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Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Titel: Der Tote vom Silbersee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schmid , Christine Schneider
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zurückgeben konnte. Das war es, was er schon lange gesucht hatte, Herr über Leben und Tod spielen. Da war es wieder, dieses Glücksgefühl, das ihn damals ergriffen hatte, als Vaters Lieblingshund zerfleischt worden war.
    Seine Kollegen, Kalli und Segler, waren längst gegangen. Der bleiche Segler mit der zu großen Brille hatte sich gleich beim ersten Kampf übergeben müssen. Kalli hatte ohne eine Regung zu zeigen zugesehen und ihm zugeflüstert: »Geil, was?«Dem Mediziner war dann bald langweilig geworden.
    Er spürte, wie er zu neuem Leben erwachte, wie sich seine Sinne aufs Äußerste spannten. Seit Langem war er wieder einmal glücklich.
    Er wollte noch nicht nach Hause, deshalb suchte er seine Lieblingsnutte auf. Er staunte selber, welche Energie ihn durchströmte, über welche Ausdauer er auf einmal verfügte. Großzügig warf er der Frau den doppelten Betrag aufs Bett. Dass sie kaum noch gehen konnte, war eben ihr Berufsrisiko. Mit dem Geld, das er ihr zahlte, konnte sie sich eine ganze Woche lang erholen.
    Glücklich pfeifend erschien er am Morgen zur ersten Vorlesung pünktlich an der Uni.

17
    Mit dem Schlagen der Kirchturmuhr von St. Jakob um sieben Uhr in der Frühe betrat Lena das Polizeigebäude. Sie ließ sich melden, und Frau Kommissarin kam tatsächlich herunter, um sie abzuholen. Man sah der Kriminalkommissarin die kurze Nacht nicht an. Sie trug einen klassisch geschnittenen Hosenanzug in Hellblau. Den langen Zopf zierte die passende Haarspange. Selbst die Schuhe waren im gleichen Farbton. Marineblaue Lapislazuliohrhänger, in Silber eingefasst, baumelten an ihren Ohren.
    »Erzählen Sie!«
    Die Kommissarin deutete auf den Sessel vor ihrem Schreibtisch. Sie ließ sich dahinter nieder und Lena hatte das Gefühl, dass die Frau wieder einmal durch sie hindurchblicken wollte. Lena begann erst langsam, dann immer flüssiger zu erzählen, woher sie den Namen kannte.
    »Frau Nürnberger. Sie wissen doch, dass ich mich mit Hunden gut auskenne. Seit ich ein Teenager war, habe ich mich mit ihnen beschäftigt. Keine Schoßhündchen, sondern Arbeitshunde, die man ausbilden kann. Und das erreicht man nur mit fuel Liebi und noch mehr Guetsli .« Immerhin lockte ihr Schweizerdeutsch ein Lächeln auf das Gesicht der Kommissarin. Dann fügte Lena noch an: »Außerdem hat mir Andy von einem Faustus erzählt.«
    »Liebe Frau Wälchli«, antwortete die Kommissarin. Man hörte ihr an, dass sie das Gegenteil von ‚lieb’ meinte. »Es ist zu gefährlich für einen Zivilisten, sich in Polizeiarbeit einzumischen. Das Risiko ist einfach zu groß. Wir sind schließlich speziell ausgebildet worden.«
    »Ich will mich doch nicht einmischen, ich will sie nur unterstützen«, meinte Lena eifrig.
    Belu Nürnberger schnaufte tief. Automatisch ging deren Hand in die Jackentasche. Ein Gummibärchen wanderte in ihren Mund. Sie sah Lena eindringlich an.
    »Sie sind wild entschlossen, nicht wahr?«
    Lena grinste und nickte eifrig.
    Belu schien zu überlegen. Dann warf sie ihren Zopf mit Schwung über die Schultern und sah ihr Gegenüber scharf an, wobei sie eine Augenbraue in die Höhe zog.
    »Wenn Sie uns bei der Arbeit stören oder sogar aufhalten, Frau Wälchli, werde ich Sie einsperren lassen. Das nennt man dann Behinderung der Polizeiarbeit. Haben wir uns verstanden?«
    Lena nickte leicht. »Ja, Frau Kommissarin, das habe ich schon verstanden«, sagte sie im Tone eines Schülers.
    »Ich meine es verdammt ernst! Zivilisten haben bei professioneller Polizeiarbeit nichts verloren. Es ist einfach zu gefährlich. Unser Gespräch ist jetzt beendet. Ich habe sehr viel Arbeit. Halten Sie sich raus«, Belu spitzte die Lippen, »in Ihrem eigenen Interesse. Die Leute, mit denen wir es hier zu tun haben, fackeln nicht lange.«
    Zur Bekräftigung ihrer Worte nickte sie. Dann kam sie hinter dem Schreibtisch hervor und reichte Lena die Hand. »Sehen Sie sich die Sehenswürdigkeiten von Nürnberg an und lassen Sie uns bitte unsere Arbeit erledigen. Sollten wir Sie brauchen, melde ich mich bei Ihnen.«
    Lena nickte, deutete einen Salut an und verließ das Büro. Welch ein Glück, dass die Gedanken frei waren.
    Das Alltagsleben hatte in der Stadt begonnen. Etliche Leute eilten die Breite Gasse entlang. Ein Mann mit weißer Schürze und einem bunten Käppi auf dem Kopf öffnete die Klappe an einem Häuschen. Bald würden dort würzige Bratwürstel vor sich hin brutzeln. Gegenüber dem Weißen Turm stellte ein junges Mädchen Stühle vor das

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