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Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Titel: Der Tote vom Silbersee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schmid , Christine Schneider
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Wolltest ja nicht hören. Wir haben hier eigene Gesetze. Und der Faustus lässt sich das nicht gefallen. Er wird mich umbringen, wenn er erfährt, dass ich seinen Namen …«
    Er brach ab. Für einen Augenblick wurde sein Blick wieder klar. »Vergiss es, Scheiße, verdammte.«
    Juli 1974
    »Naja, ganz gut, mein Junge. Das beste Abizeugnis des Jahrgangs.«
    Der Vater klopfte ihm auf die Schultern. Der Sohn nickte und lächelte. Seine Augen aber lächelten nicht mit. Er hatte wieder einmal vergeblich gehofft, dass sein Vater wenigstens jetzt seine Freude zeigen würde.
    Er sah ihn an, das Haar war grau geworden, seine Bewegungen langsam.
    Ich könnte ihn in die Fresse schlagen und ihn mit einem Schlag töten, dachte der Sohn und sein Lächeln vertiefte sich. Warum hatte er das nicht längst getan? Er sah sich nach seiner Mutter um, seiner stummen Mutter, die körperlich zwar anwesend war, deren ganzes Bestreben aber darin zu bestehen schien, nicht wahrgenommen zu werden. Sie schwieg, obwohl der Sohn so etwas wie Stolz in ihren Augen las.
    Er würde nicht auf das viele Geld verzichten, das er einst erben würde. Er hatte dieses Geld längst verdient. Eine gestohlene Jugend kostete nun mal ein kleines Vermögen. Und der Alte hatte ziemlich viel Knete angehäuft, das wusste er. Allein das große Mietshaus in Erlenstegen war bestimmt eine Million wert. Wenn das der Preis war, zu allem zu lächeln, dann würde er das weiterhin tun. Vielleicht sollte er sich als treu sorgender Sohn mit dem Hausarzt unterhalten? Was musste sein Vater unter allen Umständen vermeiden, um die Gesundheit zu erhalten? Das wäre interessant zu wissen.
    Während des Abendessens, zu dem die ganze Verwandtschaft eingeladen worden war, spürte er wieder jene Unruhe, die ihn immer öfter befiel. Er würde sich später wegstehlen und eine junge Prostituierte holen; sie bestrafen. Danach ging es ihm jedes Mal besser.
    Vorerst ließ er viele Schulterklopfer über sich ergehen. Wie ihn das ankotzte! Dieses selbstgefällige Gesicht, das sein Vater an den Tag legte. Als wenn er das Abitur mit den Bestnoten geschrieben hätte! Und seine Mutter, deren Gesicht hektische rote Flecken zeigte, saß im Kreise von Tanten und Cousinen und blätterte doch tatsächlich Fotoalben durch.
    Der Junge hätte schreien können vor Wut. Er musste hier raus. Keine Minute länger würde er es in dieser verlogenen Gesellschaft aushalten.
    »Kumm amol her, Bou, ich hob wos für di.«
    Sein Onkel Hans, für den der Weg von Langenzenn nach Nürnberg schon so etwas wie eine Weltreise war, drückte ihm ein Kuvert in die Hand.
    »Des is von der Tante Kuni und von mir. Ihr Studenten könnt ja imma a weng a Geld brauchn. Nimms und dous weg.«
    Der Junge bekam einen kräftigen Klaps auf die Schulter, gefolgt von einem Boxhieb in den Magen.
    »Danke«, brachte er mühsam heraus. Der Schlag war kräftig gewesen, aber das schien Onkel Hans nicht zu bemerken. Als er später den Umschlag öffnete, zog er zehn Hunderter heraus. Der Junge grinste: »Da hat sich Onkel Hans nicht lumpen lassen.«
    Die bucklige Verwandtschaft war ins Gespräch vertieft. Sein Vater hielt Volksreden, eine dicke Zigarre hing ihm im Mundwinkel. Seine Mutter huschte hin und her und bediente alle. Seine Anwesenheit schien keinem mehr wichtig. Er verdrückte sich.
    An der Frauentormauer gab es eine gewisse Dame, die für ein paar Scheinchen nicht zimperlich war. Sie hatte ihn schon öfter bedient und er sie fürstlich entlohnt. Frech nahm er den Autoschlüssel seines Vaters und parkte den Mercedes direkt vor der Kakadu-Bar.
    Das Mädchen, das diese speziellen Dienste anbot, holte nie die Polizei, denn er bezahlte ihr die Schmerzen großzügig. Doch irgendwie fand er auch in diesem Freizeitvergnügen immer weniger Spaß. Er sehnte sich nach etwas, ohne es genau benennen zu können. Er wollte das Leben spüren, das Leben in seiner ganzen Härte und Freude …

12
    »Andy, was ist mit dir?«
    Lena wurde ganz übel, als sie sah, wie sich die Gesichtsfarbe des Punks veränderte. Bevor sie noch weiter fragen konnte, begann sich Andy zu krümmen.
    »Scheiße, mein Magen!«, stöhnte er und legte seine Hände auf den Leib. Er musste sich übergeben. Lord zerrte wie wild an seiner Kette. Seine Wunden waren schnell geheilt. Ein hässlicher Wulst zog sich quer über den Schädel. Erst als Andy mit leisen Worten auf ihn einsprach, beruhigte sich der Hund.
    »Ich hätt’ den Fusel nicht saufen sollen. Der zerfrisst mir noch alle

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