Der Tote vom Silbersee (German Edition)
Schwarzen an. Dieser beugte sich über die Brüstung und hieb mit der Faust auf das Holz.
»Mach ihn endlich fertig, Killer! Los mach schon!«
Die Hunde versuchten sich gegenseitig totzuschütteln. Das jeweils für einen Moment unterlegene Tier ließ sich zu Boden fallen, um dies zu verhindern. Der Kampf schien unendlich. Einer der Männer, der von einem Podest den vollen Einblick auf die Kampfstätte hatte, gab den beiden Hundebesitzern ein Zeichen mit dem Kopf. Die Männer schwangen sich über die Schranke. Sie hatten jeder eine Eisenstange dabei. Diese schoben sie den schwer atmenden Tieren zwischen die Kiefer. Blut schoss aus den Mäulern. Langsam hebelten die Besitzer die Rachen der Hunde auf, wobei diese wie besessen auf die Eisenstangen bissen. Der Besitzer des Schwarzen war etwas schneller und löste den Hund vom Gegner, während der Gefleckte keuchend am Boden lag. Seine Augen traten deutlich aus den Höhlen.
»Fass!«, brüllte der Besitzer des schwarzen Hundes. Der andere Mann sprang schnell zur Seite und gab seinem Hund einen Tritt. »Fass!«, rief auch er. Der Schwarze war flinker, packte den Gefleckten am Lauf; Knochen brachen. Der Angegriffene heulte, und während der Schwarze sich in dessen Gesicht verbiss, steigerte sich das Heulen zu einem Kreischen, das den Zuschauern durch Mark und Bein ging. Das Publikum brüllte, die Gesichter waren verzerrt. Der Schiedsrichter machte ein Zeichen, und die Besitzer sprangen wieder in die Arena. Diesmal gelang es dem einen Mann, den Schwarzen ohne Brechstange wegzuziehen. Der schüttelte wie wild den Kopf, weil ihm das Blut in die Augen lief. Ein Zuschauer öffnete eine Tür, und der Schwarze wurde hinausgezerrt. Der Gefleckte lag winselnd am Boden. Er versuchte aufzustehen, doch seine gebrochenen Beine versagten ihren Dienst. Er sah zu seinem Besitzer auf und deutete ein zögerliches Wedeln an. Der Mann gab ihm einen Tritt, das den Hund zu einem lauten Winseln veranlasste.
Der Kampf war zu Ende, und die Zuschauer strömten zum Veranstalter auf dem Podest. Die Wetten wurden ausgezahlt.
Vereinzelt hörte man Stimmengewirr, Gelächter oder auch lautes Fluchen.
Ein junger Mann mit langen, fettigen Haaren trat auf einen kahl rasierten zu.
»Was soll ich mit dem Köter machen, Chef?«, fragte er mit teilnahmsloser Stimme.
Sein desinteressierter Blick ging zwischen seinem Chef und dem Hund hin und her, der immer noch versuchte, auf seine gebrochenen Beine zu kommen.
Der Glatzkopf wandte sich ab und sagte: »Verscharr ihn irgendwo.«
Der junge Mann packte den hechelnden Hund an beiden Hinterläufen und schleifte ihn aus der Arena. Er hinterließ Blut und Speichel auf dem mit Sägemehl ausgestreuten Boden.
14
Lena wollte den Kopf freibekommen. Sie musste nachdenken, deshalb schlug sie den Weg zum Silberbuck ein. Dort oben hatte sie einen einsamen Pfad durch den Wald entdeckt. Trixi trottete brav an ihrer Seite, trug stolz einen Zweig im Maul.
In was für eine Sache bin ich da wieder hineingeraten ? Lena stampfte mit dem Fuß auf.
»Da will ich mich weiterbilden, friedlich ein Seminar besuchen, damit ich meine Doktorarbeit endlich abschließen kann, und dann findet der Hund eine Leiche. Hörst du mir zu, Trixi?«
Das Hündchen blieb kurz stehen und Lena kam es so vor, als wenn es nickte.
»Es geschieht ja schließlich nicht jeden Tag, dass man eine Leiche beim Gassigang findet, einen Punk kennenlernt und dessen widerliches Geheimnis entdeckt.«
»Ich wollte doch nur …«, murmelte Lena halblaut vor sich hin. »Einmal Sozpäd, immer Sozpäd«, flüsterte sie nun. Dann beugte sie sich zu Trixi hinunter, um nach dem Zweig zu greifen. Stolz, mit erhobenem Haupt ließ sich das Hündchen die Beute nicht wegnehmen. Stemmte sogar die Vorderpfoten in den Waldboden, schüttelte ruckartig den Kopf und betrachtete Lenas Begehren als großes Spiel.
»Den musst du leider hier draußen lassen, du Kampfameise. Alois hat bestimmt was dagegen, wenn du mit der Trophäe durch die Hotelhalle stolzierst.«
Lena ging aus dem kleinen Kampf schließlich als Siegerin hervor. Sie packte das Geäst und warf es weit in die Wiese. Allerdings hatte sie nicht mit der Pfiffigkeit ihres Hundes gerechnet, der das kurze Lockerlassen der Leine schamlos ausnutzte und davonrannte. Laut bellend blieb Trixi vor dem Zweig stehen, bewegte sich keinen Zentimeter mehr. So blieb Lena nichts anderes übrig, als ihrem Kampfterrier hinterherzugehen.
»Trixi, du bist lästig. Was ist nur so toll an
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