Der Tote vom Silbersee (German Edition)
Eingeweide«, griente er nun. »Aber ist ja wurscht, woran man krepiert.«
Andy hüpfte von einem Bein auf das andere, bewegte sich, als wenn er Ameisen abschütteln wollte. Dann hielt er kurz an, baute sich in seiner ganzen Länge vor Lena auf und fragte: »Wie spät ist es? Ich muss gehen, Lord hat einen Auftritt.«
»Andy, tu ihm das nicht an, ich bitte dich!« Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Andy, bist du da in irgendwelche krummen Dinge reingeraten? Spuck’s aus, mach nicht immer nur Andeutungen!«
Der Punk machte eine wegwerfende Bewegung. »Der schafft sie alle!« Mit großen Schritten stampfte er neben seinem Hund davon.
»Besser, du weißt nichts. Sonst fällt es dir auch noch ein, mitten in der Nacht im Silbersee zu schwimmen«, rief Andy noch über die Schulter.
Plötzlich ging Lena ein ganzer Kronleuchter auf. Die Erkenntnis sprang sie an wie ein wütender Panther! Hatte sie doch recht: Der Reporter war nicht freiwillig in den See schwimmen gegangen.
»Verdammt, Andy! Wo gehst du hin? Bleib doch stehen!«, schrie sie ihm nach.
Andy reagierte nicht.
Lenas Magen zog sich zusammen. Sie packte das Grauen, als sie sich ausmalte, was Andy seinem Lord alles antun ließ. Sollte sie ihn anzeigen? Was geschah dann? Lord musste mit Sicherheit eingeschläfert werden. Er war gefährlich. Der Hund konnte bestimmt nicht mehr resozialisiert werden. Andy liebte seinen Hund, er war sein Familienersatz. Würde er sich dann wieder einen neuen Hund holen und ihn abrichten? Lena war todunglücklich, stützte den Kopf in beide Hände und schniefte.
Ihr kleiner Hund sprang unbeholfen an ihr herum und versuchte ihr Gesicht zu lecken.
September 1974
Der junge Mann sah begehrlich auf das Hinterteil seiner Kommilitonin. Vor seinem geistigen Auge sah er sie die enge Hose herunterziehen, sich hinknien und sich selbst mit der Reitgerte über ihr rundes Hinterteil dreschen.
»Soll ich dir ein Passbild von meinem Hintern schenken oder willst du meine Brille, damit du noch besser sehen kannst?«
Ertappt räusperte er sich, kratzte sich verlegen an der Nase. Die Studentin orderte einen Teller Pommes rot-weiß, schwenkte ihr Hinterteil aufreizend hin und her und ging kichernd mit ihrem Tablett auf einen freien Tisch zu. Der junge Mann spürte, wie ihm die Röte den Hals hinaufkroch. Hatte dieses Weib Augen am Hintern? Der Nachmittag war für ihn gelaufen. Die beiden Vorlesungen, die er noch besuchen wollte, mussten ausfallen. Er konnte sich nicht konzentrieren. Laufend sah er knackige Hinterteile vor sich, die sich mit dem zynischen Lächeln der jungen Frau vermischten.
»Nanu, heute schon am Nachmittag?«, empfing ihn Madame Dominique. Sie trug trotz der frühen Stunde einen knappen Slip und Ketten um den Hals. Ketten um Bauch und Schultern. Auch in den Händen hielt sie Ketten.
»Wirst du wohl ein artiger Junge sein und dich ausziehen!«
»Heute nicht, heute wirst du artig sein«, gab der junge Mann aggressiv zur Antwort. »Ich bin heute der Rittmeister.«
Er legte einen größeren Geldschein auf den Tisch. Dann griff er sich eine neunschwänzige Katze und drosch wie von Sinnen auf Madame Dominique ein.
»Maske«, brüllte die Domina und noch einmal: »Maske!« Es gelang ihr, sich aus den Fußfesseln zu befreien, die sie lose um die schlanken Füße gelegt hatte. Mit einem lauten Schrei stürzte sie sich auf den Jungen und zerkratzte ihm das Gesicht.
»Verdammt noch mal, wir haben ein Safewort ausgemacht. Warum hältst du dich nicht daran?«
Weinend brach der junge Mann zusammen. »Ich, ich, wollte …«
»Du bist ein ganz unartiges Baby. Komm zu Mami. Du musst jetzt bestraft werden, das weißt du.«
Tränen liefen ihm über die Wangen, als die Frau langsam die Gerte über seinen Körper wandern ließ.
13
Das Heulen wurde lauter, auch das Geschrei der Zuschauer im Schuppen schwoll an.
»Pack ihn endlich, du Töle!«, schrie ein bulliger, kahl rasierter Mann und kickte gegen die hölzerne Umzäunung, die die Arena umgab. Es roch nach Schweiß, Blut und Angst. Die beiden Hunde hatten sich ineinander verbissen. Die Kiefer schlossen sich in einer Mischung aus Reflex und Überlebenskampf unwiderruflich. Der gefleckte Hund blutete an mehreren Stellen. An einer Seite klaffte eine Wunde, wie von einem Messer geschlitzt. Dem großen Schwarzen lief das Blut über das Gesicht; ihm fehlte ein Ohr.
»Hab dir ja immer gesagt, du sollst ihn kupieren«, sagte einer der Zuschauer grinsend und stieß den Besitzer des
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