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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Platz nun besetzt ist, lässt er sich im Schneidersitz
auf dem krummbeinigen Kamelhocker nieder.
    Jule hängt in ihrem Schreibtischsessel, die Beine seitlich über der
Armlehne. »Das ist mein Nachbar«, erklärt sie, sich auf ihre Pflichten als
Gastgeberin besinnend. »Und das ist Oda. Und hier spukt es.«
    Â»Das sehe ich«, sagt Oda, die den angebotenen Joint kritisch
betrachtet. »Drogen? Her damit!«

Freitag, 20. April
    Hauptkommissar Völxen steht in seinem Büro und betrachtet
seine Mitarbeiterin.
    Ihr Kopf liegt auf der Sofalehne, die Lider zittern. Ein zarter
Haarflaum zieht sich von der Schläfe bis zum Ohrenansatz. Im Rhythmus ihrer
ruhigen Atemzüge hebt sich ihr Brustkorb, und jedes Mal ertönt ein leiser
Schnarchton aus dem leicht geöffneten Mund. Es hat etwas Rührendes und
gleichzeitig Aufreizendes. Völxen ist sich bewusst, dass es nicht korrekt ist,
hier zu stehen und einer seiner Subalternen auf den Busen zu starren, der sich
deutlich unter ihrem T-Shirt abzeichnet. Ein hübscher Busen. Wahrscheinlich
würde er sich kühl, fest und glatt anfühlen wie ein neues Stück Seife.
    Völxen, du alter Narr, was ist denn mit dir los? Hat dir der Schnaps
das Hirn zerrüttet? Auf Zehenspitzen verlässt der Hauptkommissar den Raum, und
der Schmerz, der dabei durch seinen Körper tobt, erscheint ihm als gerechte
Strafe. Etwas Schlaf hätte er jetzt auch nötig. Es waren wohl doch ein, zwei
Lüttje Lagen zu viel, gestern Abend mit den Sängerknaben. Schwer zu sagen, was
ihm heute ärger zusetzt, Kater oder Muskelkater. Auch äußerliche Blessuren sind
zu verzeichnen: am Ellbogen und am Handballen des rechten Armes hat sein Sturz
Schürfwunden hinterlassen. Leise schließt er die Bürotür.
    Oda Kristensen schwirrt in einem schwarzen Flattergewand den Flur
entlang und zwitschert: » Bonjour, mon cher. «
    Â»Moin.«
    Â»Ich bin gleich da. Du hast noch Klopapier an der Gurgel.«
    Â»Lass dir Zeit«, sagt Völxen, während er sich über den Hals fährt.
Oda schaut ihm verwundert nach. Was war das? Er achtet doch sonst immer penibel
auf den pünktlichen Beginn des Morgenmeetings, und jetzt ist es schon kurz nach
acht. Fernandos Büro ist leer. Sicher warten er und Jule schon in Völxens
Allerheiligstem. Der verschwindet gerade im Zimmer von Frau Cebulla. Sein Gang
ist heute seltsam, so zäh, als bewegte er sich unter Wasser. Neugierig geworden
folgt ihm Oda.
    Â»Frau Cebulla, bringen Sie bitte eine Kanne Kaffee in mein Büro
rüber«, ordnet der Kommissar gerade an.
    Â»Ja, sofort«, sagt Frau Cebulla und gießt seelenruhig ihren Ficus.
    Â»Ja, sofort «, wiederholt Völxen und
schiebt noch ein messerscharfes Bitte hinterher.
    Mit zusammengekniffen Lippen stellt die Sekretärin das
Messingkännchen ab und ergreift das Tablett.
    Â»Und klappern sie ein bisschen mit dem Geschirr.«
    Â» Bonjour , Frau Cebulla. Sind das neue
Strähnchen? Sehr apart.«
    Â»Hat das auch bis nach dem Meeting Zeit?«
    Â»Was denn?«
    Â»Was immer Sie von mir wollen, Frau Kristensen.«
    Â»Aber sicher, Frau Cebulla.« Oda klemmt den Zettel mit den
Autonummern unter das Foto des Labradors. »Die Adressen dazu, wenn Sie so lieb
sind.«
    Â»Ist was?«, fragt Völxen.
    Â»Nein, warum?«
    Â»Du bist munter wie ein Sittich und unerträglich freundlich. Und du
trägst ein Kleid. Fehlt nur noch, dass es farbig wäre.«
    Â»Wenn du es genau wissen willst: Ich habe nur mal wieder ordentlich
gevögelt.«
    Â»Man weiß nicht, was schlimmer ist, deine Wortwahl oder deine
Moral«, entrüstet sich Völxen, der es so genau nicht wissen wollte, während
sich Frau Cebulla auf kreischenden Gummisohlen entfernt. Erst auf dem Flur hört
man sie kichern.
    Â»Guten Morgen, Frau Wedekin.«
    Jule taucht aus ozeanischen Tiefen auf und bemerkt Frau Cebulla, die
die Tassen auf den Tisch schmettert. Ein Glück. Nicht auszudenken, wenn ihr
Chef sie schlafend in seinem Büro vorgefunden hätte.
    Â»Morgen. Oh, Kaffee. Danke, das ist sehr lieb von Ihnen«, sagt Jule,
der noch immer ein wenig blümerant ist.
    Â»Kommissar Rodriguez lässt ausrichten, dass er gleich zu Dr.
Offermanns Wohnung fährt, um die Putzfrau zu sprechen.«
    Kaum ist Frau Cebulla draußen, stürzt sich Jule auf die Kanne.
    Â»Ah, Kaffee!« Oda rauscht herein und ergreift die Tasse,

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