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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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die Wohnung
gepirscht, immer darauf gefasst, dass jeden Moment Señor Ortega wie ein
Schachtelteufel aus irgendeinem Winkel springt und ihn mit seinen gelben Zähnen
angrinst. Aber er war allein, seine Mutter bereits im Laden, sein
Frühstücksmüsli stand wie gewohnt auf dem Tisch. Alles wie immer. Zumindest
scheint es so. Ob die beiden wohl … Nein, so was mag man sich wirklich nicht
vorstellen! Er spült die bedrohlichen Bilder mit einem zwei Finger breiten
Glenmorangie hinunter.
    Als man ihm einen schlank machenden Badeanzug verkaufen will,
schaltet Fernando den Fernseher aus. Lieber studiert er den Inhalt des
Weinschranks. Elf Uhr. Keine Putzfrau. Das war zu erwarten. Fernando packt
sechs Flaschen eines schweren Burgunders aus Beaune in seinen Rucksack. Wäre
doch schade, wenn der in unkundige Hände geriete. Vor dem großen Spiegel im
Flur hält er inne. Er betrachtet sein Gesicht von vorn und im
Dreiviertelprofil, erst die rechte Seite, dann die linke. Der Zweitagebart wirkt
sehr männlich, die vom gestrigen Exzess umschatteten Augen starren ihm
hypnotisierend und geheimnisvoll entgegen, jetzt, da er seinen Verführerblick
ausprobiert. Welche Frau kann dem widerstehen? Er ähnelt stark Andy Garcia in Der Pate , findet Fernando. Oder doch eher Antonio Banderas?
    Ohne in dieser Frage zu einem endgültigen Ergebnis gekommen zu sein,
löst er sich von seinem Spiegelbild, verlässt die Wohnung und schließt die Tür.
Ein Stockwerk tiefer begegnet ihm eine Frau in Weiß, die vor dem Aufzug steht.
Ihre Jacke trägt am Rücken den Aufdruck eines Pflegedienstes. Fernando
erkundigt sich nach dem Befinden der alten Frau Mensing.
    Â»Es geht ihr wieder besser. Sind Sie der Herr, der über ihr wohnt?«
Sie sieht ihn an, als hätte er Frau Mensings Schicksal zu verantworten.
    Â»Nein, ich bin von der Polizei«, sagt Fernando und blickt grimmig
zurück. »Wir haben ein Auge auf die alte Lady.«
    Die Pflegerin schüttelt den Kopf und poltert die Treppe hinunter,
obwohl die enge Kabine des Aufzugs schon auf sie wartet.
    Fernando verstaut den edlen Tropfen im Motorradkoffer, schwingt sich
auf seine Yamaha 1100er
Drag Star und klingelt die Häuser in der Nachbarschaft ab. Im dritten hat er
Glück. Putzfrauen werden für gewöhnlich unter Nachbarn weiterempfohlen, das war
auch bei Olga Druski nicht anders. Nachdem er die Dame des Hauses dahingehend
beruhigt hat, dass er in einem Mordfall ermittelt und ihm schwarzarbeitende
Putzfrauen ansonsten völlig schnuppe sind, bekommt er den Namen und nach einem
weiteren Anruf bei Frau Cebulla eine Adresse im benachbarten Stadtteil Döhren.
    Er findet den Namen Druski auf einem von zehn Klingelschildern eines
älteren, etwas heruntergekommenen Mietshauses, dessen staubige Fenster einen
direkten Blick auf den Südschnellweg bieten, auf dem unentwegt der Verkehr
vorbeidonnert.
    Fernando stellt die Drag Star vor einem schwarzen Jeep Grand
Cherokee ab. Massige Reifen, getönte Scheiben – die pure Aggression. Hatte
nicht diese Frau Schröder erzählt, ihr unfreiwilliger Ausflug in die Eilenriede
habe in einem schwarzen Geländewagen stattgefunden?
    Er ruft zum dritten Mal an diesem Vormittag Frau Cebulla an.
Bestimmt gehe ich ihr schon gehörig auf die Nerven, denkt er und beschließt,
ihr etwas Honig ums Maul zu schmieren: »Frau Cebulla, mi
dulce cariño , Sie Seele des Dezernats, wären Sie so gütig, mir den Namen
eines Fahrzeughalters herauszusuchen?«, säuselt er.
    Â»Sie haben gestern wohl auch ordentlich gevögelt«, schallt es ihm
entgegen. Entgeistert starrt Fernando das Mobiltelefon an. Da kann man mal
sehen – diese biederen Mittfünfzigerinnen … Aber wen wundert das, wenn schon
seine Mutter …
    Â»Na, was ist jetzt, raus mit der Sprache«, tönt es aus dem Apparat.
»Hallooo …die Autonummer, Herr Rodriguez, ich höre.«
    Er stottert Frau Cebulla die Nummer vor und hat nach einer halben
Minute die Antwort: »Zugelassen auf einen Oleg Druski, die Adresse ist …«
    Â»Die habe ich, ich stehe vor dem Haus«, unterbricht Fernando, aber
dann besinnt er sich und sagt: »Können Sie mal nachforschen, wie viele Personen
mit dem Namen Druski oder sonst einem russischen Namen dort gemeldet sind?«
    Â»Selbstverständlich. Ich rufe Sie gleich zurück«, sagt Frau Cebulla,
die nun wieder ganz normal klingt. Wenig später

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