«, log Lüder.
    »Hab noch nichts davon gehört. Und ich müsst es wissen.
Bin immer hier. Ist ja noch nicht viel los um diese Jahreszeit. Die kommen alle
erst später.«
    »Gerade weil die Saison noch nicht begonnen hat,
wollen wir der Sache nachgehen«, sagte Lüder.
    »Wie gesagt – ist noch nix los. Nur die Harten sind
schon mit dem Boot unterwegs. Aber – Moment.« Der Mann fuhr sich mit der Hand
über die Stirn. »Hab’s nur hintenrum gehört. So über Ecken. Da war einer hier,
der ist heute Morgen wieder raus. War nur eine Nacht da. Der soll geflucht
haben wie Neptun selbst, weil sie ihm ein Stück vom Großfall gekappt haben. So
‘ne Sauerei.«
    »Wissen Sie, wie der Segler heißt?«
    »Keine Ahnung. Ich glaube, Oke. Hab ihn ein paar Mal
hier zwischen den Inseln und Halligen gesehen. Ich kenn aber den Namen von
seinem Boot.«
    Große Jäger schüttelte den Kopf und zischte, für den
Mann unhörbar: »Warum sagt der Kerl das nicht gleich?«
    »Können Sie uns den nennen?«
    »Klar. ›Isern Hinnerk‹. Ist eine LM  27, ein Motorsegler mit einem
Acht-Meter-Mast. Wenn Ihnen das was sagt.«
    Lüder ließ die rhetorisch gemeinte Frage
unbeantwortet.
    »Komischer Kauz«, raunte ihm Große Jäger zu. »Den
Skipper kennt er nicht, aber das Boot ist ihm in Erinnerung geblieben.
Typischer Segler.«
    »Wissen Sie, wohin die ausgelaufen sind?«
    »Weiß nicht. Wie gesagt – ich habe nur davon gehört.
Kann sein, dass der zurück ist.«
    »Was heißt – zurück?«
    »Na – in den Heimhafen.«
    »Und der ist?«
    »Nordstrand.«
    Lüder bedankte sich.
    »Da nicht für«, antwortete der Mann, tippte sich gegen
die Stirn und widmete sich wieder seiner Arbeit.
    »Das ist doch etwas«, stellte Lüder fest. »Dieser Spur
sollten wir nachgehen. Doch zunächst möchte ich noch einmal mit dem Mann
sprechen, den du heute Morgen vor dem Tatort angehalten hast.«
    »Hans-Martin Hollergschwandtner.«
    »Haben wir seine Adresse?«
    »Keine hiesige. Der stammt aus Bayern. Aber ich habe
mir auf der Dienststelle seine Handynummer besorgt.«
    »Wie ich dich kenne, hast du auch noch mehr
Erkundigungen eingezogen.«
    »Versucht«, gab Große Jäger zu. »Aber es liegt nichts
gegen ihn vor. Er ist ein gänzlich unbeschriebenes Blatt.«
    Große Jäger holte sein Handy hervor, und Lüder staunte
bei dieser Gelegenheit, was der Oberkommissar alles in den Taschen seiner
schmuddeligen Jeans zu verbergen verstand. Doch die Enttäuschung folgte
umgehend. Große Jäger vollführte auf dem Beifahrersitz allerlei akrobatische
Verrenkungen, indem er in die zahlreichen Taschen seiner Kleidung eintauchte
und unentwegt »Wo habe ich sie nur?« murmelte. Nach einer Weile kramte er einen
zerknitterten Zettel aus der Tiefe der Innentasche seiner Weste hervor und
lächelte Lüder an. »Die Nummer«, erklärte er und tippte sie auf seinem
Mobiltelefon ein.
    Er musste lange warten, und Lüder glaubte schon, es
komme keine Verbindung zustande, als Große Jäger sagte: »Polizei. Wir haben
heute Morgen in Kampen miteinander gesprochen.« Dann hörte er einen Moment zu.
    »Das ist nicht erheblich, woher wir Ihre Rufnummer
haben. Für die Polizei ist sie nicht vertraulich. Wir müssten Sie noch einmal
als Zeuge hören.«
    Erneut sprach der andere.
    »Das müssen Sie uns überlassen, was notwendig ist. Es
gibt zwei Möglichkeiten: Wir laden Sie offiziell vor, oder wir erledigen das
zwanglos. Das Letztere ist sicher unkomplizierter.« Dann lauschte Große Jäger
wieder in

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