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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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es keine Garantie. Jede Prognose
birgt ein Risiko, das liegt in ihrer Natur. Irrtumslose Prognosen sind nicht
möglich, und kein Gewaltverbrecher hat null Prozent Rückfallrisiko. Aber was
sollen diese Fragen überhaupt? Schließlich ist Martin doch das Opfer, oder?«
    Â»Es ist möglich, dass der Mord mit seinem Beruf zu tun haben
könnte.«
    Sie nickt. »Verzeihen Sie. Sie haben sicher auch Ihre Methoden, die
für unsereins nicht durchschaubar sind.«
    Vorsicht, jetzt verarscht sie dich, sagt sich Fernando und wendet
sich wieder konkreteren Dingen zu: »Wofür sitzt dieser Strauch?«
    Â»Sexueller Missbrauch und Totschlag.«
    Sie haben den Parkplatz erreicht, der Wagenschlüssel klimpert in
ihrer Hand. Ein silberner Peugeot 207
blinkt auf.
    Â»Machen Sie auch solche Gutachten?«, fragt Fernando.
    Â»Gerichtsgutachten? Hin und wieder, ja. Ich war häufig Gutachterin
der Nebenkläger, wenn es um die Folgen eines Traumas bei Verbrechensopfern
ging.«
    Â»Also hat Offermann die Täter behandelt, und Sie die Opfer«, fasst
Fernando, der griffige Formulierungen mag, zusammen.
    Sie öffnet die Wagentür. »Wenn Sie das so simpel ausdrücken wollen,
meinetwegen.«
    Dr. Fender steigt in ihren Wagen.
    Tolle Beine, denkt Fernando. Tolle Frau.
    Â»Völxen, ich hab da was.« Oda stellt ihre Kaffeetasse
neben Völxens. Er sitzt allein am Tisch, die Cafeteria ist um diese Zeit, halb
zwölf, fast leer. »Spätes Frühstück?«
    Â»Genau«, sagt er, während er ein paar Krümel von seiner Krawatte
schüttelt. »Lass hören.«
    Sie berichtet von dem Streit, den die Buchhändlerin erwähnt hat.
    Â»Das ist doch schon mal was«, meint Völxen zufrieden. »Obwohl es ja
ziemlich unklug wäre, mit jemandem vor Publikum einen Streit anzufangen und ihn
hinterher zu erschießen.« Aber zum Glück benehmen sich Täter nicht immer
intelligent. Sonst hätte sein Dezernat wohl keine so hohe Aufklärungsquote bei
Tötungsdelikten vorzuweisen: in manchen Jahren hundert Prozent. Im letzten Jahr
blieb von vierundfünfzig Fällen nur einer ungeklärt, ein Mord in Mafiakreisen.
Also nichts, was die Öffentlichkeit über die Maßen bewegt.
    Â»Sie hat sich sogar schon vor Millionen Leuten mit ihm gestritten.
Bei Maybrit Illner . Ich lass mir das Band kommen. Die
Frau heißt Irene Dilling, ist vierundfünfzig Jahre alt …«
    Völxen, der gerade in ein Croissant gebissen hat, beginnt zu husten.
    Oda schnippt ein Stück Blätterteig von ihrem Pullover.
    Â»Entschuldige«, murmelt Völxen, während er sein Jackett und den
Tisch säubert.
    Â»Dann werde ich mir diese Dilling mal greifen«, verkündet Oda.
    Â»Nein.«
    Â»Nein?«
    Â»Das mach ich selbst.«
    Schweigen.
    So, wie Völxen Odas kaum vorhandene Mimik deutet, ist sie nun schwer
verstimmt. Eine Erklärung wäre erforderlich, aber etwas in ihm sträubt sich
dagegen. Grußlos nimmt der Kommissar sein Tablett und geht.
    Â»Wie war’s bei der Obduktion?«, fragt Jule, als Fernando
gegen Mittag im Büro erscheint.
    Â»Toll. Und was war hier los?«
    Â»Ich habe rausgekriegt, dass uns Dr. Fender angelogen hat.«
    Â»Wieso?«
    Â»Sie hat uns doch gestern gesagt, sie und Offermann bildeten eine
Gemeinschaftspraxis. Jedenfalls redete sie immer von ihrem Partner, nicht von
ihrem Chef.«
    Â»Stimmt das nicht?«
    Â»Nein. Noch war sie bei ihm angestellt. In seinem Computer ist ein
Vertragsentwurf, einen Monat alt. Demnach sollte die Fender ab Januar 2008 in die Praxis
einsteigen. Gegen eine Summe von 140 000
Euro.«
    Â»Oh.« Hat sie wirklich gedacht, dass die Polizei das nicht
herauskriegen würde? Warum diese Lüge, fragt sich Fernando und sagt: »Eine
lässliche Sünde, würde ich sagen. In der Praxis scheinen sie ja Partner gewesen
zu sein, nur eben noch nicht auf dem Papier.«
    Â»Mag sein«, räumt Jule ein. »Aber wie es aussieht, kann sie nun
seinen Patientenstamm – seinen Privatpatientenstamm, wohlgemerkt – kostenlos
übernehmen. Erzähl mir nicht, dass eine Ersparnis von 140 000 Euro kein Mordmotiv ist.«
    Â»Aber die Zunge.« Fernando wirft seine Lederjacke über die Lehne
seines Schreibtischsessels. Die 96-er
Fahne an der Wand schlägt sanfte Wellen. »Das sieht doch eher nach einem Ritual
aus. Wenn ich jemanden aus Geldgier

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