Der Tote vom Strand - Roman
wieder nicht. Sie balgte sich gern in der sommerlichen Dunkelheit mit ihm herum. Und ließ sich streicheln. Streichelte ihn, ritt ihn, mit den Händen auf seiner Brust und seinem harten Schwanz tief in sich. Aber es machte auch Spaß, im Café zu sitzen. Zu rauchen und Kaffee zu trinken und mit Leuten zu plaudern. Gut auszusehen und sich anschauen zu lassen. Vielleicht deshalb, dachte sie. Vielleicht, weil er wusste, dass sie sich gern anschauen ließ, lenkte er ihre Schritte jetzt aus der Stadt hinaus, in Richtung Saar und Fußballplätze, statt ins Zentrum.
»Wohin gehen wir?«, fragte sie.
»Wir müssen reden«, sagte er.
Sie erreichten den Park hinter der Feuerwache, wie immer der nun heißen mochte. Feuerwachenpark vielleicht. Er hatte jetzt die rechte Hand auf ihrer Hüfte liegen und sie spürte, dass er Lust bekam. Es war ja auch lange her. Er ging mit ihr in den Park, und sie setzten sich auf eine Bank, die ziemlich geschützt zwischen zwei Büschen stand. Sie konnte im Park sonst keinen Menschen sehen, wusste aber, dass beim Spielplatz auf der anderen Seite immer Paare zu finden waren. Sie selber war einige Male dort gewesen, wenn auch nie mit ihm. Sie lachte ein wenig, als sie daran dachte.
»Möchtest du?«
Er reichte ihr eine Flasche, die er aus seiner Schultertasche gezogen hatte. Sie trank einen Schluck. Es war irgendein Schnaps. Er war stark und brannte in ihrem Hals. Aber er war auch süß. Er wärmte sie und schmeckte ein wenig nach Johannisbeeren oder so. Sie trank noch einen Schluck und legte ihre Hand zwischen seine Beine. Und sie hatte Recht, er war schon steinhart.
Später trank er die Flasche leer und rauchte einige Zigaretten. Sagte nicht viel, er redete danach nicht gern. Sie fühlte sich ziemlich beschwipst, aber zugleich verspürte sie eine seltsame Art von Ernst und nahm an, dass das mit Arnold Maager zu tun hatte. Und mit dem Kind.
»Was hattest du für eine Idee?«, fragte sie dann.
Er drückte seine Zigarette aus und spuckte zweimal in den Kies. Sie begriff, dass er ebenso angetrunken war wie sie. Er hatte aber auch einiges intus. Obwohl er natürlich mehr vertrug, das war bei Typen ja immer so.
»Maager«, sagte er. »Du hast gesagt, du hättest dir die Sache anders überlegt? Wie, zum Teufel, meinst du das?«
Sie dachte nach.
»Ich will nicht«, sagte sie. »Will ihn nicht betrügen. Du und ich... du und ich, wir gehören doch ... nein, ich will nicht.«
Es war schwer, die richtigen Worte zu finden.
»Wir brauchen Geld«, sagte er. »Deshalb haben wir es getan, begreifst du das denn nicht? Wir können ihn erpressen.«
»Ja«, sagte sie. »Aber ich will das nun mal nicht. Ich will mit ihm darüber sprechen.«
»Mit ihm sprechen? Hast du denn den Verstand verloren?«
Danach murmelte er etwas, das sich anhörte wie »miese Fotze«, aber da hatte sie sich natürlich verhört. Er schien jedenfalls sehr böse auf sie zu sein, zum ersten Mal, und sie merkte, wie sich in ihrem Bauch alles verkrampfte.
»Ich will einfach nicht«, sagte sie noch einmal. »Kann nicht. Es ist nicht richtig ... es ist so verdammt gemein.«
Er gab keine Antwort. Er scharrte nur mit den Füßen im Kies herum, ohne sie anzusehen. Sie hatten im Moment überhaupt keinen Kontakt zueinander. Ein wahres Luftmeer trennte sie, obwohl sie sich eben erst geliebt hatten und sich noch immer auf derselben Bank in demselben verdammten Park befanden. Es war seltsam, und sie fragte sich, ob sie auch nüchtern so empfunden hätte.
»Verdammt, es ist doch unser Kind«, sagte sie. »Und da soll sich kein anderer einmischen.«
»Das Geld«, sagte er nur. Er klang wütend und müde. Und betrunken, wie sie.
»Ich weiß«, sagte sie.
Plötzlich war sie entsetzlich traurig. Als gehe alles in wildem Tempo zum Teufel. Eine halbe Minute verstrich. Er scharrte weiter im Kies herum.
»Wir hatten das doch genau geplant«, sagte er endlich. »Verdammt, du wolltest es doch auch ... du kannst doch nicht mit dem alten Arsch ins Bett gehen und dir die Sache dann anders überlegen. Irgendwie muss er doch auch bezahlen, oder ist dir dieser blöde geile Bock am Ende lieber als ich? Verdammt, ein Scheißlehrer!«
Plötzlich wurde ihr schlecht. Nicht kotzen jetzt, dachte sie. Sie biss die Zähne zusammen und ballte die Fäuste auf ihrem Knie. Atmete tief und vorsichtig durch, spürte, wie die Wellen
der Übelkeit kamen und gingen. Als sie sich langsam legten, traten stattdessen die Tränen an ihren Platz.
Erst saß er
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