Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
den
Kopf. Sie hat noch nicht eine Silbe gesagt, seit die Polizisten ins Zimmer
gestürmt sind.
    Â»Ich besorg dir einen. Vorher sagst du nur deinen Namen, sonst
nichts«, ordnet Dr. Fender an.
    Fernando gibt sich den Anschein, die erboste Hausherrin zu
ignorieren. »Kommen Sie.« Er fasst die Verdächtige mit sanftem Druck am Oberarm
und führt sie aus dem Zimmer.
    Â»Entschuldigen Sie die Störung«, sagt Jule zu Dr. Fender und
schließt die Tür vor der Nase der verdutzten Psychiaterin.
    Â»Dilettanten«, schallt es ihnen von drinnen hinterher.

Dienstag, 24. April, Nachmittag
    Â»Es war meine Schuld«, flüstert Liliane Fender. »Was Elise
damals passiert ist.«
    Â»Das müssen Sie mir jetzt erklären«, fordert Völxen verwirrt, denn
bis eben hat die Psychiaterin lediglich wortreich ihrer Empörung über das
Vorgehen der Polizisten Luft gemacht, und Völxen ist noch gar nicht dazu
gekommen, ihr überhaupt eine Frage zu stellen.
    Â»Ich hatte mich mit meiner besten Freundin gestritten, warum, weiß
ich nicht mehr. Aus Trotz und Langeweile kam es mir in den Sinn, mich mit Elise
zum Schwimmen zu verabreden. Sie war schüchtern und etwas plump, die
Außenseiterin in der Klasse.« Dr. Fender verzieht das Gesicht und lacht
höhnisch auf. »Bestimmt war sie glücklich darüber, dass sich die allseits
beliebte Liliane dazu herabließ, sich mit ihr abzugeben.«
    Sie macht eine Pause, damit sich Hauptkommissar Völxen ausmalen
kann, dass sie schon damals der Schwarm aller männlichen Mitschüler gewesen
sein muss.
    Â»Ausgerechnet an diesem Tag hatte ich mich wieder mit meiner
Freundin versöhnt, und Elise … Ich hatte sie nicht vergessen, das wäre ja noch
entschuldbar gewesen, nein, sie war mir einfach egal. Ich hielt es nicht für
nötig, sie anzurufen und abzusagen.« Liliane Fenders Blick ist nun aus dem
Fenster von Völxens Büro gerichtet. Sie legt die Fingerspitzen der linken Hand
an ihre Schläfe, als hätte sie Migräne, und ihre Worte klingen, als führte sie
ein Selbstgespräch: »Wie lange hat sie wohl vor dem Eingang des Schwimmbads
gewartet, hat alberne Teenager kommen und gehen sehen? Wie traurig, wütend und
enttäuscht muss sie gewesen sein, dass sie alle Warnungen und Verbote über Bord
warf und einstieg, als dieser Strauch in seinem Wagen anhielt …«
    Â»Woher wissen Sie das mit dem Wagen?«, unterbricht Völxen.
    Â»Das stand damals in der Zeitung. Man hat sie vor dem Schwimmbad
gesehen, sie sei angeblich in ein Auto gestiegen. Die einen sagten, es sei
klein und rot gewesen, die anderen behaupteten, dass es groß und schwarz war.«
    Völxen nickt. Was Augenzeugen angeht, kann auch er ein Lied singen.
Heute früh hat er die Akte des alten Vermisstenfalls angefordert, aber sie hat
noch nicht den Weg auf seinen Schreibtisch gefunden. »Wie ging es weiter?«
    Â»Weiter? Na, sie war verschwunden. Täglich berichtete die Zeitung,
die Polizei war in der Schule. Dann hieß es plötzlich, sie sei wieder da. Gott,
haben wir uns scheußlich benommen, alle miteinander.«
    Â»Wen meinen Sie damit?«
    Â»Wir, die Mitschüler. Wir haben sie angestarrt wie ein Monster, denn
natürlich haben wir geahnt, was mit ihr geschehen war, obwohl sie ja eisern
gelogen und geschwiegen hat, auch vor der Polizei. Wir haben hinter ihrem
Rücken über sie getuschelt, ein paar Jungs haben obszöne Gesten gemacht und
ordinäre Ausdrücke gemurmelt, wenn sie vorbeilief. Auch ich war kein bisschen
besser als die anderen. Elise hat dann immer öfter in der Schule gefehlt, und
nach den Herbstferien ist sie nicht mehr wiedergekommen. Es hieß, ihr Vater
habe um Versetzung gebeten. Aber ich konnte Elise nicht vergessen, und je älter
ich wurde, desto öfter musste ich an sie denken und desto deutlicher wurde mir
die Tragweite des damaligen Geschehens. Vor einem halben Jahr habe ich sie dann
bei Pro victim getroffen. Sie hat so getan, als würde
sie mich nicht kennen. Aber letzten Donnerstag war sie wieder da, und nach dem
Vortrag habe ich sie einfach angesprochen und ihr gesagt, dass sie eine
Therapie machen sollte.«
    Â»Warum?«, fragt Völxen. »Sie konnten doch gar nicht wissen, wie es
ihr inzwischen geht.«
    Liliane Fender lächelt wissend und schüttelt dabei den Kopf, als
hätte der Kommissar etwas besonders Törichtes

Weitere Kostenlose Bücher