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Der Tote vom Kliff

Der Tote vom Kliff

Titel: Der Tote vom Kliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Zeigefinger
unsichtbare Figuren auf den Tisch. »Ich habe andere Einkünfte.«
    »Darf man fragen, was?«
    »Nein«, kam es bestimmt über die Lippen des Mannes.
    »Die junge Dame an Ihrer Seite. Ist das Ihre
Freundin?«
    »Sabine?«
    »Sabine – was?«
    »Sabine Johbst. Ihr Vater hat eine Wohnung in
Westerland. Dort wohne ich.«
    »Und was macht Frau Johbst beruflich?«
    »Nichts – verdammt. Das werden Sie wohl nicht
begreifen, dass es Menschen gibt, die nicht auf ein klägliches Einkommen am
Ende des Monats angewiesen sind.«
    »Weil sie besonders tüchtig waren? Oder weil sie
geerbt haben?«
    »Ihr Vater«, presste Hollergschwandtner zwischen den
Lippen hervor.
    »Und von dessen Vermögen leben Sie auch?«
    Der Mann schwieg.
    »Hat Frau Johbst ein weißes Hermelincape?«
    »Nein. Wie kommen Sie darauf?«
    »Kennen Sie jemanden, der so etwas vermisst?
Schließlich sind die Dinger teuer.«
    »Solche Bekleidungsstücke finden Sie häufig auf Sylt.«
    Lüder räusperte sich, bevor er fragte: »Waren Sie
schon einmal in dem Haus am Ende der Kurhausstraße?«
    »Warum sollte ich?«
    »Die Polizei untersucht bei Mord sehr akribisch den
Tatort. Und wenn es Hunderte von Spuren sind, gleich ob Fingerabdrücke oder DNA -fähiges Material, wir analysieren
alles.«
    »Soll das heißen, Sie wollen meine Fingerabdrücke?«
    »Im Zweifelsfall – ja.«
    Hollergschwandtner lehnte sich zurück. Er fuhr sich
nervös mit der Hand durchs Haar.
    »Schön. Ich war schon ein-, zweimal dort. Zu einer
Party. Man trifft sich hier auch in privaten Kreisen. Wenn man sich kennt, ist
man öfter unterwegs. Dort, wo etwas los ist.«
    »Und in der Villa Laipple war Party angesagt?«
    »Sicher. Auch da.«
    »Und wen trifft man dort?«
    »Tsch«, zischte Hollergschwandtner. »Das war eine
dumme Frage. Alle. Zumindest die, die dazugehören. War’s das?«
    Als Lüder nickte, stand er auf und kehrte zum Kreis
seiner Freunde zurück. Die beiden Beamten konnten beobachten, wie
Hollergschwandtner mit Fragen überhäuft wurde. Der Mann muss sich rasch eine
Menge plausibler Ausreden einfallen lassen, dachte Lüder.
    Inzwischen war es dunkel geworden. Sie fuhren zum
Bahnhof zurück, ließen sich auf den Autoshuttle einweisen, und Lüder setzte
Große Jäger in Husum ab, bevor er sich auf den langen Heimweg nach Kiel machte.

ZWEI
    Margit verfügte über die Fähigkeit, morgens zu der
Zeit wach zu werden, die sie sich selbst gesetzt hatte. Als sie Lüder weckte,
war sie schon im Bad gewesen und hatte die Vorbereitungen für das Frühstück
begonnen. Im vergangenen Jahr hatte Lüder unterm Dach, das die Zimmer der
beiden Großen beherbergte, eine weitere Dusche einbauen lassen, um den
morgendlichen Engpass Badezimmer zu entzerren. Das half ihm heute aber nicht.
Das Badezimmer der Erwachsenen war von innen verriegelt, und nach heftigem
Rütteln an der Tür erklärte Jonas, dass er auf dem Klo sitze und auch keine
Chance sehe, diesen Umstand für die nächste Stunde zu ändern. Es waren nur
zwanzig Minuten, die Jonas die »Häuschenbesetzung« durchhielt, die aber den
ganzen morgendlichen Ablauf im Hause Lüders durcheinanderbrachten.
    Margit hatte vom Bäcker zwei Zeitungen mitgebracht,
die mit großen Schlagzeilen vom Mord an Lew Gruenzweig berichteten. Die »Kieler
Nachrichten« brachten neben einem großen Bild des Ermordeten und einer dick
gedruckten Schlagzeile einen Artikel auf der ersten Seite, der den bisher
bekannten Sachverhalt wiedergab. Ferner hieß es, dass die Ermittlungsbehörden
fieberhaft arbeiten würden und eine Sonderkommission gebildet worden sei. Über
den exakten Tathergang und mögliche Motive gab es keine Vermutungen. Die
Zeitung stützte sich hier auf eine erste Pressekonferenz von Oberstaatsanwalt
Brechmann.
    »Ausgerechnet Brechmann«, murmelte Lüder mehr zu sich
selbst, als er den Bericht überflog. »Hoffentlich knickt er diesmal nicht
gegenüber irgendwelchen Großkopfeten im Hintergrund ein.«
    »Hast du wieder Ärger mit ihm?«, fragte Margit
beiläufig, um gleichzeitig ihre Aufmerksamkeit Sinje zuzuwenden, die mit dem
Ärmel im Nutella gelandet war, als sie nach den Cornflakes greifen wollte, die
Jonas rasch ihrem Zugriff entzog.
    »Wie kommst du darauf, dass ich in diese Sache
involviert bin?«, fragte Lüder beiläufig und versuchte uninteressiert zu
wirken.
    »Nun tu nicht so«, mischte sich Thorolf ein. Der
Vierzehnjährige war im Stimmbruch, und seine Stimme kickste manchmal im Wechsel
zwischen tief und hoch. »Du

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