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Der Tote vom Maschsee

Der Tote vom Maschsee

Titel: Der Tote vom Maschsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Art sind.
    Â»Gewöhn dich schon mal dran, du wirst mit deiner Neuen sicher noch
öfter hierherkommen.« Am liebsten hätte sie ihn gleich zu Beginn der Runde
unten im Småland abgegeben. Glücklicherweise ist sie ihn gerade doch noch
losgeworden, wenn auch nicht zwischen bunten Plastikbällen, sondern im
Restaurant, wo der Professor seinen Kulturschock verdaut. Jule versucht, sich
wieder auf das Zusammenspiel von Bettgestellen, Lattenrosten und Matratzen zu
konzentrieren. Passt Forsbacka zu Lovene?
    Zwei kleine Mädchen, die angezogen sind wie Showponys, toben, von
ihren Erzeugern hartnäckig ignoriert, brüllend über die Betten. Jule hat
Kopfschmerzen. Vergangene Nacht waren wieder diese schrecklichen Geräusche da,
kein Gedanke an Schlaf. Kurz bevor sie ihren auf dem Sofa selig schlummernden
Vater wecken konnte, fiel ihr jedoch ein, dass sich ein Spuk grundsätzlich nur
im Hirn dessen abspielt, der den Spuk angeblich sieht oder hört. Was, wenn ich
ihn wecke und er nichts hört? Aus Furcht vor dieser Möglichkeit hatte sie sich
mit den Händen über den Ohren unter ihrer Bettdecke verkrochen und gewartet,
bis es im Haus wieder still war. Erst gegen Morgen ist sie in einen tiefen
Schlaf gefallen, der so lange währte, bis ihr Vater anfing zu duschen und dabei
lauthals My way zu singen.
    Sie stellt sich an einen der Schalter, wartet geduldig, bis das
tätowierte Paar vor ihr seinen Kleiderschrank zusammengestellt hat, und nennt
dann der Angestellten ihre Wünsche: »Einmal Mörkedal mit Sultan Hasselbäck und
Komet und dazu Auflage Torsmo, alles einsvierzig auf zwei Meter.« Eine kleine
Platzreserve im Bett kann ja nicht schaden.
    Die Frau tippt, der Drucker rattert. Zum Glück sind sie mit dem
Mercedes-Kombi ihres Vaters hier, mit ihrem Mini wäre sie chancenlos.
    Es geht weiter. Büromöbel … Hier ist es ein wenig ruhiger. Ihr Handy
klingelt. Bestimmt der Herr Papa, der meckert, weil sie so lange braucht.
Nachdem sie aufgelegt hat, schiebt sie sich im Slalom zwischen den bummelnden
Menschen durch bis ins Restaurant. Ihre Augen gleiten wie Suchscheinwerfer über
das Chaos. Menschen balancieren voll beladene Plastiktabletts zwischen Stühlen,
Buggys, Jacken und krabbelnden Kleinkindern hindurch. Es riecht nach Bratensoße
und Vanille. Der Lärmpegel ist beeindruckend. Jost Wedekin sitzt an einem
Vierertisch am Fenster, vor sich einen Becher Kaffee und einen Blaubeerkuchen,
hinter sich die graugrüne Ödnis des Expo-Geländes. Er verfolgt mit einem
faszinierten Gesichtsausdruck, wie die korpulente Mutter neben ihm kleine
Hackfleischbällchen in ihr kugelrundes Kind stopft, das sie in einen Hochstuhl
gepfropft hat. Einem Reflex gehorchend öffnet sich sein Mund ab und zu synchron
mit dem des Kindes.
    Jule lässt sich auf den freien Stuhl ihm gegenüber plumpsen. Der
Professor löst sich vom Anblick des Kindes und lächelt seine Tochter heroisch
an.
    Â»Alles in Ordnung, Papa?«
    Â»Ein Tollhaus«, flüstert er.
    Â»Pass auf. Auf diesem Zettel da habe ich notiert, was man selbst aus
dem Lager holen muss. Die erste Zahl ist das Regal, die zweite das Fach. Wagen
stehen einen Stock tiefer, gleich unter der Treppe. Die Sachen auf den anderen
Zetteln bekommst du hinter der Kasse, an der Warenausgabe. Vergiss nicht, eine
Nummer zu ziehen, sonst sitzt du morgen früh noch da unten. Und kauf noch ein
paar Weingläser, einen Fußabtreter und eine Bratpfanne. Und ein paar Töpfe. Du
kannst ja mal gucken, was so an Pflanzen da ist. Ach, und den Nachttisch
Noresund bring auch noch mit.«
    Jost Wedekin blinzelt verwirrt. »Ich? Wieso ich? Und was machst du?«
    Â»Ich werde gleich von meiner Kollegin abgeholt. Wir haben einen
Leichenfund. Du schaffst das schon, Papa. Ciao, ciao.«
    Um den Weg hinaus aus dem Konsumtempel abzukürzen, rennt Jule die
Rolltreppe, die vom Eingang ins Restaurant hinaufführt, hinunter. Es ist eine
sportliche Herausforderung, aber was will man machen, wenn einen die
Architekten von Ikea Laatzen dazu zwingen wollen, sich den Verführungen der
Markthalle auszusetzen? Ein paar aufgekratzte Gören sind zum Zeitvertreib auf
dieselbe Idee gekommen. Jule hastet an einem Jungen vorbei, der am Fuß der
Rolltreppe im Weg steht.
    Â»He, können Sie nicht aufpassen? Sie hätten beinahe den Finn-Malte
umgerannt«, schallt es ihr wütend nach.
    Â»Er lebt ja noch«, ruft Jule und

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