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Der Tote vom Kliff

Der Tote vom Kliff

Titel: Der Tote vom Kliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Jäger auf
Gangsterjagd.«
    Lüder musste lachen, als Sinje mit dünner Stimme das
Kinderlied »Fuchs, du hast die Gans gestohlen« anstimmte und bei der Zeile
»sonst kommt dich der Jäger holen« deutlich lauter wurde.
    Jonas fing fürchterlich an zu lachen. »Blöde Gans.
Lüder jagt doch keine Gänsediebe. Wo bist du gerade?«
    »Auf dem Weg nach Sylt?«
    »Mit dem Autoreisezug?«
    »Ja.«
    »O geil.«
    »Kannst du auch noch etwas anderes sagen?«
    »Nö.«
    Dann entspann sich eine hitzige Diskussion, weil Jonas
den Hörer nicht an Margit weitergeben wollte. Schließlich setzte sie sich doch
durch.
    »Ist das wahr, dass du auf dem Weg nach Sylt bist?«,
fragte Margit. Sie schaffte es, in ihre Stimme gleichzeitig Enttäuschung und
Unverständnis zu legen.
    »Reine Routine.«
    »Das hast du immer gesagt, wenn es heiß herging. Hast
du auf Mithören gestellt?«
    »Nein.«
    »Stimmt es, dass du wieder mit Wilderich
zusammenarbeitest?«
    »Ja.«
    »Das heißt aber hoffentlich nicht, dass er wieder bei
uns schläft und hier alles durcheinanderbringt. Ich habe noch genug vom letzten
Mal.«
    »Dieser Fall ist ganz anders. Wirtschaftskriminalität.
Da ist nichts Brisantes dran.«
    Margit war anzumerken, dass sie von Lüders
Beschwichtigungsversuchen nicht überzeugt war. Ebenso wenig zeigte sie sich
davon begeistert, dass er nicht sagen konnte, ob er es am selben Abend noch bis
ins heimische Kiel schaffen würde.
    Inzwischen hatte sich der Zug wieder in Bewegung
gesetzt, nachdem sein Gegenstück die Verladeeinrichtung verlassen und das Gleis
freigegeben hatte. Rechts tauchte ein unansehnliches Gewerbegebiet auf. Wenig
später erreichten sie den Bahnhof Westerland.
    Einer Schlange gleich folgte jedes Fahrzeug seinem
Vorgänger. Sie fuhren über die Rampe vom Oberdeck hinab, schlängelten sich
durch die Anlage und mussten Geduld aufbringen, um sich auf der einzigen
Straße, die von Nord nach Süd verlief, in den laufenden Verkehr einzureihen.
    »Wir sollten zunächst die Häfen besuchen. Vielleicht
erfahren wir dort etwas über die verwendeten Seile«, schlug Lüder vor und
steuerte den privaten Hafen von Munkmarsch an. Vor der Eröffnung des
Hindenburgdamms hatten hier die Fährschiffe angelegt, die die schon damals
reichlich vorhandenen Gäste zur Insel brachten.
    Der alte Prachtbau des Fährhauses war heute ein Hotel.
Man hatte den noblen Stil der frühen Jahre bewahrt und einen nicht zu sehr
kontrastierenden Anbau angefügt. Von der Rauheit der See kündete die
gelb-rot-blaue Flagge Nordfrieslands, die an einem der drei Masten wehte und
zur Hälfte zerrissen war.
    Lüder parkte vor der Rückseite eines grünen Schuppens,
vor dem eine Reihe Boote auf Trailern standen, während der durch zwei Molen
geschützte kleine Hafen fast leer war. Ein einsames Schiff dümpelte träge im
sanften Wellengang. Ein Schild verkündete, dass hier der Sylter Segler Club
beheimatet war, und in dessen Räumen trafen sie einen Mann, der mit
irgendwelchen Arbeiten beschäftigt war.
    Die beiden Beamten fragten ihn, ob in Munkmarsch ein
Boot gelegen habe, von dem ein Tau gestohlen worden sei. Doch weder der Mann
noch die Seglerkameraden, die er anrief, wussten von einem fehlenden Tau.
    »Bringt uns das weiter?«, fragte Große Jäger
skeptisch, als Lüder zum nächsten Hafen fuhr.
    »Das ist Kärrnerarbeit der Polizei«, sagte Lüder.
    »Da ist Kerners Arbeit einfacher«, antwortete der
Oberkommissar mit einem Wortspiel, das auf den oft und gern auf Sylt weilenden
Fernsehprominenten anspielte.
    Sie umrundeten den Flugplatz, der sich eine nicht
unerhebliche Fläche der Insel einverleibt hatte, und fuhren gen Süden. Erneut
mussten sie den Engpass am Bahnhof passieren, durchfuhren dann ein Wohngebiet
mit Einfamilienhäusern, in dem die einheimischen Westerländer residierten, und
erreichten bald darauf Rantum, jenen Ort, der sich an der schmalsten Stelle der
Insel befindet und von dem manche euphorischen Stimmen behaupten, in dieser
Gemeinde würde ein zweites Kampen heranwachsen. Lüder war der Überzeugung, mit
solchen Aussagen würde man beiden Orten nicht gerecht werden. Rantum täte gut
daran, seinen eigenen durchaus anheimelnden Charakter zu bewahren.
    Die Zufahrt zum Hafen führte durch ein unaufgeräumt
wirkendes Gewerbegebiet, das auch durch den Neubau der Sylt Quelle nur
unzureichend aufgewertet wurde. Die dunklen, lang gestreckten Klinkerbauten,
die an ehemalige Kasernen erinnerten, dienten heute als Erholungsheime, und das
Neubaugebiet

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